Gemeinderat,
50. Sitzung vom 24.11.2004, Wörtliches Protokoll - Seite 33 von 87
oder
er redet zu laut; ich weiß nicht -, dass die Wissenschaftler nicht so euphorisch
von dem Strategieplan angetan waren und sich sehr kritisch damit auseinander
gesetzt haben. Ich erinnere nur an die Worte der Frau Dr Fischer-Kowalski, der
man durchaus keine Nähe zu unserer Ideologie nachsagen kann, aber sie hat
immerhin eine sehr gute Aussage zum Strategieplan getroffen.
Auch
der Moderator, Herr Chefredakteur Armin Thurnher vom "Falter", der
ebenfalls nicht unbedingt ein Freund von uns ist, hat diese drei Stunden sehr
gut moderiert und hat es ebenfalls leidenschaftslos gesehen, dass der
Strategieplan jetzt einmal vorliegt. Er hat ihn auch gelesen, und er hat ein
gutes Wort geprägt: Er hat gesagt, er ist eigentlich hilflos. Das hat der Herr
Chefredakteur gesagt, und ich kann ihm nur zustimmen. Man ist hilflos, wenn man
dem Titel "Strategieplan" auch Inhalt geben will und dann das liest,
was uns hier vorgelegt worden ist.
In
Wirklichkeit, habe ich damals gesagt, gab es einen schönen Slogan in Wien - das
ist jetzt nicht negativ zu sehen, aber ich möchte es ein bisschen vergleichen:
"Der G'spritzte hat immer Saison in Wien." Gemeint ist natürlich der
Wein: Ein Achtel Wien und ein Achtel Soda ergibt den G'spritzten; das ist
nichts Richtiges als Wein, es ist aber auch kein richtiges Sodawasser. Genau
das Gleiche ist dieser Strategieplan: Er besteht zur Hälfte aus der so
genannten Strategie - darauf werde ich noch eingehen -, und die andere Hälfte
besteht aus nichts anderem als bereits existierenden Projekten. Es ist ein
Ist-Zustand, ein idealisierter Ist-Zustand.
Ich darf Ihnen sagen, wie
ich auf die Bezeichnung "idealisierter Ist-Zustand" komme. Wenn Sie
nämlich auf Seite 15 nachlesen - ich lese Ihnen nur einen Satz aus der
Einleitung "Wien, Stadt der intelligenten Mobilität" vor -, so heißt
es dort: „Die Wiener Verkehrspolitik ist seit Jahrzehnten einer Kontinuität
verbunden, die den komplexen Bedürfnissen und Erfordernissen von Mobilität
unter Beachtung der Umweltqualität und der Lebensqualität der BürgerInnen
Rechnung trägt." Meine Damen und Herren, wenn das nicht ein sehr schöngefärbter
Ist-Zustand der Verkehrspolitik in Wien ist, dann weiß ich nicht, was geschönt
ist. Sie gehen also bei allem von einem Status aus, den es in Wirklichkeit
nicht gibt, und bauen darauf auf. Das ist schon einmal der erste Fehler in dem
Strategiepapier.
Auf das Zweite - was sein
könnte, die anderen 50 Prozent - gehe ich auch nur beispielhaft in einem
Punkt ein, weil es ja sinnlos ist, hier das Ganze durchzugehen, und weil sich
weitere Redner hier sicherlich auch andere Kapitel vorgenommen haben. Es geht
um Grünraum - Umwelt. Meine Damen und Herren, da kommt auch der schöne Satz
vor, betreffend den Schutz von Grünraum: „Eine hochrangige Einbindung ist in
Zukunft gewährleistet." Was ist das? Ist das ein Bekenntnis zum Grünraum?
Ist das ein rechtlicher Rahmen, der irgendwann versprochen wird? Wie schaut es
bei Flächenwidmungen aus?
Es gibt heute einen Antrag
der GRÜNEN - dem werden wir durchaus zustimmen -, der sich damit beschäftigt,
wie viel an Grünraum in den letzten Jahren zugekauft wurde, um den Wald- und Wiesengürtel
zu schließen, und wie viel auf der anderen Seite vernichtet worden ist. In
Wirklichkeit - die Zahlen stimmen ziemlich exakt - sind 50 Hektar, 500
minus 450, übrig geblieben, weil Sie auf der einen Seite zwar Wald- und
Wiesengürtel dazugekauft haben, auf der anderen Seite aber andere Grünflächen,
die nicht so gewidmet waren, wie Landwirtschaft, Gärten oder Sonstiges, durch
andere Flächenwidmungen vernichtet haben.
Meine Damen und Herren! Ein
Strategieplan sollte ja auch dazu dienen, Gestaltung durchzuführen, und Politik
heißt Gestalten. Einer der Referenten vom vorigen Montag - ich weiß jetzt
nicht, wer es war - hat gesagt, er sieht den Strategieplan als mentale
Landkarte. Mir hat das sehr gut gefallen, mentale Landkarte: Man sieht vor sich
eine Landkarte, der Strategieplan ist auch so eine Landkarte. Nur besteht ja
der Sinn des Lesens einer Landkarte darin, dass ich nur dann hineinschaue, wenn
ich wissen möchte, wann ich wo sein will. Genau das fehlt im Strategieplan! Es
fehlen im Strategieplan Zeitfelder, es fehlen Prioritäten, zumindest große,
umfassende Prioritäten, und ohne das wird der Strategieplan eigentlich zu einer
Beliebigkeit, zu einer Austauschbarkeit zukünftiger Politikergenerationen, aber
auch von Beamten. (Beifall bei der FPÖ.)
Meine Damen und Herren! Nun zu einigen Punkten: Der
erste Punkt, der mir da aufgefallen ist - auch das sagte ich bereits letzte
Woche und in unserer Stellungnahme -, ist das Kapitel - es heißt wieder alles
ganz wunderschön, es ist alles neudeutsch und wundervoll philosophisch
geschildert, damit es ein bisschen länger wird -, ich sage, es ist das Kapitel,
das sich mit der Integration und mit der mulikulturellen Gesellschaft
beschäftigt.
Meine Damen und Herren! Das haben wir schon letzte
Woche gesagt, und auch die Wissenschaftler, was Integration aus unserer Sicht
heißt. Sie erleben es jetzt jeden Tag im Fernsehen: Die Integration und
multikulturelle Politik ist ja auf allen Linien gescheitert, sie ist auch in
jenen Ländern, die Sie uns immer als Vorbild gegeben haben, wie Holland,
Belgien oder die skandinavischen Länder, vollkommen gescheitert, aus welchen
Gründen auch immer. Der Fehler war, glaube ich, dass man immer geglaubt hat,
die Leute haben sich gegenseitig so lieb, sie umarmen sich, die Leute leben miteinander,
und es funktioniert alles klaglos.
Wissen Sie, was Sie bei der multikulturellen
Gesellschaft vergessen haben, aber auch bei der Integration? Was alle Linken,
die uns einreden wollen, wie gut das ist, vergessen haben? - Diese
Gesellschaft, diese parallele Gesellschaft geht so lange gut, solange es nicht
tief in die Religion hineingeht. Eine multikulturelle Gesellschaft, ohne
multikonfessionell zu sein - und das haben Sie immer vergessen -, wird nicht
funktionieren, meine Damen und Herren! Daher bin ich tief davon überzeugt, dass
Ihr Integrationskonzept und Ihre Idee von der multikulturellen Gesellschaft in
Wien scheitern wird.
Aber Sie sehen es hoffentlich bald
ein und ändern Ihr
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