Gemeinderat,
46. Sitzung vom 23.09.2004, Wörtliches Protokoll - Seite 34 von 119
Spielplan gesetzt, wird sozusagen wieder aus dem Koma herausgeholt, wird an den Dauersubventionstropf gehängt, und man hofft, dass sich dann etwas tut. Aber warum soll das jetzt plötzlich ein großer Erfolg sein, nachdem sich vorher niemand für diese Produktion interessiert hat?
Das heißt, die Musicalszene ist zurzeit trist und erfolglos - der
jüngste Kontrollamtsbericht zeigt das ja auch sehr drastisch auf. Und just zu
diesem Zeitpunkt, wo überhaupt nichts darauf hinweist, dass diese Branche eine
ganz wichtige Kultursache oder ein wichtiger Wirtschaftsfaktor für Wien wäre,
genau zu diesem Zeitpunkt, wo nicht einmal ein Musicalhaus mit Erfolg
bespielt wird, muss unbedingt auf Biegen und Brechen ein zweites her! - Wenn
das Raimund Theater wenigstens aus allen Nähten platzen würde, wenn die Leute
sich anstellen würden, wenn man keine Karten bekommen würde, wenn jeder Abend
ausverkauft wäre, dann könnte man eventuell Überlegungen anstellen, ob man ein
zweites Musicalhaus braucht.
Dazu kommt jetzt noch eine zweite Ungewissheit, denn auf die
wiederholten Fragen, welche großen Projekte zurzeit in Planung stünden, um
einem zukünftigen Ansturm gerecht werden zu können, gibt es keine Antwort. Das
haben auch meine Vorredner schon gesagt. Das Musicalkonzept der Intendantin
Kathrin Zechner wurde bisher der Öffentlichkeit vorenthalten. Warum, wissen wir
nicht, denn eigentlich wäre es jetzt an der Zeit, dass sie damit stolz an die
Öffentlichkeit geht. Denn falls es in der Zukunft große Eigenproduktionen geben
sollte, so wie das ja unter Klausnitzer der Fall war, wie zum Beispiel Wiener
Themen wie "Elisabeth" oder wie eben "Mozart", dann müssten
diese Produktionen schon längst feststehen, sie müssten schon geplant sein, sie
müssten schon längst im Gange sein. Es müsste das Buch fertig sein, es müssten
die Komponisten schon ihre Verträge haben, es müsste alles schon auf Schiene
gesetzt sein.
Aber weit und breit ist nichts zu hören, nichts zu sehen, nichts zu
spüren. Also wozu ein zweites großes Musicalhaus? Was hat Sie, Herr StR
Mailath-Pokorny, zu der Ansicht bewogen, dass die Stadt Wien sich derartig in
Schulden stürzen soll? Welche Bedarfserhebungen erfordern ein zweites
Musicalhaus? Welche großen Vorhaben Kathrin Zechners machen das zweite
Musicalhaus unbedingt notwendig?
Weil diese grundsätzlichen Fragen bisher nicht beantwortet wurden, haben
wir Freiheitlichen zwei Anträge gestellt. Es ist übrigens interessant:
Inhaltlich decken sie sich völlig mit den Anträgen der GRÜNEN, obwohl wir nie
miteinander darüber gesprochen haben. Ich würde meinen, schon das alleine
sollte die Sozialdemokraten zum Nachdenken anregen. Auch mein Kollege Salcher
hat ja bereits gesagt, dass sich in dieser Frage alle drei Oppositionsparteien
völlig einig sind, obwohl sie miteinander nicht Kontakt hatten und jede
Fraktion für sich allein hier Lösungen gesucht hat.
Der eine Antrag beinhaltet, dass der amtsführende Stadtrat aufgefordert
wird, vor der Entscheidung eines derartig umfangreichen Umbauvorhabens des
Ronacher eine Bedarfsstudie vorzustellen, die eindeutig beweist, dass die Stadt
Wien ein zweites großes Musicaltheater braucht, um dem Bedarf an großen
Musicalproduktionen gerecht werden zu können. (Beifall bei der FPÖ.)
Der zweite Antrag – ich möchte jetzt auf die Begründung, die ich schon
vorher erläutert habe, eingehen – hat den Inhalt, dass der Herr StR
Mailath-Pokorny aufgefordert wird, bevor die Entscheidungen über den Umbau des
Ronacher gefällt werden, der Öffentlichkeit das von Intendantin Kathrin Zechner
ausgearbeitete Musicalkonzept für Wien vorzustellen, aus dem eindeutig
ersichtlich ist, warum der Umbau des Hauses notwendig ist. (Beifall bei der
FPÖ.)
Herr StR Mailath-Pokorny! In manchen
Dingen ist es nicht passend, wenn man versucht, eine Problematik auch in eine
private Situation hineinzuziehen, aber in dem Fall passt das schon. Stellen Sie
sich vor, Ihnen gehörte das Etablissement Ronacher und Sie stünden jetzt vor
der Entscheidung, was Sie dort in Zukunft machen wollen. Würden Sie in dem Fall
auf alle Fälle, sozusagen auf Teufel komm raus, investieren, würden Sie einen
so großen Kredit aufnehmen, ohne zu wissen, welche Risken Sie damit eingehen,
ohne zu wissen, was Sie dort überhaupt vorhaben, ohne ein detailliertes Konzept
für die Nutzung zu haben? Und ich wiederhole: Dieses Konzept gibt es nicht.
Vielleicht würde Ihnen dann auffallen, dass Sie kein Konzept haben. Man muss
Ihnen hier wirklich den Vorwurf der Konzeptlosigkeit machen.
Hier besteht nämlich ein großer Unterschied, ob eben das Ronacher in
Zukunft als großes Musiktheater bespielt werden soll oder ob es vielleicht eine
andere Funktion erhalten soll, ob es vielleicht, wie StR Rieder das manchmal
genannt hat, ein urbanes Unterhaltungstheater werden soll, denn dann würden die
Umbauarbeiten ja ganz anders sein, es wäre eine Adaptierung notwendig, aber
nicht so ein großer Umbau. Da würde dann natürlich die geplante große
Probebühne beim Ronacher, die genauso groß wie die Bühne sein soll, wegfallen.
Auch die Größe des Orchestergrabens müsste neu überlegt werden, die
Dekorationseinrichtung und viele Dinge, die enorme Kosten verursachen, müssten
dann neu überlegt werden.
Ich habe hier ganz bewusst diesen Vergleich zu einem privaten
Unternehmer gewählt. Ein solcher Vergleich ist in der Musicalbranche durchaus
gerechtfertigt, weil ja das Musical in anderen Ländern ein reiner
Wirtschaftszweig ist. Bei uns ist es Kultur und Wirtschaftszweig zugleich, wozu
wir auch stehen, aber in anderen Ländern, in anderen Städten ist das eine rein
wirtschaftliche Sache.
Wir Freiheitlichen haben diesen
Blickwinkel immer wieder in die Diskussion eingebracht, aber alle unsere
Vorschläge wurden immer abgeschmettert. Wir haben öfter Vorschläge eingebracht,
dass man wenigstens private Partner hereinholen solle. Wir finden, da liegt
auch das allergrößte Problem, das auch meine Vorredner schon aufgezeigt haben,
und zwar das Problem der
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