Gemeinderat,
44. Sitzung vom 28.06.2004, Wörtliches Protokoll - Seite 23 von 121
nehme nicht an, dass auch nur eine der beiden Stadträtinnen tatsächlich freiwillig gegangen ist. Also bitte nicht solche Danksagungen, wo sich jeder tatsächlich genieren muss.
Zweiter Punkt: Herr Klubobmann Oxonitsch, Sie sagen
zurecht, der Klubobmann Kabas fällt auf die eigene Regierungspropaganda herein.
Ja, so ist das auch in Wien, Herr Klubobmann Oxonitsch! Wir GRÜNEN fallen auf
keine Regierungspropaganda herein, weder auf die Regierungspropaganda der
Bundesregierung noch auf die Regierungspropaganda der Wiener SPÖ, so wie Sie
sich gegenseitig die Statistiken permanent an den Kopf werfen. Es ist
faszinierend, dass Sie sich das tatsächlich trauen. Sie wollen auch als Ökonom
ernst genommen werden.
Ich habe gesehen, der Mag Kabas ist Jurist und nicht
Ökonom. Insofern ist es erklärlich, dass er meint: Nur Wien ist schuld. Wie kann
man denn prinzipiell auf die Idee kommen, dass man Wirtschafts- und
Arbeitsmarktpolitik in Wien und in der Bundesregierung so auseinander klauben
kann, um tatsächlich zu sagen, was tatsächlich stimmt? (GR Hilmar Kabas: In
den anderen acht Bundesländern funktioniert es!) Sie werfen Wien vor, Wien
mache prozyklische Budgetpolitik und sagen, auf Bundesebene ist es anders? (GR
Hilmar Kabas: In den anderen acht Bundesländern ist es viel besser!) Herr
Kabas, wo haben Sie Volkswirtschaft gelernt? Nirgends! Sonst hätten Sie
erkannt, dass°... (GR Hilmar Kabas: Herr Lehrer, bei Jus, falls Sie das
nicht wissen, ist auch Volkswirtschaft dabei!) Ja, als Nebenfach. Sie haben
vollkommen Recht, Sie haben die Ahnung von einem Nebenfach, bleiben wir auf der
Ebene. Sie haben sie von einem Nebenfach. (GR Hilmar Kabas: Ich habe noch
nach der alten Studienordnung studiert! – Aufregung bei GR Hilmar Kabas.) Nur
in Wirklichkeit, dass Finanzminister Grasser eine antizyklische Budgetpolitik
gemacht hat, das kann wahrlich nur ein volkswirtschaftlicher Laie behaupten,
der sich noch nie mit Budgetpolitik und Marktökonomie tatsächlich beschäftigt
hat! (GR Hilmar Kabas: Sie haben ja keine Ahnung! Sie haben keine Ahnung!)
Ich gebe Ihnen aber in der Frage Recht, was Wien
gemacht hat. Da muss ich ganz ehrlich sagen, es wäre eine gefährliche Drohung,
wenn der Bund es ganz genau so macht wie Wien (GR Hilmar Kabas: Ja, das hat
er nicht gemacht!) und wir nehmen die Kennzahlen. Sie sind ja ganz stolz
darauf, dass Wien den Maastricht-Überschuss eingehalten hat. Sie sind ja
wirklich stolz darauf! Wissen Sie, was es bedeutet hätte, hätte der Bund
tatsächlich sein Nulldefizit eingehalten? Wissen Sie das, wenn Sie sagen, dass
es in Wirklichkeit darum geht, dass Wien Vorbild sein soll? Dann hätte es für
die Menschen nämlich noch mehr Belastungen gegeben!
Sie haben erfolgreich im Gegenspiel Bund-Wien die
Menschen belastet.
Sie haben es im Zusammenspiel erfolgreich verhindert,
dass arbeitsmarktpolitisch etwas passiert.
Sie haben erfolgreich im Zusammenspiel
wirtschaftspolitische Weiterentwicklungen verhindert.
Sie haben erfolgreich im Zusammenspiel mehr als
1 000 LehrerInnenplanstellen abgebaut, obwohl - und ich kann mich da
an einen Wahlslogan erinnern, Herr Finanzstadtrat Rieder! Bei der letzten
Gemeinderatswahl haben Sie sogar plakatiert „Wien baut keinen Lehrerposten ab“.
Seit damals sind es 10 Prozent weniger! Das sind Ihre Wahlversprechen! Zum
damaligen Zeitpunkt war der Finanzausgleich für 2001 schon unterschrieben. Sie
haben gewusst, welche Situation auf Wien zukommen wird.
Vielleicht ein Wort zum Finanzausgleich, der jetzt
ansteht und verhandelt wird, weil Klubobmann Oxonitsch zurecht Zusammenarbeit
einfordert. Eine Zusammenarbeit, wo ich bislang den Willen im Finanzausschuss
noch nicht bemerkt habe. Zwei Mal wurde von mir angeregt: Diskutieren wir
gemeinsam im Finanzausschuss die Basis, auf Grundlage dessen Wien tatsächlich
die Finanzausgleichsverhandlungen führt. Es gab seitens der Sozialdemokratie
kein Interesse, diese Vorbesprechungen mit den anderen Fraktionen zu führen,
weil man sowieso alles besser weiß. Es gab nicht einmal das Interesse, die ÖVP
in die Pflicht zu nehmen, damit ihr Vorsitzender Finz tatsächlich die
Interessen der Wiener und Wienerinnen vertritt und nicht die Interessen von
Karl-Heinz Grasser. Nicht einmal das war möglich, dass man sich im
Finanzausschuss tatsächlich einmal anschaut, wie Wien in die kommenden
Finanzausgleichsverhandlungen hineingehen soll.
Es stimmt, dass die Bundesregierung vor allem auf
Kosten der Wienerinnen und Wiener agiert. Es stimmt, dass die Wiener
Sozialdemokratie dem auch noch Vorschub leistet, indem sie jedes Jahr wieder
betont, wie super sie mit ihrem Budget umgegangen ist und sie hat sogar einen
Budgetüberschuss in der vorher angenommenen Art und Weise erbracht, weil es ja
für die Bundesregierung nichts Schöneres gibt als dass Wien das sagt, um dann
feststellen zu können: Entschuldigung, was regt ihr euch eigentlich auf? Ihr
kommt ja mit dem Geld tatsächlich aus und das, obwohl die Sozialausgaben
steigen und obwohl Wien angeblich mehr in die Wirtschaft investiert, mehr in
die Arbeitsmarktpolitik investiert. Dann bitte raunzt doch nicht! Ihr haltet
immer die Budgetvorgaben ein!
Viel gescheiter wäre es, ein realistischeres Bild von
Wien zu zeigen. Ein Bild zu zeigen, wo es nicht heißt, dass alles super ist,
sondern ein Bild zu zeigen, welches tatsächlich auf die Situation Bezug nimmt,
in der wir uns befinden.
Da komme ich auf den Punkt, wo es
so schön heißt: Die Statistik ist ein Hund. Wenn man am Hasen links vorbei
schießt und am Hasen rechts vorbei schießt, dann ist er statistisch tot. So
viel sagen in etwa auch Ihre Statistiken, die Sie sich gegenseitig an den Kopf
werfen. Ich verrate Ihnen etwas: Das ist den Menschen wurscht, die zwei Monate
auf die Sozialhilfe warten. Das ist den Menschen wurscht, die im Jahr 2003
draufgekommen sind, dass plötzlich die LehrerInnen weg waren. Das ist den
Menschen wurscht, die bei der Behindertenhilfe in den Vereinen und Organisationen
tätig sind und seit Jahren keine Erhöhung gekriegt haben. Ja, es ist diesen
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