Gemeinderat,
50. Sitzung vom 24.11.2004, Wörtliches Protokoll - Seite 8 von 87
nach wie vor, die Feste und Brauchtümer im Jahresablauf dementsprechend zu feiern. Es ist dies in hoher Übereinstimmung und Information auch mit den Eltern so vorzubereiten. Daher ist auch diese Feierlichkeit, wie viele andere, ein Inhalt der Bildungsarbeit im Kindergarten. Aber lass mich einige Punkte ganz klar dazu sagen. Ich bin eigentlich sehr froh über die Reihung der Fragen und damit dem Zusammenhang zur vorherigen Frage.
Wir wissen, dass wir alle in gesellschaftlichen
Zusammenhängen leben und dass die Kinder von klein auf sowohl durch ihre
Familien, aber natürlich auch durch ihre Umwelt geprägt werden. Daher ist es
mir ganz wichtig, gerade im Kindergarten, wo wir alle wissen, dass auf Grund
unserer gesellschaftlichen Rahmenbedingungen die KindergartenpädagogInnen
hauptsächlich Pädagoginnen sind, also Frauen sind und dass damit Männer im
Kindergarten relativ selten als Bezugspersonen vorhanden sind. Ich würde mich
gegen eine Pädagogik wehren und wehre mich auch dagegen, die mit Angst besetzt
ist. Wenn daher schon einmal ein Mann im Kindergarten auftaucht, möglicherweise
in Form des Nikolaus, dann sollte er jedenfalls nicht mit Angst besetzt sein
und vielleicht schon sozusagen in einer vorbereitenden Übung angekündigt werden
mit dem typischen Satz, den, so nehme ich an, auch du als Pädagoge ablehnen
würdest: „Wenn du nicht brav bist, dann ...“ Dann kommt er auch noch vielleicht
mit einer großen Liste, wo die Guten und die Schlechten drauf sind, wie wir es
alle auch als Kinder erlebt haben, ist er ja meistens auch noch in Begleitung
eines zweiten Mannes gekommen, der noch weniger begehrt war, der dann sozusagen
auch noch sanktioniert hat. Das wäre eine Pädagogik, die im Wiener Kindergarten
sicherlich nichts verloren hat.
Daher bin ich sehr der Meinung, dass man vor allem
über pädagogische Inhalte mit den Eltern diskutieren sollte, weil ich glaube,
dass eine angstfreie Pädagogik leider Gottes noch nicht durchgängiges Prinzip ist
und vor allem in den Familien unter Umständen Hilfestellung bei der Frage,
welche pädagogischen Mittel beim Begleiten der Kinder zum Großwerden angebracht
sind und welche nicht, notwendig ist und dass das wichtige Inhalte wären, die
zum Beispiel bei Elternabenden zu diskutieren sind, damit jedenfalls
sichergestellt werden kann, dass nicht schon im Kleinstkindbereich jene
Rollenverteilung festgelegt wird, mit deren Spätfolgen wir dann manchmal lange,
lange zu kämpfen haben - zum Beispiel auch gerade bei dem Thema, das die Frau
StRin Brauner gerade diskutiert und abgehandelt hat - und sie in weiterer Folge
auch zu lösen haben.
Angst ist ein schlechtes pädagogisches Mittel und
Angst vor verkleideten Männern ist noch ein viel schlechteres!
Vorsitzender GR Günther Reiter: Danke
schön. 1. Zusatzfrage, Herr GR Walter Strobl.
GR Walter Strobl (ÖVP-Klub der
Bundeshauptstadt Wien): Liebe Frau Vizebürgermeisterin!
Du hast natürlich vollkommen Recht und ich teile alle
deine Überlegungen, was die Pädagogik betrifft und dass eine angstfreie
Pädagogik vor allem im Kindergarten ein wichtiger Moment ist, der mit
Elternbildung et cetera zu verbinden ist.
Der Nikolo wird in der politischen
Sprache durchaus als einer gesehen, der etwas bringt, der etwas zu verteilen
hat, also durchaus eher positiv besetzt ist. Wenn man sich die Figur des Nikolo
historisch anschaut, dann muss man halt wissen, dass das ein Bischof war, ein
Türke griechischer Abstammung - er eignet sich damit fast hervorragend für
Integrationspolitik -, der dann als Nothelfer und als Freund der Kinder bis
heute im heutigen Demre in der Türkei verehrt wird.
Es ist tragisch, wenn diese Figur
missbraucht wird und es tut mir daher im Herzen weh, wenn du die Wendung
gebrauchst, dass ein verkleideter Mann dann sozusagen Angst verbreitet. Wenn
das der Fall ist, dann würde ich das auch ablehnen. Ich habe bei meinen Kindern
nie einen bösen Nikolo gehabt - wir haben auch einen Nikolo gehabt, als sie
noch klein waren -, sondern das war der, der etwas mitgebracht hat, der etwas
verteilt hat.
Daher stelle ich die Frage: Wie
wird denn der Nikolo im Kindergarten grundsätzlich gesehen?
Vorsitzender GR Günther Reiter:
Frau Stadträtin, bitte.
VBgmin Grete Laska:
Nachdem unsere KindergartenpädagogInnen eine sehr fundierte Ausbildung
erhalten, seit längerer Zeit mit Maturaabschluss und damit auch mit einem hohen
Anteil an Allgemeinbildung, kann man davon ausgehen, dass sie auch jene Aspekte
im Zuge ihrer Ausbildung mitbekommen, die du jetzt gerade genannt hast.
Worum es geht, ist - da stimmen
wir überein - dass Kindern die gesamte Palette auch der sie umgebenden Welt
bekannt gemacht wird mit allen Inhalten, aber auch mit allen Persönlichkeiten
und Personen, die damit verbunden sind. Daher habe ich überhaupt kein Problem
damit, wenn auch die Person des Nikolo mit seiner Geschichte und mit seiner
Inhaltlichkeit positiv dargestellt wird, wenn er allen etwas bringt, wenn er
eben nicht derjenige ist, der entscheidet, ob gut oder böse, wenn nicht vorher
darauf hingewiesen wird, dass man brav zu sein hat, weil sonst der Nikolo unter
Umständen auch rügt. All das sind pädagogische Mittel, die ich ablehne. Gegen
eine positive Darstellung spricht nichts, genauso wie eine Information über
andere Kulturen, über andere Kulturmechanismen, weil das zur Vielfalt beiträgt.
Wir
hatten gerade erst gestern eine große Enquete im Wiener Rathaus, wo es auch um
die Bildungsinhalte und die Festlegung
der Bildungsinhalte in Kindertagesheimen gegangen ist, ein Thema, mit dem sich
viele Länder schon sehr intensiv beschäftigen und wir uns ja auch schon seit
Jahren damit beschäftigen. Ich meine, dass diese Diskussion in Zukunft eine
ganz wichtige sein wird, weil - und das ist mir zum Abschluss sehr wichtig -
alle Untersuchungen bestätigen, dass die Grundlage von Bildungschancen,
Bildungsmöglichkeiten und Bildungsentfaltung der Zukunft im Kleinkindbereich
gelegt wird, also im Alter vor Schuleintritt. Daher soll es uns allen wichtig
sein, auch über Standards und über die Kriterien
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