Gemeinderat,
50. Sitzung vom 24.11.2004, Wörtliches Protokoll - Seite 9 von 87
und über die Vielfalt der Bildungsangebote im Sinne der Zukunft unserer
Kinder im Kindergarten zu diskutieren und das werden wir tun.
Vorsitzender GR Günther Reiter: Herr Ing RUDOLPH hat die 2. Zusatzfrage.
GR Ing Herbert RUDOLPH (Klub der Wiener Freiheitlichen): Danke, dass Sie den Hinweis auf die Enquete
gebracht haben. Ich glaube nur, dass insgesamt in der einschlägigen Forschung
das Faktum, das Sie zuletzt genannt haben, schon seit längerem erkannt und auch
nachgewiesen ist. Es ist keine Idee oder Erkenntnis der Neuzeit.
Sie kennen
wahrscheinlich das Bonmot "Das Archiv ist die Rache des Journalisten an
Politikern". Ich will hier nicht Rache üben, aber ich habe auch ein
bisschen im Archiv gekramt und habe aus dem Jahr 1996 die politische
Willenserklärung gefunden, die damals auch von der SPÖ-ÖVP Regierung hier in
der Stadt abgegeben wurde. Da lese ich bei dem, wofür Sie verantwortlich sind,
folgende Absichtserklärung aus dem Jahr 1996:
„Verpflichtend
für alle Formen der Integration sind neben einem intensiven Deutschkurs vor
allem auch Unterweisungen über das Leben in Österreich.“ Das hat durchaus
abgezielt auf den Bereich der Schule, aber ich meine, dies gilt als
selbstverständlich auch für den Bereich der Arbeit in den Kindergärten.
Daher
meine Frage an Sie: Welche Initiativen haben Sie im Bereich der städtischen
Kindergärten gesetzt, um Unterweisungen über das Leben in Österreich, so wie
das hier seinerzeit in Aussicht gestellt wurde, in die Tat umzusetzen?
Vorsitzender GR Günther Reiter: Frau Stadträtin!
VBgmin Grete Laska: Das ist die tägliche
Praxis in Kindertagesheimen, wiewohl Sie ja richtigerweise gesagt haben, dass
diese Formulierung auf den schulischen Bereich abgezielt hat, wo die
Gesetzgebung eindeutig ist, wo wir ja Schulgesetze haben, die hier ganz klare
Richtlinien vorgeben. Im Kindergarten haben wir mit dem Kindergartengesetz eine
inhaltlich eher nicht so strenge Vorgabe, vor allem keinen Lehrplan im
Kindergarten, was ich auch für gut finde. Aber Bildungsinhalte setzen sich, wie
ich schon gesagt habe, mit dem Leben auseinander, grundsätzlich aber vor allem
auch mit dem Kulturkreis und da ist das, was Sie sagen, ein wichtiger Inhalt.
Das ist tägliche Arbeit im Kindergarten. Das betrifft den Jahresablauf genauso
wie unterschiedliche Lebensformen und andere Inhalte unseres täglichen Lebens.
Dass man neben den Formen unserer Kultur - der österreichischen Lebensform -
vor allen Einflüssen und Unterschieden, die es auch in unserem Land gibt, die
Augen nicht verschließen darf und auch andere natürlich zum Inhalt machen muss,
ist selbstverständlich. Dementsprechend arbeiten unsere PädagogInnen, wie ich
meine, sehr, sehr gut, weil die Vielfalt gerade im Kindergartenbereich so ist,
dass es ja in Wien, wie Sie wissen, nicht nur städtische Einrichtungen gibt,
sondern in der Vielfalt des Angebots auch durchaus andere, die ihre eigenen
Schwerpunkte setzen, seien das nun die kirchlichen Einrichtungen, die
Kindergruppen und andere. Das heißt, die Eltern können hier sehr wohl aus einem
sehr breiten Angebot wählen, wenn sie spezielle pädagogische als auch
inhaltliche Schwerpunkte gesetzt haben wollen. Was den öffentlichen
Kindergarten betrifft, so verhält es sich dort so, wie ich es Ihnen gesagt
haben.
Vorsitzender GR Günther Reiter: Die 3. Zusatzfrage, Frau
GRin Sommer-Smolik.
GRin
Claudia Sommer-Smolik (Grüner Klub im Rathaus): Ja, Frau Stadträtin, es war
ja sehr interessant, die Anfrage zu lesen. Eigentlich hätten wir das nächste
Mal diskutieren können, ob im Kindergarten eher über den Weihnachtsmann oder
über das Christkind Informationen verbreitet werden.
Meine Frage an Sie: Es hat ja dieses Pilotprojekt vom gendersensitiven
Kindergarten gegeben. Wird dieses Pilotprojekt weitergeführt oder ausgebaut
werden?
Vorsitzender
GR Günther Reiter: Frau Stadträtin!
VBgmin
Grete Laska: Also das Pilotprojekt ist eines, das für mich sehr
wichtig ist wie für viele andere auch und ich halte es für dringend notwendig,
sich die Ergebnisse anzuschauen. Ich glaube, dass so wie unsere politische
Absicht in der Stadt generell ist, nämlich die Politik des Gender
Mainstreamings nicht nur als Pilotprojekt zu führen, sondern sie zum Grundsatz
zu erheben, das sicherlich auch im Kindergarten der Fall sein wird.
Vorsitzender
GR Günther Reiter: 4. Zusatzfrage, Herr GR Walter Strobl.
GR
Walter Strobl (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Ja, sehr geehrte Frau
Vizebürgermeisterin!
Du hast erwähnt, dass der Kindergarten natürlich eine wichtige
Bildungseinrichtung im vorschulischen Bereich ist. Ich glaube, das ist auch die
Erkenntnis der letzten 10°Jahre, dass aus einer reinen Aufbewahrungsüberlegung
eine echte Bildungseinrichtung geworden ist. Mir als ÖVP-Mandatar ist diese
Forderung ja nicht neu und wir haben sie gestern wieder vorgebracht. Wir stehen
auf dem Standpunkt, dass das letzte Kindergartenjahr überhaupt als reine
vorschulische Einrichtung durch die Stadt genutzt werden sollte, um hier
verstärkt Integrationsarbeit zu leisten. Was ich aber der Meldung in der
“Kronen Zeitung“ entnommen habe, die ja der Beginn dieser Diskussion war, war
hier die Überlegung, aus religiösen Gründen sei der Nikolaus im Kindergarten
nicht willkommen.
Ich möchte daher fragen: Siehst du irgendeine Gefahr, dass über die
Kulturunterschiede jetzt hinausgehend - das ist ja Aufgabe der Integration,
hier tolerant zu erziehen - auch religiöse Konflikte durch den Nikolo
entstehen?
Vorsitzender
GR Günther Reiter: Frau Stadträtin!
VBgmin Grete Laska: Ich glaube nicht,
dass religiöse Konflikte entstehen, wenn man an die Sache so herangeht wie ich
es eingangs gesagt habe, nämlich in einer toleranten Art und Weise die Vielfalt
aufzeigend und nichts ausschließend. Denn die Problematik von Konflikten
entsteht ja immer nur dort, wo man das eine positiv in den Vordergrund und das
andere negativ in den Hintergrund stellt oder in eine Konkurrenzsituation
bringt. Ich glaube, es ist Aufgabe, die Vielfalt darzustellen, zu
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