Gemeinderat,
50. Sitzung vom 24.11.2004, Wörtliches Protokoll - Seite 48 von 87
einem Zustand jetzt, der als heile Welt beschrieben wird und der ins Morgen bloß fortgeschrieben wird. Dieser Mangel an Gesamtschau zeigt sich in vielen Projekten, und ich darf einige herausgreifen, zum Beispiel das Projekt Südgürtel, Zentralbahnhof.
Grundsätzlich ist natürlich festzustellen, dass es
ein positiver Gedanke und eine wirklich wichtige Sache ist, dass nun die
Sozialdemokraten und StR Schicker dieses Projekt Zentralbahnhof aufgreifen und
einen Neubau planen, neue Verkehrsstrukturen vorsehen und ein 60 Hektar
großes Gebiet einer Stadtstrukturierung zur Verfügung stellen.
Ich möchte noch feststellen – und da lege ich großen
Wert darauf –, dass wir Freiheitliche schon im Frühjahr 2001, im März 2001 ein
größeres weiteres Gesamtprojekt, "Südgürtel Neu", präsentiert haben
in der Hoffnung, dieses nicht nur einer Teilverwirklichung zuzuführen, wie sie
jetzt durch die Sozialdemokraten stattfindet, sondern eine Gesamtschau, ein
Gesamtprojekt zu haben; ein Gesamtprojekt eben, das sich vom Meidlinger Bahnhof
über den Matzleinsdorfer Frachtenbahnhof, über die Gürtelbereiche vom 5. und
4. Bezirk bis zum Südbahnhof hinzieht. Das ist ein großes
Stadterneuerungsareal von 120 Hektar, wofür wir ein Projekt, einen
Vorschlag bereits, wie gesagt, im März 2001, also ein halbes, dreiviertel Jahr
vor den Vorschlägen der Sozialdemokraten, vorstellen und der Öffentlichkeit
zuführen konnten.
Diese 120 Hektar, die hier zur Verfügung stehen,
sind ein gewaltiges Stadterneuerungs- und Entwicklungsgebiet, das eigentlich in
einer einheitlichen Planungsidee gestaltet werden müsste, doch von dieser
Gesamtschau, von dieser Strategie ist im Strategieplan nicht zu sehen. Das ist
ganz bedauerlich und ist ein Versäumnis erster Klasse, weil man hier mit
Stückwerk, auch wenn es große Stücke sind, letzten Endes den Gesamtblick nicht
hat.
Vielleicht ist längst schon – wir wissen es ja nicht
– im Rahmen der Sozialdemokratischen Partei, der Stadtverwaltung oder sonst wo
im stillen Kämmerlein eine entsprechende Planung unterwegs und wird entwickelt,
aber ich glaube, es gehörte wohl, wenn es so sein sollte, in den Strategieplan
hinein, und wenn es das nicht gibt, wäre es eine bedauerliche Sache.
Allerdings nicht nur Stadtentwicklungsprojekte haben
wir damals in diesem "Südgürtel Neu" vorgestellt, das heißt also
Firmengründungen, Technologiezentren, Gebiete für Wohnen und Freizeit und
natürlich den Bahnhofsneubau, sondern auch die Chance auf große
Verkehrslösungen, die natürlich im Bereich Zentralbahnhof angesprochen und
geplant sind, aber wo natürlich leider ganz, ganz große entscheidende
Fehlleistungen geschehen sind.
Das Entscheidendste ist für mich, dass die
Tieferlegung der Bahn nicht geplant ist und nicht erfolgen wird. Das ist
einfach eine Verfehlung sondergleichen, weil es eine Jahrhundertchance für Wien
böte, sich hier von einer "chinesischen Mauer", die die Bezirke 10, 4
und 5 trennt, endlich einmal zu lösen und eine Durchlässigkeit zu erreichen,
die dazu führen würde, dass abgewohnte Viertel revitalisiert werden, einer
neuen Verwendung zugeführt werden könnten und eine massive Verbesserung der
Gesamtsituation stattfinden würde.
Die Tieferlegung der Südbahn
ist technisch machbar oder wäre technisch machbar gewesen. Das haben wir von
den ÖBB bestätigt bekommen. Wie gesagt, das war eine Jahrhundertchance, die
nicht aufgegriffen wurde und die, wie ich glaube, auf ewige oder lange Zeit
höchstwahrscheinlich vorbei und vorüber ist. Leider hatte die Sozialdemokratie
Wiens nicht den Mut zum großen Wurf, auch in Hinsicht auf ein Projekt, das
natürlich auf Jahrzehnte, was die Verwirklichung betrifft, angelegt ist.
Selbstverständlich sind wir grundsätzlich der
Meinung, dass diese Gestaltung des Areals Südbahnhof zum Zentralbahnhof und
Bahnhof-Europa Mitte, eine wichtige Sache ist. Nähere Details der
Flächenwidmung wie vielleicht die Hochhausverbauung entlang der Gürtelregion
und die Frage der Einkaufszentren werden wir in späterer Zeit bei den
Flächenwidmungen in weiteren Debatten im Gemeinderat sicherlich noch
besprechen.
Womit wir nicht einverstanden sind, das ist aber auch
bekannt, ist dass die U2 bei dieser ganzen Verkehrsplanung am Südbahnhof
vorbeigeführt wird. Das ist etwas, mit dem wir keinesfalls zufrieden sind und
wo wir glauben, dass wir an Herrn Bgm Häupls Versprechen erinnern müssen, wo er
gesagt hat, er will eine vernünftige Anbindung gewährleisten. Das war ein
Versprechen vom Juli 04 und ich möchte darauf hinweisen, dass irgendein
Laufband zum Bahnhof wohl keine entsprechende Lösung sein kann. (Beifall bei
der FPÖ.)
Im Übrigen wäre mir persönlich, was den Südbahnhof
und seine Neugestaltung betrifft, der Name Zentral- oder Hauptbahnhof lieber.
Der Name "Europa Mitte" ist ein Anspruchsdenken, das ein bisschen
übersteigert oder deutlich übersteigert ist. Ich würde meinen, der Begriff
"Europa Mitte" ist, ich will nicht anmaßend sagen, aber es gibt viele
Städte, die behaupten, in der Mitte Europas zu sein. In der Nähe ist Preßburg,
ist Budapest, ist Prag, ist Berlin und alle glauben, die Mitte Europas zu sein.
Also sich so zu nennen ist vielleicht etwas deutlich überdimensioniert. Aber
das nur nebenbei.
Der zweite Punkt. Zum Westbahnhof hat Kollege
Madejski schon einiges gesagt. Ich möchte nur feststellen, dass auch hier eine
Gesamtlösung mit der Mariahilfer Straße doch insofern unterlassen wurde, als
man das Gebiet des Mariahilfer Platzls nicht in die Gesamtkonstruktion
einbezogen hat. Da hat man sich letzten Endes darauf verlassen - es gibt Gründe
rechtlicher Natur, keine Frage -, dass irgendwann eine Verwirklichung dieses
Uralt-Architekturprojekts von Turm und Riegel stattfinden wird, was aus
heutiger Sicht ein schauerliches Projekt darstellt und wo wir, wenn wir Glück
haben, sowieso daran vorbeigehen werden, weil hier Ende des Jahres die
Möglichkeit der Verwirklichung für die diversen Firmen abläuft. Ich kann nur
hoffen, dass dann ein vernünftiges, dem Gesamtkonzept des Westbahnhofs und der
äußeren Mariahilfer Straße angepasstes Konzept auch für das Mariahilfer Platzl
entstehen wird. (Beifall bei der FPÖ.)
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