Gemeinderat,
49. Sitzung vom 22.11.2004, Wörtliches Protokoll - Seite 96 von 123
richtiges Projekt halten, dort
etwas zu entwickeln. Jetzt will die Stadt, will der Herr Stadtrat noch vor
Weihnachten diesen Stadtentwicklungsplan, diesen Masterplan für den Bahnhof Wien
beschließen lassen. Welche Möglichkeit gab es bisher für BürgerInnen, für
AnrainerInnen, für Bezirke, ja selbst für Gemeinderätinnen und Gemeinderäte, es
sich ganz genau anzuschauen? Da tauchen so viele Fragen auf, dass ich jetzt
mein gesetztes Limit nicht annähernd einhalten könnte, wie man dort die
Verkehrslösung macht, wie ratenweise, wenn dieser erste Teil in der Mitte
gemacht wird, eine Verkehrslösung aussieht, wie die Aufwertung der Nebengebiete
ist und und und. Sehr viele Fragen tauchen hier auf, die kaum irgendwo
diskutiert wurden.
Genauso
wenig diskutiert wurden irgendwo die Vorgaben für diesen Wettbewerb. Warum eine
Geschoßflächenzahl von vier am Wiedner Gürtel? Warum eine derartige
Verdichtung? - Ja nur deswegen, damit die ÖBB über den Widmungsgewinn die
Mittel hereinbekommt, um einen Bahnhof zu bauen! Es gab einmal eine Zeit, da
hat die ÖBB Bahnhöfe gebaut, weil es ihre Aufgabe ist. Heute entnehme ich dem
"ORF ON", dass der neue ÖBB-Generaldirektor ins Baugeschäft
einsteigen will. Ich habe ja nichts dagegen, er kann in alle Geschäfte
einsteigen, aber er sollte einmal sein Kerngeschäft erledigen, nämlich Güter
und Menschen so zu transportieren, dass es qualitätsorientiert ist. Wenn ich
mir als regelmäßiger Bahnbenützer das anschaue, dann sollte er lieber nicht
bauen, sondern mit seinen Leuten besser fahren. - So viel zum Bahnhof Wien, wo
noch unglaublich viel zu entwickeln ist und wo ich kaum etwas von einem neuen
Geist der Planung sehe.
Der
nächste Bereich, Qualität von Wettbewerben, auch an einem einzigen Beispiel,
den Komet-Gründen. Oft habe ich das Gefühl, im Stadtentwicklungsplan gibt es
diese Wiental-Wurst nur deswegen, damit dort so etwas wie die Komet-Gründe
realisiert werden können. Die Genese ist klar; mir war das schon vor über einem
Jahr klar, als Herr Podsedensek mit seinem Lobbyisten - das meine ich jetzt
neutral -, dem Herrn Schlögl, bei mir war, um mir dieses Projekt vorzustellen.
Dann habe ich lange nichts davon gehört, und danach lese ich in der Zeitung, es
gibt einen Wettbewerb, an dem unter anderen Herr Podsedensek teilnimmt. Da gibt
es eine Jury, dann kommt ein Projekt heraus, und ich denke mir, das Projekt
kenne ich doch von irgendwo her. Ich schaue in meinem Kalender nach und schaue
mir die Unterlagen an: Es war das Projekt, das beim Wettbewerb gewonnen hat,
zugleich jenes, dass mir Herr Podsedensek - damals als Vertreter des
Eigentümers, bei dem war er nämlich beschäftig - vorgestellt hatte. Da gab es
also einen Wettbewerb, und am Ende kommt das Projekt des Teilnehmers Podsedensek
heraus, der sein eigenes Projekt gekürt hat. Das ist kein Wettbewerb, das ist
ein Witz! Dass sich die Stadt Wien für so etwas hergibt, ist erbärmlich, das
hat mit neuer Wettbewerbskultur nichts zu tun.
Ganz
kurz - weil ich mich dann wirklich an die 10 Minuten halte und hoffe,
Vorbild für uns alle zu sein, was die Zeit betrifft - zur Lesbarkeit von
Flächenwidmungsplänen: Meine Damen und Herren, Sie werden in einigen Wochen ein
Widmungsdokument auf den Tisch bekommen, und zwar das Widmungsdokument Wien-Mitte.
Ich prophezeie Ihnen jetzt schon, 5 von 100 können das lesen. Denken Sie an
mich ... (GR Mag Alexander Neuhuber: Weniger!) Herr Neuhuber, für Sie
vielleicht mehr. (GR Mag Alexander Neuhuber: Nein, weniger!) Weniger!
Schauen
Sie sich das an, was sie beschließen! Schauen Sie sich das Widmungsdokument
Wien-Mitte an und fragen Sie sich das, egal ob Sie dafür oder dagegen stimmen.
Wir haben das Problem, dass wir eher zustimmen wollen, darum ärgert mich das ja
so: Es ist nicht nachvollziehbar und nicht lesbar! Das hat aber etwas mit
Darstellbarkeit zu tun.
Es
wurde uns dankenswerterweise zugesagt - das ist ja auch eine der Bedingungen
dafür, dass wir zustimmen, neben vielen anderen; es ist auch ein Modell
aufgestellt worden, damit man das ungefähr verstehen kann. Der unglaubliche -
sage ich jetzt in dem Fall - von mir zu belobende Herr Vatter hat eine Weile
gebraucht, um nach diesem Flächenwidmungsplan die simple Frage zu beantworten:
Wo sind denn da die maximalen Einkaufsflächen? - Das war eine schwierige, lange
Antwort, die nicht an der mangelnden Qualifikation des Herrn Vatter liegt. Da
ist ja die Kabbala oder da sind ägyptische Hieroglyphen Comics an Lesbarkeit
gegenüber dem, was das Wien-Mitte-Dokument darstellt. Was soll so etwas in
einer öffentlichen Auflage, bitte, wer kann das verstehen? - Niemand!
Was
will ich an dem Beispiel sagen? Man muss es jetzt wohl so machen, und wir
brauchen dringend neue Instrumente, Instrumente der Flächenwidmungs- und der
Bebauungspläne, die diese überhaupt lesbar machen. Und da ermöglichen neue
Formen, zum Beispiel beim Computer, sehr wohl die Darstellbarkeit.
Ich
erspare es mir jetzt aus Zeitgründen, etwa zu sagen: Was ermöglicht der neue
Stadtentwicklungsplan, um nicht eine Freiraumqualität wie am Wienerberg zu
bekommen? Meine Antwort ist: Gar nichts, das wird in Zukunft genauso gemacht
werden!
Zuletzt
möchte ich etwas Positives mit einer Anregung verbinden, und zwar im Hinblick
auf den Grüngürtel. Ich anerkenne sehr, dass man sagt: Okay, jetzt gibt es
nicht nur den Wienerwald, sondern wir sehen auch die Lobau, das Marchfeld, das
Wiener Becken als einen gesamten Grünraum, den es zu schützen gilt. Aber mit
welchen Instrumenten, wenn wir da jedes Mal haben: Sww wird umgewidmet, der
1 000-Hektar-Plan wird ja wahrscheinlich demnächst zum Ausschusselement,
tut uns Leid, müssen wir eben im 1 000-Hektar-Plan sozusagen einschneiden
-, mit welchen Instrumenten? Hier versagt der Stadtentwicklungsplan, dass kaum
etwas Neues umgesetzt wird und dass keine neuen Instrumente vorgeschlagen
werden, und zwar aus dieser Haltung heraus: Wir machen eh alles super!, sodass
im Grunde nur die bisherige Planung fortgesetzt wird.
Mein
größter Vorwurf sowohl an den
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
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