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Gemeinderat, 49. Sitzung vom 22.11.2004, Wörtliches Protokoll  -  Seite 95 von 123

 

Kundinnen. Denn gerade dann, wenn man Hilfe braucht, ist diese Selbstbestimmtheit sehr, sehr wichtig.

 

Das heißt, wie schon vorher gesagt, ich bin nicht so leicht abzuschütteln und nicht so leicht zu frustrieren. Meine Hand bleibt ausgestreckt, und ich arbeite schon heute daran, dass Sie, wenn Sie schon dem heutigen Budget nicht zustimmen, dies vielleicht beim nächstjährigen tun werden. - Danke vielmals. (Beifall bei der SPÖ.)

 

Vorsitzender GR Günther Reiter: Danke, Frau Stadträtin. - Zur Geschäftsgruppe Gesundheit und Soziales liegt keine Wortmeldung mehr vor.

 

Wir kommen somit zur Beratung der Geschäftsgruppe Stadtentwicklung und Verkehr.

 

Zum Wort gemeldet ist Herr Mag Chorherr, der schon die längste Zeit darauf wartet. Ich bitte ihn zum Rednerpult.

 

GR Mag Christoph Chorherr (Grüner Klub im Rathaus): Meine Damen und Herren!

 

Ich möchte ja der Frau Stadträtin nicht nahe treten; ich warte schon die längste Zeit darauf. Wenn alle ihre maximale Redezeit ausnützen - was ich nicht hoffe -, sitzen wir um vier Uhr früh noch hier. Insofern werde ich meine Redezeit nicht ausnützen, obwohl es die Stadtplanung natürlich erheischen würde, dass man hier einige grundsätzliche Anmerkungen macht. Lassen Sie mich ganz kurz kursorisch einige der wesentlichen, jetzt bei der Stadtplanung anstehenden großen Entscheidungen - oder scheinbar großen Entscheidungen - ansprechen. Ich möchte nicht über den Strategieplan sprechen, den werden wir in ein paar Tagen ohnehin im Gemeinderat vorliegen haben. Ich möchte einige wenige Worte zum vorliegenden Entwurf des Stadtentwicklungsplans sagen.

 

Meine Hauptvorwurf an diesen Stadtentwicklungsplan - und es wird uns auch durchaus schwer fallen, hier mit einigen Formulierungen Änderungen vornehmen zu lassen - ist eine Haltung, die relativ viele Pläne der Sozialdemokratie auszeichnet: Sie geht davon aus, dass es in Wien keine Probleme gibt. Wenn man keine Probleme sieht, kann man keine Strategien gegen diese Probleme entwickeln, und darum werden eine Reihe von Missentwicklungen weiter fortgeschrieben.

 

Ein Beispiel: Es wäre doch unglaublich erhellend, statt wiederum durchaus bemüht oder anständig - ich nenne es jetzt nicht herablassend so - die Würste der Stadtentwicklung darzustellen - die waren früher vor allem in Transdanubien angesiedelt, jetzt gibt es eine große Wiental-Wurst und verschiedene Würste, die eben die Schwergewichte sind, darüber werden wir nicht im Detail diskutieren, wie sinnvoll sie an diesem Ort sind -, wenn man einmal eine Bilanz legen und sagen würde: Im Stadtentwicklungsplan 1994 hat es auch Entwicklungswürste gegeben, dann wurden Analysen vorgenommen, wo wirklich Stadtentwicklung stattgefunden hat, und es hat sich gezeigt, dass die im Wesentlichen außerhalb der von der Stadtentwicklung vorgegebenen Schwergewichte der Stadtentwicklung stattgefunden hat, weil es eben eine Reihe von Entwicklungen gibt, die man anerkennen muss, die man auch sehen muss und bei denen man lenken muss.

 

Was mich in diesem Zusammenhang interessieren würde, ist: Wie lernt man aus Fehlern der Vergangenheit? Wenn Vorgaben schon im letzten STEP nicht dazu geführt haben, dass man sich daran gehalten hat: Warum soll ich jetzt glauben - außer dass Papier schön bedruckt wird -, dass es umgesetzt wird?

 

Ein anderes Thema, bei dem nicht das Problem dargestellt wird, das ich als Problem sehe, ist der unglaubliche Wust an geplanten Einkaufszentren. Wird nur die Hälfte dessen gebaut, was sozusagen in der Röhre ist - Achtung: Nicht in der Röhre der Sozialdemokratie! Es ist nicht das Mastermind Schicker oder ein anderes Mastermind, das Stadtentwicklungspläne entwirft oder Einkaufszentren plant, wie es auch nicht das Mastermind Görg war, das ein Multiplex nach dem anderen vorgesehen hat, sondern was Immobilienfirmen in Wien momentan bauen wollen, sind Einkaufszentren. Wenn man das nicht einmal als Problem sieht, soll man sich nicht wundern, dass die dann, freilich abgespeckt, auch da und dort realisiert werden. Noch einmal: Wenn ein Bruchteil dessen durchgeht, was da von Immobilienentwicklern geplant wird, dann können wir uns die Nahversorgung in die Haare schmieren - auch wenn ich mir mit dieser Vorgangsweise schwer tue. (Heiterkeit.)

 

Nächster Bereich, nur um da den schönen, richtigen Worten etwas gegenüberstellen: Es ist vieles richtig, was im Stadtentwicklungsplan steht, nur ist es in seiner Konsequenz irrelevant, weil es so allgemein gehalten ist. Einmal mehr steht "Nutzungs-Mix", "gemischte Stadtteile" drin. Aber schauen wir uns den Entwurf für den Bahnhof Wien an, schauen wir uns an, wie "Nutzungs-gemixt" der Vorschlag am Wiedner Gürtel ist, dann stellen wir fest: Da ist überhaupt nichts "Nutzungs-gemixt", es ist ein riesiger neuer Stadtteil am Wiedner Gürtel, nach dem ersten Entwurf ausschließlich bestehend aus Geschäften, Einkaufszentren und Büros. Ich glaube, eine Hand voll Wohnungen ist irgendwo am Rande vorgesehen. Das ist ein Stadtteil, in dem, wenn er so realisiert wird - ich hoffe nicht und gehe nicht davon aus, dass er so realisiert wird, weil noch einiges geändert wird -, ab 18 Uhr der Wind durchweht, und jeder, der dort um die Zeit zu Fuß geht, wird sich eher wie in einer Geisterstadt vorkommen.

 

Wer eine Ahnung davon haben will, wie so etwas in kleinem Rahmen aussieht, der gehe in die neue Hauptstadt St°Pölten. Dort hast du nämlich genau das, nur ist dort wenigstens daneben die Traisen. In dem Fall hast du den neuen Zentralbahnhof mit dem schönen Namen ... (GR Dkfm Dr Fritz Aichinger: Europa Wien Mitte!) Europa Wien Mitte - es wird dem Herrn Stadtrat etwas Neues einfallen, ich werde es nicht mehr oft sagen. Ich zitiere ihn jedes Mal mit diesem provinziellen Namen; man könnte einfach Zentralbahnhof sagen und sich nicht aufplustern. Ich meine nicht den Herrn Stadtrat, sondern den Namen, der dahinter steht.

 

Anderer Aspekt zum Thema Demokratie: Demokratie am Beispiel Bahnhof Wien. Das sage ich deswegen bei diesem Projekt, weil wir es ja, im Unterschied zur Lobau-Autobahn oder anderen, von der Grundidee her für ein

 

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