Gemeinderat,
48. Sitzung vom 08.11.2004, Wörtliches Protokoll - Seite 32 von 45
dann in einem Nebensatz, sie führen sie nicht nur so, dass ausgeglichen bilanziert wird, sondern sie werden uns zeigen, dass sie sogar einen Gewinn erwirtschaften - meine Damen und Herren, dann frage ich: Wo soll dieser Gewinn herkommen? Der kommt dann höchstens von so jemandem her: Entweder vom Bund, von den Ländern, von den Gemeinden oder von den Patienten!
Das wollen wir aber nicht, dass sich Private da auch
noch ein Körberlgeld verdienen, das lehnen wir ganz entschieden ab. Das wäre
die Privatisierung des Gesundheitssystems mit einer qualitativen
Verschlechterung, die wir in Österreich und in Wien nicht brauchen! (Beifall bei der SPÖ.)
Meine Damen und Herren! Das geht jetzt nicht an die
Adresse der GRÜNEN, sondern an die Seite der ÖVP: Es sind eben momentan Sparer
unterwegs, nur glaube ich, sie sind ein bisschen zu spät unterwegs, da der
Weltspartag schon vorbei ist. Wenn Sie uns gute Ratschläge geben und uns
erklären, wo man überall sparen sollte, dann sollte man vor der eigenen Türe
kehren! Denn ich kann mich noch daran erinnern, Sie sind ja die Partei der
großen Reformen. Ihr erstes Glanzstück war die Unfallbesteuerung - nicht
verfassungskonform, in Teilen wieder aufgehoben! Zweites Glanzstück: Neu- und
Umstrukturierung des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger - in der
Mehrheit der Bestandteile nicht verfassungskonform, deswegen wieder aufgehoben!
Es ist zwar schon ein Jahr her, dass das gemacht
wurde, aber die jetzige Führung sitzt dort noch immer im Amt - nämlich Herr
Kandlhofer und wie sie alle heißen - und verhandelt munter drauflos, obwohl es
bereits hoch an der Zeit wäre, dort eine Veränderung durchzuführen, aber nicht
eine Veränderung in der Weise: Rot raus, Schwarz und Blau rein, sondern so,
dass drei Millionen Arbeitnehmerinteressen im Selbstverwaltungsbereich auch
gehört werden.
Es ist interessant, dass das der ÖAAB auch
eingebracht hat: Er ist gegen den Vorschlag, den Sie uns jetzt präsentiert
haben, dass eine paritätische Besetzung im Hauptverband stattfinden soll. Auch
Ihre Kolleginnen und Kollegen vom ÖAAB erkennen hier, dass es darum geht: Man
kann nicht Millionen Interessen österreichischer und Wiener Arbeitnehmerinnen
und Arbeitnehmer negieren und sagen, ich mache dort eine paritätische
Vertretung, zur Hälfte Arbeitgeber und zur Hälfte Arbeitnehmer, weil ich mir
mit dem Schlüssel ausrechne, dass in demokratischer Weise natürlich auch ein
ÖVP-Vertreter bei den Arbeitnehmern dabeisitzt, so haben wir dort auf jeden
Fall die Mehrheit, und dann fahren wir drüber, dass die Eisenbahn nur so
scheppert und rasselt. Nicht mit uns, meine Damen und Herren, wir werden das
aufzeigen!
Aber ich sage Ihnen jetzt noch etwas anderes. Als ich
die Bilanz des Hauptverbandes vom Vorjahr bekommen habe, habe ich geglaubt,
dass ich träume. Sie haben uns damals versprochen: Das System ist zu teuer, die
Verwaltungskörper im Selbstverwaltungsbereich sind aufgebläht, und die Kosten
werden herabgebremst. Darf ich Ihnen sagen, wie die Realität ausschaut? - Sie
haben die Verwaltungskörper personell um 30 Prozent aufgestockt, und der
Hauptverband kostet heute um 100°Prozent mehr als vor der Reform! Na, so eine
Reform lasse ich mir gefallen - das zahlen wieder die Arbeitnehmerinnen und
Arbeitnehmer in diesem Lande, und das geht im Prinzip auch auf Kosten des
Gesundheitswesens, weil dort viel Energie verloren geht und Reibungsverluste
existieren, die gar nicht notwendig wären, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)
Nun noch zu einer Sache, die mir als
Gesundheitspolitiker persönlich sehr am Herzen liegt. Ich bin da mit sehr
vielen aus der Oppositionspartei, die
im Gesundheitsausschuss mit uns gemeinsam sehr konkret - jetzt sage ich, nicht
immer, aber oft - arbeiten, einer Meinung: Wir müssen versuchen, alle
finanziellen Ressourcen zu nutzen. Das Gesundheitssystem kann nicht billiger
werden, und zwar aus einem ganz einfachen Grund, den schon der kleine Franzi in
der ersten Volksschulklasse begreift. Wenn die Leute im Schnitt immer älter
werden - und da sind wir mit der Zuwachsrate im Vergleich der OECD-Länder an
der Spitze -, dann bedeutet das automatisch, dass sich auch das
Gesundheitssystem verteuert. Denn irgendwann einmal sind sie eben leider nicht
so gesund, wie wir es jedem Einzelnen wünschen, sondern sie sind krank und
kosten damit etwas.
Gleichzeitig wird auch die Medizin immer besser, das
wissen Sie selbst. Wir kaufen laufend neue Geräte, es werden neue Techniken
eingeführt, es kommen neue Medikamente hinzu, die wir vor 5°Jahren noch gar
nicht gekannt haben. Da kostet eine Behandlung - ich sage das jetzt in
Schillingbeträgen, weil dann die Zahl gewaltiger klingt, und sie ist auch
gewaltig - zwischen 250 000 und 450 000 ATS. Aber sollen wir uns
jetzt zurücklehnen und sagen, schauen wir uns einmal genau an, wer ist das, wie
alt ist er denn, arbeitet er überhaupt noch oder befindet er sich schon in
Pension, geht es ihm vielleicht ohnehin gut, welches Glaubensbekenntnis hat er,
welcher politischen Partei gehört er an? - Wenn er all diese Kriterien erfüllt,
dann sagen wir, er bekommt das Medikament, und wenn nicht, dann bekommt er es
nicht. Meine Damen und Herren, das wird nicht funktionieren, zumindest nicht
mit uns! Wir machen da nicht mit, und deshalb wird es keine sinkenden
Gesundheitsbudgets geben können.
Ein Verursacher der steigenden Kosten - auch wenn man
das nicht gerne hört - ist die Versorgung der Fremdpatienten in Wien. Meine
Damen und Herren, wir erlauben uns den Luxus und versorgen mit 2,1 Milliarden ATS
netto pro Jahr Patienten aus anderen Bundesländern! Das heißt im Umkehrschluss
natürlich, dass in den jeweiligen Landesbudgets dieser Bundesländer diese
Gelder gespart werden, diese kann man für etwas anderes ausgeben. Ich gönne es
jedem Einzelnen der 8°Landesfinanzreferenten, in gönne es jedem anderen der
8°Landeshauptleute, nur gönne ich es nicht dem Wiener Steuerzahler, der für
diese Apathie zahlen muss, nämlich 2,1 Milliarden ATS jedes Jahr,
jährlich!
Wenn Sie glauben, dass diese Gespräche
so einfach sind, wenn man sie führt, dass Sie auf Zustimmung
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