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Gemeinderat, 49. Sitzung vom 22.11.2004, Wörtliches Protokoll  -  Seite 77 von 123

 

Parteienkonsens über Bord geworfen hat. Das sehen wir jetzt auch in diesen Auswirkungen. Seit Bestehen der schwarz-blauen Bundesregierung wird systematisch die Demontage des Sozialstaats betrieben. Beispiel dafür ist die “so genannte“ Reform, das heißt die Umfärbung und massive Verteuerung, Sie haben heute sehr viel von Verteuerung gesprochen, der massiven Verteuerung des Hauptverbands. Nicht zuletzt wurde diese Reform vom Verfassungsgerichtshof gekippt. Es war der Angriff auf die Selbstverwaltung in der Sozialversicherung, der Angriff auf die gewerkschaftliche Vertretung. Haider hat in der Zeitung "Zur Zeit" schon im Juli 2000 gesagt, dass Betriebsräte zum Beispiel "parasitäre Elemente" sind. Oder Grasser zum Streik anlässlich der Pensionskürzungsreform 2003: „Streiks haben in einer modernen Demokratie nichts zu suchen." - Das war am 3. Mai 2003. Es sind eine Reihe von schludrigen Gesetzen in dieser Bundesregierung gemacht worden, wo über die Menschen drübergefahren wird, die dann zum Teil vom Verfassungsgerichtshof wieder aufgehoben wurden. Da gibt es eine ganz lange Liste, wie viele Gesetze wieder aufgehoben wurden. Das sind Tatsachen, mit denen sich die Menschen nach 2004 konfrontiert sehen.

 

Zuletzt noch das Pensionsharmonisierungsgesetz: Unsoziale Kürzungen, keine gleichen Beiträge, Bauern und Selbstständige zahlen nach wie vor weniger, unfaire Ersatzzeiten für Kindererziehung, zum Beispiel bei Teilzeitarbeitslosigkeit, Krankenstand werden nur 70 Prozent angerechnet, Verluste bis 22 Prozente beim Pensionskorridor, die Frauen fallen überhaupt aus Korridor- und Schwerarbeiterregelung heraus, Ungerechtigkeiten beim Stichtag und weit und breit keine arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen. Das haben Sie uns heute vorgeworfen. Sie haben es in der Hand, in der Bundesregierung zu machen und Sie machen es nicht. Im “Kurier“ vom 17. November trauen sich der Herr Finz und der Herr Bartenstein noch zu sagen: „Die Regierung steht zu den Einbußen." Da reden Sie von Mut. Da gehört schon allerhand Mut dazu, so eine Behauptung aufzustellen. Wen treffen denn diese Einbußen? Diejenigen, die sozial schwach sind, die sich keine zusätzliche Pension oder Krankenversicherung kaufen können. Weniger Staat, mehr privat führt zur Benachteiligung der sozial Schwachen in diesem Land und auch natürlich in dieser Stadt, weil wir können die Stadt Wien nicht isoliert vom Bundesland, vom ganzen Land Österreich betrachten. Und die FPÖ, die sich ja so um die kleinen Leute sorgt, ist wieder einmal umgefallen, wahrscheinlich um die Regierungsbeteiligung zu erhalten oder nicht zu verlieren, denn die Menschen haben schon längst den Glauben an diese Partei verloren.

 

Unter diesen Bedingungen in konjunkturell schwierigen Zeiten, ohne Belastungspakete für die Bevölkerung, hat die Stadt Wien verantwortungsvoll ihr Budget erstellt. Dem Ruf als soziale Musterstadt sehen wir uns verpflichtet. Für alle städtischen und privaten Einrichtungen im Gesundheitsbereich wird es 2005 ein Plus von 26,5 Millionen EUR geben. Die gesamte Geschäftsgruppe hat 3,6 Milliarden EUR zur Verfügung. Das ist mehr als ein Drittel des Gesamtbudgets. Damit ist gesichert, dass alle Wienerinnen und Wiener die beste medizinische Versorgung und Pflege bekommen, die im Besonderen auch unsere älteren Mitbürger brauchen. Das soziale Wien findet jenes Gegengewicht zum neoliberalen Sozialabbau der Bundesregierung mit einer solidarischen Unterstützung vom Säugling bis zur Großmutter. In keinem anderen Bundesland ist die Gesundheitsversorgung so hervorragend wie in Wien. Nennen Sie mir irgendein Bundesland. Tirol ist heute einmal gefallen, aber ich glaube nicht, dass es diese gute Versorgung, diese Spitzenmedizin in Tirol gibt. Nirgendwo gibt es mehr ÄrztInnen, mehr Krankenpflegepersonal und Vertreter aller Gesundheitsberufe, deren Ausbildungen wir letztlich auch für die Bundesländer mitfinanzieren, und mehr medizinische Spitzenversorgung. Wien hat als einziges Bundesland in den Spitälern keine Rufbereitschaft, sondern eine permanente Versorgung mit FachärztInnen. (GR Dr Herbert Madejski: Und warum fehlt es dann im Strategieplan, Frau Kollegin?)

 

Also für mich ist Gesundheitspolitik Gesellschaftspolitik und damit auch ein wichtiges Instrument einer sozialen, verantwortungsbewussten, gerechten und humanen Politik. Geld darf dabei nicht die entscheidende Rolle spielen und bei Mangel auch keine Zugangsbarriere sein. Bestmöglichste Sicherung der Gesundheit ist nicht Privatsache, sondern eine menschliche und soziale Politik hat sie pflichtgemäß auch als öffentliche Aufgabe zu leisten. Ordensspitäler können nur eine gute Ergänzung zu der öffentlichen Aufgabe sein. Aus diesem Grund darf die Gesundheitsversorgung auch nicht dem Markt überlassen werden, so wie das die Frau Gesundheitsministerin Rauch-Kallat immer wieder propagiert. Öffentliche Dienstleistung bedeutet, dass die Allgemeinheit, der Steuerzahler dazu beiträgt, dass Leistungen angeboten werden können. Und die Allgemeinheit bedeutet nicht die Kranken oder die Arbeitnehmer allein, die Allgemeinheit bedeutet, dass alle beitragen, die es sich leisten können. Da vermisse ich bei der Bundesregierung die Bereitschaft zu einer gerechten Aufteilung der Beiträge und Lasten auf alle. Hier werden immer wieder einseitig nur sozial Schwächere belastet, nicht aber jene, die es sich leisten können.

 

Deshalb finde ich den Vorschlag unseres Gewerkschaftspräsidenten Verzetnitsch für eine Wertschöpfungsabgabe sehr gut. Das ist zwar schon alt und wird immer wieder diskutiert, aber er hat es wieder aktualisiert, diese Wertschöpfungsabgabe einzuführen. Das Ergebnis der Politik der Bundesregierung ist auch hier, dass Wien einen Abgang von rund 1 Milliarde EUR finanzieren muss. 1 Milliarde EUR kostet unser hervorragendes Wiener Spitals- und Gesundheitssystem mehr als wir an Geld durch den Bund und die Sozialversicherungen bekommen. Durch Sparen beim System, Leistungskürzungen oder die Erhöhung der Einnahmen ist es niemals auszugleichen. Unser Bürgermeister ist eben nicht Dagobert Duck, auch wenn manche in der ÖVP und FPÖ der Meinung sind, dass das der Weg wäre.

 

Für pflegebedürftige Mitbürgerinnen und Mitbürger ist

 

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