Gemeinderat,
49. Sitzung vom 22.11.2004, Wörtliches Protokoll - Seite 69 von 123
zusammenpassen und wo die OP-Organisation verunmöglicht wird. Das ist unmenschlich, das produziert Qualitätsmängel, und es macht mehr Kosten. Es macht mehr Kosten, die die Allgemeinheit zu tragen hat, was das Defizit des Krankenanstaltenverbundes weiter erhöht.
Sie haben davon
gesprochen, dass Akutbetten belegt werden von Menschen, die dort weder richtig
behandelt werden können als Pflegefälle noch gut untergebracht sind, und
gleichzeitig gibt es im Donauspital – hat der Rechnungshof erhoben –
Abteilungen, die völlig unterbelegt sind. Die Kinder- und Jugendheilkunde ist
ungefähr zwischen 60 und 63 Prozent ausgelastet. Da stehen im Regelfall
ein Drittel der Betten einfach leer. Der Rechnungshof hat eine Reduktion der
Betten empfohlen, auch die kollegiale Führung hat immer wieder darüber
nachgedacht – der Krankenanstaltenverbund zieht keine Konsequenzen, die Betten
stauben vor sich hin, während auf anderen Stationen die Menschen am Gang
liegen. In der Unfallabteilung im SMZ-Ost liegen die Menschen regelmäßig am
Gang, und zwar nicht einer oder zwei, und das vielleicht nur ein paar Stunden,
nein, sechs, sieben frischoperierte, oft alte Menschen, tagelang, neben einem
zugigen Klo, und da gehen Leute vorbei, und da wird gewischt, und da wird
gelärmt, und da zieht es. Das ist Realität im Wiener Gesundheitswesen!
Noch ein
Letztes zu den Pflegefällen, die in den Akutbetten liegen. Nicht dass Sie
glauben, das sind vielleicht ein bis zwei und das ist bedauerlich. Der
Rechnungshof hat festgestellt, dass es allein im Jahr 2002 193 Menschen
waren, in Summe an 11 160 Pflegetagen. Ich sage Ihnen den Durchschnitt
dazu, dass Sie selber nicht im Kopf rechnen müssen: 57,8 Tage haben
Menschen hier warten müssen auf ein gutes oder schlechtes Pflegeheim, auf eine
gute oder schlechte Unterbringung in einer psychiatrischen Folgeinstitution im
SMZ-Ost. In jedem Fall waren sie falsch. Allein für 2002 waren das vermeidbare
Mehrkosten von 3,4 Millionen EUR.
Ja, Frau
Stadträtin, die Baustellen sind groß und der Handlungsbedarf noch größer. Und
Sie haben jetzt ein paar wichtige Entscheidungen zu treffen. Unter anderem
haben Sie den Generaldirektor des Krankenanstaltenverbundes zu besetzen. Das
ist eine echte Chance für Sie, die Dinge anders zu machen. Die Spatzen pfeifen
es ja von den Dächern, dass es der Herr Dr Marhold von der Rudolfstiftung
werden soll. Und falls er das wird, Frau Stadträtin, dann gehen Sie mit ihm
gleich in eine Verhandlung. Interessant, dass man es schon weiß, bevor die
Verfahren abgeschlossen sind. Aber es könnte ja sein, dass es anders ist, und
es könnte ja sein, dass man es begründen kann. Aber dass man es schon seit
Monaten weiß, ist auch kein Lercherl.
Wie immer:
Wenn der Herr Dr Marhold Chef wird, dann ist in der Rudolfstiftung eine
Entscheidung zu treffen, nämlich die Entscheidung, ob man die
Semmelweis-Frauenklinik in die Rudolfstiftung übersiedelt. Sie ist ja bereits,
sinnloserweise, würde ich sagen, ein Department der Rudolfstiftung. Wissen Sie,
was das kostet? 20 Millionen EUR kostet das, wenn die in die
Rudolfstiftung übersiedeln. 11 Millionen EUR für die Übersiedlung,
1 Million EUR für einen neuen, eigenen Eingang, wo man dann
Semmelweis-Klinik drüberschreibt; und 5 Millionen EUR für die
Verlegung der Abteilungen, die weg müssen, damit Platz geschaffen wird. Dann
kann die Semmelweis-Klinik in der Rudolfstiftung 1 000 bis 1 500
Geburten machen. Dort gibt es aber schon 1 700. Die haben ja eine
geburtshilfliche Abteilung. Na, machen wir noch 1 000 oder 1 500
dazu. Ob die Frauen das wollen? Das wäre die Frage. Ob das sinnvoll ist,
sozusagen die Low-risk-Geburten-Semmelweis-Klinik in eine Konkurrenz zu einer
bestehenden Abteilung zu bringen? Der Konflikt ist vorprogrammiert!
Frau
Stadträtin! Wenn man stattdessen in Floridsdorf ein Low-risk-Geburtshaus bauen
würde, in akzeptabler Nähe zu einem Akutspital, würde das, so haben das
Experten berechnet, 8 Millionen EUR kosten, 8 Millionen EUR,
und Sie hätten die Versorgung dort, wo Sie sie brauchen, nicht etwa zu den
1 700 in der Rudolfstiftung in einer gutversorgten Gegend dazu, sondern
dort, wo dringend Handlungsbedarf ist. Nördlich der Donau gibt es zu wenig,
dort sind Neubaugebiete. Und sagen Sie Ihrem Generaldirektor in spe vielleicht,
dass er nicht die falschen Entscheidungen vorschlagen soll, und machen Sie
nicht eine schlechte Entscheidung, die teuer ist und sinnlos.
Frau
Stadträtin! Politisches Handeln und politische Konsequenzen sind einzumahnen.
Zwingen Sie den Krankenanstaltenverbund, seine Hausaufgaben zu erledigen.
Lassen Sie kein Schulterzucken zu, gut, kostet es halt was, gut, haben wir was
verschwendet, gut, liegen halt Pflegefälle in den Akutbetten. Dumme Sache, dass
wir Überstunden zahlen, wenn sie nicht berechtigt sind. Kann man nichts machen,
wenn Abteilungen leer stehen, wenn Betten zu sperren sind und Sie tun es nicht.
Nehmen Sie das nicht hin, zwingen Sie den Krankenanstaltenverbund, seine
Hausaufgaben zu machen.
Und, Frau
Stadträtin, opfern Sie nicht die Zukunft des Gesundheitswesens, indem Sie es
weiter zulassen, dass die Turnusärzte und -ärztinnen abgewertet, falsch
eingesetzt – ich hätte jetzt fast ein anderes Wort gesagt, ich habe es mir
verkniffen –, nicht wertgeschätzt Opfer des Systems sind. Und das sind Worte,
die aus dem Krankenanstaltenverbund kommen. Werten Sie die Ausbildung auf,
geben Sie dem Krankenanstaltenverbund den Auftrag, hier endlich Standards, aber
subito, umzusetzen und nicht nur auf Papier zu schreiben, denn die Turnusärzte
sind unsere Zukunft. Das ist wie beim Wald. Wenn man keine Bäume setzt, dann
wird er eingehen. Und das ist nicht anders im Gesundheitswesen. Schätzen Sie
den Nachwuchs und frustrieren Sie ihn nicht. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Und, Frau Stadträtin, hauen Sie
nicht dem schlechten Geld das Gute nach oder umgekehrt. Machen Sie den Blödsinn
nicht, die Semmelweis-Klinik in die Rudolfstiftung zu tun: Kümmern Sie sich um
die Versorgung der Bewohner des 21. Bezirks. Die haben es nämlich nötig.
Und erzählen Sie mir bitte nicht, Sie haben halt kein Grundstück dort. Dann
suchen Sie sich ein anderes, Frau Stadträtin. Aber machen Sie nicht sozusagen
das
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