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Gemeinderat, 47. Sitzung vom 22.10.2004, Wörtliches Protokoll  -  Seite 63 von 82

 

Agenda. Es wird dies vor allem für die GRÜNEN und für die Freiheitlichen ein Prüfstein sein, inwieweit sie es mit dem Klimaschutzprogramm en détail ernst nehmen und wie weit ihnen die Umsetzung dieser Strategischen Umweltprüfung Wiener Abfallwirtschaft tatsächlich auch ein Anliegen ist, das nicht nur da oder dort, wenn man vor grün-bewegten Menschen ein Referat halten muss, in Sonntagsreden seinen Niederschlag findet. Die laufende Evaluierung der Gesamtentwicklung der Wiener Abfallwirtschaft - auch eine berechtigte Forderung aus der SUP - funktioniert grosso modo klaglos und wird von der MA 22 in sachkundiger Form vorgenommen.

 

Übrig bleibt als letzter offener Punkt aus dem Beschlusskatalog der SUP Abfallwirtschaft die thermische Restmüllverwertung. Meine Damen und Herren! Geschätzter Kollege Blind! Alle Prognoseszenarien, sowohl jene, die als Grundlage für die Schlussfolgerungen der SUP dienten, bis hin zu einer taufrischen Booz-Allen-Hamilton-Studie, präsentiert bei einer Veranstaltung "Wiener Expertenforum 2004", 22. September 2004, am Standort der Fernwärme Wien - ich hatte die Ehre, dort mit Herrn Blind im selben Saal verweilen zu dürfen -, signalisieren uns, dass es weiterhin eine moderate Steigerung der Wiener Bevölkerung geben wird. Denken wir an die Ergebnisse der letzten Volkszählung: Plus 3 Prozent Bevölkerungszuwachs in Wien in einem Dezennium, Tendenz weiterhin leicht ansteigend, des Weiteren simple Dinge wie ein Anwachsen der Single-Haushalte. Allen rezessiven Tendenzen momentan zum Trotz kann man mittelfristig davon ausgehen, dass nach wie vor ein Steigen des Güterverbrauchs in Wien stattfinden wird.

 

Wir tragen alles dazu bei, dass der Lebensstandard der Menschen nicht eingefroren wird und allen bundespolitischen Torpedos zum Trotz die Menschen weiterhin Perspektiven für eine bessere Zukunft haben. Das bedeutet, ob wir es wollen oder nicht - ob wir predigen: Vermeiden, Recyclieren, so viel wir wollen; und es geschieht verdammt viel auf dem Gebiet -, es wird weiterhin ein leichtes, kontinuierliches Anwachsen der Restmüllmengen geben. Glauben Sie mir, das kann von einer seriösen Stadtverwaltung nicht leichtfertig mit einer Absetzung eines Tagesordnungspunktes oder mit einem Verweis auf ein statistisches Handbuch abgeschmettert werden. Ich gebe gerne zu, die Wiener Stadtregierung hat unter Federführung von Bgm Häupl in diesem einen Punkt die Empfehlungen des SUP-Teams korrigiert - nicht ignoriert, sondern modifiziert -, indem wir gesagt haben: Wir bauen keine große Anlage mit 450 000 Jahrestonnen Restmüllbewältigung, sondern wir errichten eine kleinere Anlage mit 250 000 Tonnen und werden den Flötzersteig in Betrieb lassen.

 

Ich möchte - und das auch an die Adresse des Kollegen Klucsarits - sehr gerne begründen, warum es dazu gekommen ist. Erstens wurde der Flötzersteig in den 90-er Jahren mit einem Investitionsvolumen von 750 000 ATS nicht nur von der Bausubstanz, vom Kessel und von den Brenneinrichtungen her, sondern vor allem hinsichtlich der Filtertechnologie auf einen bestmöglichen Stand gebracht. Zweitens hat der Flötzersteig in den westlichen Bezirken Wiens nicht nur von der Produktion her, sondern auch bei der Verteilung eine enorm wichtige Steuerungsfunktion in der Fernwärmeversorgung der Bezirke 14 bis 19. Last not least, meine Damen und Herren, würde ein Schließen des Flötzersteigs, noch dazu kurzfristiger Art, nicht nur die Vernichtung von Anlagevermögen bedeuten, was wiederum allen Steuerzahlern auf den Kopf fallen würde, sondern es wäre schlicht und einfach eine Gefährdung der leitungsgebundenen, vernünftigen und ökologisch wertvollen Energieversorgung mit Fernwärme. Das ist eine Vabanquepolitik, die vielleicht eine Oppositionspartei aus einer tagespolitischen Leichtfertigkeit heraus verlangen kann, die aber nicht die langfristige Sicherung der Energieversorgung der Bundeshauptstadt herstellt. Die SPÖ ist für eine Vabanquepolitik Marke Klucsarits von heute nicht zu haben! (Beifall bei der SPÖ.)

 

Noch einen Vorteil haben drei Hausmüllverbrennungsanlagen. Erstens ist die Entsorgung im Fall von Revisionen, Reparaturen oder unvorhergesehenen Betriebsunterbrechungen bei drei Standorten wesentlich besser gesichert als bei zwei. Die Logistik wird ertüchtigt, indem die rund 300 Müllsammelfahrzeuge Wiens nicht sehr viele Leerkilometer zurücklegen, sondern dort eine wesentlich bessere Wegstatistik erzielt werden kann. Schlussendlich - ich habe es schon erwähnt - ist damit auch die leitungsgebundene und daher umwelt- und klimafreundliche Ausstattung der Wiener Haushalte mit Fernwärme und mit Warmwasser in qualifiziertester Form gegeben.

 

Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich last not least noch ganz kurz zur Genesis des jetzigen Antrags kommen. Der Beschluss des Gemeinderatsausschusses für Umwelt am 25.4.2002 zur Gründung der WKU ist von Kollegen Blind bereits sachrichtig dargestellt worden. Ebenfalls 2002 erfolgte die Standortfindung für die neue MVA von einer hochkarätigen Expertengruppe unter Federführung des Herrn Univ Prof Dipl Ing Dr Alfred Schmidt von der Technischen Universität Wien. Der Endbericht der vertieften Standortprüfung - hier waren dann noch drei Abwägungen vorzunehmen - erfolgte am 28. August 2002, und bereits im September 2002 wurde - allen derzeitigen Unkenntnissen der FPÖ im Allgemeinen und des Kollegen Blind im Besonderen zum Trotz - die Simmeringer Bezirksvertretung informiert. In einer großen Bürgerversammlung, in der ebenfalls wir beide sogar hintereinander gesessen sind, sind Hunderte Simmeringer Bürger, Bezirkspolitiker und Landespolitiker von der WKU tatsachengerecht informiert worden. Schließlich hat der Gemeinderat - und das ist wohl hier dieses Gremium, dem wir beide seit geraumer Zeit angehören - am 23.5.2003 den Flächenwidmungsplan für dieses Simmeringer Gebiet zwischen Alberner Hafenzufahrtsstraße und Simmeringer Lände neu beschlossen. Das Grundstück, auf dem sich die MVA Pfaffenau und die Biogasanlage befinden werden, trägt den eindeutigen und unmissverständlichen Titel "Sondergebiet Abfallbehandlung".

 

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