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Gemeinderat, 49. Sitzung vom 23.11.2004, Wörtliches Protokoll  -  Seite 47 von 88

 

gerne bewerben würden, aber ihnen eher abgeraten wird mit dem Argument: du hast ohnehin keine Chance, oder: da würdest du dem oder dem den Platz wegnehmen.

 

Ich denke, dass da einiges getan werden muss, um nicht nur das Ziel der 50-Prozent-Frauenquote zu erreichen, sondern wirklich ein Klima zu schaffen, dass sich Frauen auch wirklich für alle Posten bewerben. Ich will nicht, dass es in dieser Stadt so viele Dienstposten gibt, für die sich keine Frau bewirbt! (Beifall bei den GRÜNEN.) Ich denke, das entspricht nicht dem Ziel, das Sie sich zum Antritt der Legislaturperiode selbst gesteckt haben. (GR Kurth-Bodo Blind: Glauben Sie das, was Sie da reden, eigentlich selbst? - GR Dipl Ing Martin Margulies: Herr Blind, seien Sie einfach ruhig! - GR Kurth-Bodo Blind: Das sind ja Verdächtigungen! - GR Mag Rüdiger Maresch: Kollege Blind, es ist besser, wenn Sie nichts sagen!) Und es entspricht nicht einem frauenfreundlichen Magistrat.

 

Ich lasse jetzt die anderen Beispiele weg, auf die ich für ein Klima für Rahmenbedingungen für Frauenförderung im Magistrat noch kommen wollte, ich kürze sie ab. Ein wichtiger Punkt wäre es natürlich auch, die Väterkarenz zu fördern. Wenn wir uns das anschauen, sehen wir, dass 99 Prozent aller Karenzierungen auch im Magistrat nach wie vor von Frauen eingenommen werden. Auch bei den atypischen Beschäftigungen, bei den Teilzeitbeschäftigungen, die auch im öffentlichen Dienst einen Karriereknick und eine Gehaltseinbuße für Frauen bedeuten, haben Frauen leider die Mehrheit. Auch hier bedürfte es mehr Engagements und einer offensiveren Umsetzungsstrategie des Gleichbehandlungsgesetzes, damit wirklich Gleichstellung erreicht wird.

 

Ein dritter Punkt, zu dem ich kurz komme und bei dem ich bedauere, dass Handlungsspielräume, die Wien hätte, nicht ausgenützt werden, ist der Bereich der aktiven Arbeitsmarktpolitik und auch der Armutsbekämpfung. Es ist gestern in der Generaldebatte schon angeschnitten worden: StR Rieder hat hier von einem Rückgang der unselbständigen Beschäftigung gesprochen, und Frau Kollegin LUDWIG hat von einer guten, zufrieden stellenden Frauenerwerbsquote in Wien gesprochen.

 

Ich kann hier nur sagen, das ist Schönfärberei, Schönfärberei bei der Erwerbsquote insofern, als Sie ganz genau wissen, dass der Anstieg der Erwerbsquote von Frauen, den wir zu verzeichnen haben, darauf zurückzuführen ist, das Teilzeitbeschäftigungen steigen, dass zum Teil prekäre Arbeitsverhältnisse steigen, dass der Rückgang der unselbstständig Beschäftigten auch darauf zurückzuführen ist, dass atypische Arbeitsverhältnisse vor allem auch für Frauen zunehmen: freie Dienstverträge, geringfügige freie Dienstverträge, neue selbstständige Teilzeitarbeit. Bereits ein Drittel aller Frauen in Wien ist nur noch teilzeitbeschäftigt, das sind Beschäftigungen mit nicht existenzsicherndem Einkommen, mit wenig Karrierechancen, die meistens zu einem Karriereknick führen, weil man nicht entsprechend in das Unternehmen eingebunden ist, weil man hier auch ein höheres Arbeitslosigkeitsrisiko und deshalb Armutsrisiko hat, weil man für die Pension wesentlich schlechter abgesichert ist, zumindest bei den freien Dienstverträgen und den geringfügigen freien Dienstverträgen, die übrigens zu einem überwiegenden Teil von Frauen eingenommen werden; also eine große Mehrheit der geringfügigen freien Dienstverträge in Wien entfällt auf Frauen, diese sind nicht genügend in das Arbeits- und Sozialrecht eingebunden.

 

Das heißt, hier von einer sich verbessernden Arbeitsmarktlage in Wien zu sprechen, nur weil die Arbeitslosigkeit im letzten Monat statistisch gesunken ist, das halte ich wirklich für Schönfärberei. Dem können wir GRÜNE uns nicht anschließen. Wir GRÜNE bezeichnen nach wie vor - und wir finden, Sie sollten das auch tun - die Situation am Wiener Arbeitsmarkt als dramatisch, besonders dramatisch für Frauen. Sie wissen, dass gerade die Dunkelziffer bei arbeitslosen und arbeitssuchenden Frauen besonders hoch ist, dass diese zum Teil gar nicht statistisch erfasst sind und dass es einen steigenden Bedarf von Frauen an arbeitsmarktpolitischer Unterstützung gibt, was nicht unbedingt an die Arbeitslosenstatistik gekoppelt werden kann, weil eben die offizielle Arbeitslosenstatistik den Bedarf an arbeitsmarktpolitischen Einrichtungen keineswegs widerspiegelt, weil auch gerade von Teilzeitbeschäftigten, von atypisch Beschäftigten, also von so genannten - ich nenne es jetzt so - Unterbeschäftigten oder falsch oder anders Beschäftigten, als sie eigentlich beschäftigt sein wollen, ein großer Bedarf an zusätzlichen arbeitsmarkpolitischen Einrichtungen gezeigt wird.

 

Ich verstehe nicht, wieso es wieder passieren konnte, dass das arbeitsmarktpolitische Frauenbudget wieder um keine Euro erhöht wurde. Sie verkaufen es - ich weiß, Sie schütteln den Kopf, aber so traurig ist es! Weder im WAFF noch in diesem Hause konnte mir jemand von Ihnen eine Antwort geben, um wie viel und ob überhaupt das frauenpolitische Budget des WAFF, des Wiener ArbeitnehmerInnenförderungsfonds, um nur 1 EUR gestiegen ist.

 

Wir haben erst in der letzten Rechnungsabschlussdebatte einen Antrag auf ein frauenpolitisches Aktionsprogramm eingebracht. (GR Godwin Schuster: Er wurde auch angenommen!) Sie haben dazu - ich rede jetzt mit den Damen und Herren von der Sozialdemokratie - freundlich genickt und gemeint, ich solle den Antrag nicht auf sofortige Abstimmung stellen, sondern im Ausschuss würde man doch zustimmen. Sie haben ihn leider, was ich ein bisschen unfair gefunden hab, im Ausschuss erneut abgelehnt, und zwar mit den Worten, es gäbe ohnehin ausreichend frauenpolitische Maßnahmen am Wiener Arbeitsmarkt, weil sie ja endlich - Frau Kollegin LUDWIG hat das gestern auch als großen Erfolg angesprochen - in das Regelbudget des WAFF übernommen wurden. Na, wenn das schon der einzige Erfolg ist, den man feiert, dass die Frauen von einem Sonderprogramm in das Regelbudget übernommen wurden! Das sehe ich auch als Erfolg, keine Frage, natürlich hat ein Regelbudget eine andere Symbolik und eine andere Absicherung als ein Sonderbudget, das diverse Frauenmaßnahmen

 

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