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Gemeinderat, 46. Sitzung vom 23.09.2004, Wörtliches Protokoll  -  Seite 9 von 119

 

Ich frage Sie: Ist Ihnen diese Liste, diese Forderung nach diesen zusätzlichen Investitionen bekannt?

 

Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer: Bitte!

 

Amtsf StRin Mag Renate Brauner: Herr Gemeinderat!

 

Mein Stil ist, dass ich möglichst versuche, immer die Dinge, für die ich zuständig bin, auch sehr genau zu sehen, und mir auch einen persönlichen Eindruck zu machen. Das heißt, ich bin gerade dabei, alle Geriatriezentren, alle Spitäler, alle Pflegeheime zu besuchen, um mir dort persönlich ein Bild über die Situation zu machen. Und wenn Sie mir jetzt ein bisschen die saloppe Antwort erlauben, ich gehe aus jedem dieser Spitäler und jedem dieser Geriatriezentren mit einem Rücksäckchen zwischen 10 und 20 Millionen EUR an Wünschen - und das ist die Untergrenze - weg und ich sage Ihnen aus tiefster Überzeugung: Nichts davon ist eine Forderung, wo ich sage, wie kann man denn auf diese Idee kommen. Alles ist berechtigt, weil der medizinisch-technische Fortschritt ein so radikaler ist, dass in Wirklichkeit der Bedarf an Finanzmitteln ein extrem steigender ist. Sie werden sich daran erinnern, dass ich in unserer Diskussion im Ausschuss nur als kleines Beispiel die Stents genannt habe, die durch eine neue, modernere Möglichkeit, indem sie innen beschichtet sind, die Veränderung der Zellstruktur, wenn sie in ein Blutgefäß eingepflanzt werden, verhindern können, und dass sich allein durch diese neuen innenbeschichteten Stents die Kosten auf das Zweieinhalbfache erhöht haben.

 

Was ich damit sagen will, ist dass natürlich der Investitionsbedarf sehr, sehr stark zunimmt. Und das bringt mich zu dem, was ich die ganze Zeit auch als politische Forderung immer und überall vertrete: Wenn wir die medizinische Spitzenleistung, die wir in Wien haben, erhalten und ausbauen wollen, wenn wir wollen, dass dieser medizinisch-technische Fortschritt weiterhin allen zur Verfügung steht - und ich bekenne mich dazu, denn ein gutes Gesundheitswesen ist nur dann gut, wenn es alle genießen können, unabhängig vom Einkommen, unabhängig von der Herkunft, unabhängig vom Geschlecht -, dann werden wir für diese Finanzierung auch mehr Geld brauchen. Genau das ist der Grund, warum wir im Moment gerade in den Finanzausgleichsverhandlungen so vehement drauf drängen, dass wir auch entsprechende finanzielle Mittel bekommen.

 

Genau das ist der Grund, warum ich es jetzt, ehrlich gesagt, für einen Skandal halte, dass der Herr Finanzminister in Verhandlungen geht und sagt, die Länder sollen doch 100 Millionen abliefern, wo wir doch diejenigen sind, die die wichtigsten Dinge für die Menschen zur Verfügung stellen, Spitäler, das ganze Gesundheitswesen, die Sozialeinrichtungen, und da sollen die Länder noch etwas abliefern!

 

Das Gegenteil wird der Fall sein, und wenn es hier nicht zu einer Einigung kommt, ist das für das Land Wien auch absolut inakzeptabel. Ich sage auch hier ganz deutlich, es kann kein Ergebnis der Finanzausgleichsverhandlungen geben, ohne dass entsprechende Finanzierungsmöglichkeiten für das Gesundheitswesen gegeben sind, was ja nicht nur ein Anliegen des Landes Wien ist, sondern auch aller anderen Bundesländer. Das hat mit Parteipolitik gar nichts zu tun, sondern da geht es um die Interessen der Menschen.

 

Abschließend möchte ich auf Ihre Frage noch eine kleine Ergänzung anbringen. Ich glaube, dass dieser Reinvestitionsbedarf, den wir auch sehr stark haben, einer ist, den man sehr ernst nehmen muss und neben der grundsätzlichen Bemerkung, die ich vorher angebracht habe und zu der ich hundertprozentig stehe, glaube ich auch, dass wir uns neue Modelle der Finanzierung - Stichwort Bereitstellungsverträge - überlegen müssen. Ich glaube, dass das auch eine Möglichkeit ist, diesen immer steigenden Investitionsbedarf zu befriedigen und dass das aber nicht das Problem löst, dass wir wirklich mehr Geld für den Gesundheitsbereich brauchen, aber das hatte ich vorher schon ausführlich erläutert.

 

Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer: Danke, Frau Dr Pilz bitte!

 

GRin Dr Sigrid Pilz (Grüner Klub im Rathaus): Frau Stadträtin!

 

Wir haben ja miteinander jetzt eine sehr eindrucksvolle Reise hinter uns, wir haben uns verschiedene Institutionen angeschaut, auch in Stockholm, wie die geriatrische Versorgung auch anderswo organisiert wird. Ich bin sehr dafür, dass man viel Geld hier in die Hand nimmt, aber ich bin dafür, dass man es für sinnvolle zukunftsgerichtete Projekte investiert. Und eine Kritik, die man neben der schieren Größe am Geriatriezentrum Wienerwald und anderen Häusern ja anbringen kann, ist das Faktum, dass hier sehr auf medizinische Versorgung in der Pflege gesetzt wird, und wir haben in Stockholm gesehen, dass man das auch völlig anders organisieren kann, dass Ärzte Konsultationsaufgaben wahrnehmen, aber dass man Pflegeheime schlicht nicht wie Spitäler organisieren muss. Es hat auch unser eigenes Kontrollamt in nobler Zurückhaltung gemeint, dass hier zu viele Ärzte eingesetzt sind, insbesondere im Nachtdienst.

 

Und ich frage Sie jetzt, Frau Stadträtin: Werden Sie die Pflegemilliarde und werden Sie den Transformationsprozess dazu nützen, hier auch eine inhaltliche Neuorientierung zu machen, um weg von der medikalisierten Versorgung zu einer menschlicheren Versorgung in der Pflege zu kommen?

 

Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer: Bitte!

 

Amtsf StRin Mag Renate Brauner: Dazu zwei Antworten: Die erste Antwort bezieht sich auf Ihr konkretes Beispiel, was wir uns in Stockholm angeschaut haben. Das ist eine fachliche Diskussion, die wir in dieser Runde wohl in der notwendigen Breite nicht führen können. Nur hatte ich den Eindruck, dass das System dort so ist, dass generell in den Pflegeeinrichtungen - über deren Zugang man extra diskutieren müsste - der Zugang dort nicht so leicht ist, aber das ist wieder ein anderes Thema, und dass die Pflegeeinrichtungen relativ wenig medizinische Betreuung und nur relativ geringen medizinischen Standard hatten, und dass es dafür Spezialeinrichtungen gibt wie zum Beispiel dieses geriatrische Spital, das wir besucht haben.

 

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