Gemeinderat,
49. Sitzung vom 22.11.2004, Wörtliches Protokoll - Seite 65 von 123
natürlich sehr
schade, dass der Herr StR Rieder, der Herr Vizebürgermeister, die Antwort an
den Kollegen Margulies nicht gegeben hat, denn ich bin sicher, außer mir hätte
das auch noch andere interessiert. (GR Dipl Ing Martin Margulies: Er hat es
eh verstanden!) Das Problem ist, dass der Herr Vizebürgermeister es sich
offensichtlich nicht laut zu sagen traut. Die Antwort wäre aber, glaube ich,
für alle spannend.
Frau StRin
Brauner! Sehr geehrte Kollegen und Kolleginnen!
Wir reden
jetzt über Gesundheit und wenn wir über Gesundheit reden, dann müssen wir im
Wesentlichen über die Gebarung, über die Politik im Spitalsbereich, im Bereich
des Krankenanstaltenverbunds reden.
Frau StRin
Brauner, Sie haben mit Ihrer Amtsübernahme als erstes die brennendste, die
schwierigste Baustelle sozusagen auf den Tisch bekommen und das war die
Situation in den Pflegeheimen. Wir werden darüber in der Landtagssitzung noch
ausführlich reden. Ich möchte Ihnen jetzt ein paar andere drängende Fragen,
Baustellen im Krankenanstaltenverbund, auf den Weg für Ihre politische Arbeit
geben und Sie informieren, in wie vielen Bereichen dringendster Handlungsbedarf
ist, Handlungsbedarf in einer Dimension, die jede Nachhaltigkeit vermissen
lässt, was die Politik des Krankenanstaltenverbunds gegenwärtig betrifft.
Ich fange mit
dem ersten Bereich an. Die Teilunternehmung 1 bildet in den
Akutkrankenhäusern Turnusärzte aus. Es sind in der Gemeinde Wien insgesamt
2 200 Ärztinnen und Ärzte in Turnusausbildung. Nachdem neben der
TU 1 ja nur mehr die Ordensspitäler Ausbildner sind, kann man quasi von
einer Monopolstellung in diesem Bereich sprechen.
Diese
Ausbildung, Frau Stadträtin, liegt unglaublich im Argen. Ausbildung, die wichtig
ist, denn die Ärzte und Ärztinnen, die den Turnus absolvieren und dann keine
weitere Facharztausbildung beginnen, gehen dann nach Absolvierung ihrer letzten
Prüfungen in die Praxis. Was sie in ihrer Turnusausbildung gelernt haben, ist
das, was sie mitbringen in Bezug auf ihre fachliche Qualifikation, in Bezug auf
die Ethik, mit der sie an ihre Aufgabe herangehen, mit der Einstellung zum
Gesundheitsbereich insgesamt.
Diese
Ausbildung ist jetzt in der jüngsten Zeit von Vertretern und Vertreterinnen der
Turnusärzte selbst mit einem Hilfeschrei - und ich will es auch so dramatisch
sagen - thematisiert worden, einerseits in der “Solidarität“, in der
Gewerkschaftszeitung, und andererseits in der Zeitung “Doktor in Wien“. Denn
die Misere, Frau Stadträtin, ist mittlerweile so groß, dass Ärzte und Ärztinnen
aus Österreich zum Beispiel in Großbritannien nicht mehr beschäftigt werden und
die Begründung muss Ihnen zu denken geben. Die Begründung ist, dass die
fachliche Qualifikation der Ausbildung in Großbritannien als nicht ausreichend
angesehen wird und daher unsere vermeintlich und hoffentlich hoch
qualifizierten Ärzte und Ärztinnen aus diesem Grund keine Arbeit finden können.
Der
Krankenanstaltenverbund hat offensichtlich in der Vergangenheit gesehen, dass
er hier Handlungsbedarf hat und hat im Juni 2003 erstmalig in der
TU 1, also Akutkrankenhäuser und Pflegeheime, eine Einführung von
Qualitätsstandards bei der Ausbildung von Ärztinnen und Ärzten für
Allgemeinmedizin in Angriff genommen. Schlimm genug, dass es das Jahr 2003
werden musste, dass man sich für die Einführung von Qualitätsstandards, wie es
hier in diesem Papier wortwörtlich heißt, entscheidet.
Es ging dann
ein umfangreiches Dokument an die Direktionen der einzelnen Krankenanstalten
und man hat in diesem Dokument einmal den Status quo der Turnusärzteausbildung
erhoben. Der erste Satz, Frau Stadträtin, lässt schon tief blicken. Hier heißt
es: „Der Grundsatz, dass auf eine qualitativ hochwertige Ausbildung der
Turnusärzte zum Arzt für Allgemeinmedizin großer Wert gelegt werden soll, ist
weitgehend unumstritten.“ Ist weitgehend, meine Damen und Herren, unumstritten!
Also dass man im Krankenanstaltenverbund offensichtlich noch jemanden hat, der
das bestreitet und dass man hier sagen muss, dass es weitgehend unumstritten
ist und man daher jetzt an die Einführung von Qualitätsstandards denkt, gibt
den Blick frei in Abgründe, Frau Stadträtin, in eine Baustelle, die Sie sich
dringend an die Brust nehmen sollten!
Der nächste
Absatz ist nicht minder ein Einblick in eine katastrophale Situation, denn da
heißt es nämlich: „Die Direktion der Teilunternehmung Krankenanstalten und
Pflegeheime möchte daher gemeinsam mit den ärztlichen Direktionen und den
ärztlichen Abteilungsvorständen wieder einen Versuch machen, die
Ausbildungsqualität zu verbessern.“ Daher ist völlig klar, die ersten Versuche,
die wiederholten Versuche offensichtlich, waren fruchtlos. Man macht wieder
einen Versuch und in dem Wort “Versuch“ steckt schon das Scheitern. Man macht
halt wieder einen Versuch. Es steht hier nicht etwa: „Wir haben festgestellt,
dass die Ausbildungssituation katastrophal ist und jetzt werden
Qualitätsstandards angeordnet und ihre Umsetzung eingemahnt“, sondern man macht
halt wieder einen Versuch!
Man hat also
mit dieser Einführung für Qualitätsstandards den ärztlichen Direktionen
Zielvereinbarungen aufgegeben, die sie verpflichten sollen. Sie werden am Ende
dieser Passage von mir hören, dass das alles bis jetzt ziemlich fruchtlos war.
Man hat ein Tätigkeitsprofil für die Turnusärzte erstellt und einen Projektplan
zur Einführung dieser Standards entwickelt. Und warum ich das jetzt
thematisiere, Frau Stadträtin, ist der Umstand, dass Ende März dieses Jahres
das Konzept bei den einzelnen Häusern schon umgesetzt sein sollte und bereits
eine Mitteilung an die TU 1 erstattet werden sollte.
Was
sieht nun diese Zielvereinbarung für die Qualitätsstandards vor? Man stellt
fest, dass der Allgemeinmediziner der Gatekeeper im Gesundheitswesen ist - das
ist gut zu wissen - und dass er daher die bestmögliche Ausbildung konsumieren
soll und - offensichtlich in Kenntnis der wahren Verhältnisse - spricht diese
Passage in dem Dokument schon davon, dass man die Turnusärzte von ihrem Image
als medizinische Hilfskraft, die
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