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Gemeinderat, 50. Sitzung vom 24.11.2004, Wörtliches Protokoll  -  Seite 68 von 87

 

Vorsitzender! Meine Damen und Herren! Herr Bürgermeister!

 

Ich war von Ihrer Antwort heute sehr enttäuscht, weil Sie auf ganz wesentliche demokratiepolitische Fragen, die dieses Haus bewegen, eigentlich nicht wirklich eingegangen sind. Sie haben sogar gemeint, dass diese Fragen im Gegensatz zur Asylfrage für Sie, wörtlich, wenn ich mich richtig erinnere, "keine Aktualität haben". Wir haben auch Fragen zur Grundversorgung, zum Asylgesetz und zum Asylmissbrauch gestellt. Ich werde den freiheitlichen Standpunkt dazu natürlich noch einmal darlegen, aber Sie haben diese Beantwortung eigentlich benützt, um von gewaltigen demokratiepolitischen Defiziten, die sich in diesem Hause auftun, abzulenken und davon abzulenken, wie arrogant mit dieser absoluten Mehrheit in den letzten Jahren eigentlich immer umgegangen wird.

 

Herr Bürgermeister, ich fordere Sie daher auf: Weichen Sie diesen Fragen nicht aus! Stellen Sie sich diesen Fragen! (Beifall bei der FPÖ.)

 

Herr Bürgermeister, ich kann mich noch sehr gut daran erinnern, als Sie im Jahr 2001, nach der letzten Wahl hier in Ihrer Antrittsrede das Versprechen der Demut abgegeben haben, dass Sie damals gemeint haben, Sie werden diese absolute Mehrheit in den nächsten 5 Jahren mit Demut gebrauchen.

 

Wir haben diese Dringliche Anfrage gestellt, um eben aufzuzeigen, dass das nicht der Fall ist, um aufzuzeigen, wie mit den Rechten der Minderheiten in diesem Hause umgegangen wird.

 

Wir haben diesen Fonds Soziales Wien von Anfang an abgelehnt. Wir haben damals, vor einem Jahr, bei der Gründung dieses Fonds, schon die Befürchtung geäußert, dass diese Konstruktion unsere Rechte als Minderheit ausschalten wird, dass sie unsere Rechte als Minderheit nicht mehr gewährleisten wird. Meine Damen und Herren, Herr Bürgermeister, genau diese Befürchtungen, eigentlich unsere schlimmsten Befürchtungen, haben sich jetzt bewahrheitet. Es sind diese Befürchtungen eingetreten, dass unsere Rechte als Minderheit mit Füßen getreten werden. Es ist in diesem Budget, das wir vorgestern beschlossen haben, eben nur mehr dieser Globalansatz in der Höhe von 500 Millionen EUR veranschlagt.

 

Ich frage Sie: Wie hat ein Gemeinderat vor zwei Tagen dieses Budget beschließen können, ohne die Veränderungen gegenüber dem Vorjahr beurteilen zu können? Ist das die Demut, die wir uns im Umgang mit der Minderheit in diesem Haus erwartet haben?

 

Meine Damen und Herren, wir haben uns an die Spielregeln gehalten. Wir haben im Beirat all diese Fragen gestellt. Wir haben uns an diese Satzung gehalten, die auch einfordert, dass die Opposition unterwürfig, schriftlich, eine Woche im voraus, damit man sich darauf einstellen kann, all diese Fragen formuliert. Wir haben uns an diese undemokratischen Regeln gehalten. Wir haben diese Fragen alle gestellt. Diese Beiratssitzung hat Montag vor einer Woche stattgefunden (GRin Mag Sonja Ramskogler: Sie waren gar nicht dabei!) und jetzt sind unsere Fragen auch in diesem Beirat in keinster Weise beantwortet worden. (GRin Mag Sonja Ramskogler: Sie haben sie nicht gestellt!) Meine Damen und Herren, es sind diese Fragen im Beirat nicht beantwortet worden! Und die nächste Beiratssitzung wird nicht etwa heuer stattfinden, um die Opposition zeitgerecht im Rahmen der Budgetdebatte in diesem Zeitrahmen zu informieren, nein, die Beiratssitzung wird irgendwann einmal im nächsten Jahr stattfinden.

 

Wir haben vorigen Freitag, am Nachmittag, vor der Budgetdebatte dann nur dieses berühmte, nebulose A4-Blatt von der StRin Brauner erhalten, wo nicht nachvollziehbare Zahlen einander gegenübergestellt waren, Zahlen wo man auf den ersten Blick sieht, dass in einem Bereich Personalaufwand veranschlagt war, im anderen nicht (Amtsf StRin Mag Renate Brauner: Das ist nicht wahr!), dass 2004 teilweise noch netto budgetiert war, 2005 brutto, wo man sich nicht einmal die Mühe gemacht hat, einfache Vergleichbarkeit herzustellen.

 

Herr Bürgermeister, ich frage Sie: Wie soll dieser Gemeinderat seine Budgethoheit ausüben, wenn ihm die Information über das Sozialbudget im nächsten Jahr vorenthalten wird? Ich meine daher, dass der Umgang der Mehrheit mit diesem Budget die Rechte dieses Hauses verletzt, dass diese Informationsverweigerung unsere Rechte als Opposition verletzt. Ich fordere Sie daher noch einmal auf: Denken Sie an das Versprechen der Demut, das Sie von diesem Pult aus abgegeben haben und respektieren Sie in Zukunft die Budgethoheit in diesem Gemeinderat! (Beifall bei der FPÖ.)

 

Meine Damen und Herren, es ist sicher kein Zufall, dass die Mehrheitsfraktion genau diese Fondskonstruktion gewählt hat, denn genau in diesem Fonds sind unsere Rechte maximal beschränkt. In diesem Fonds gibt es eben etwa im Gegensatz zu den Unternehmen, zum KAV, zu Wiener Wohnen, kein Genehmigungsrecht dieses Hauses für einen Wirtschaftsplan oder für einen Jahresabschluss mehr. Es war daher immer gute Sitte, Herr Bürgermeister, in den anderen Fonds der Stadt, und es gibt ja mehrere Fonds in dieser Stadt, dass den Oppositionsparteien in diesen Fonds Sitz und Stimme eingeräumt wurden, und zwar etwa im Kuratorium des Wiener Arbeitnehmerförderungsfonds, weil genau in diesem Gremium des WAFF auch das Budget beschlossen wird und weil dort auch der Oppositionsabgeordnete die Möglichkeit hat, seine Budgethoheit auszuüben und die Informationen zu erhalten. Meine Damen und Herren, auch beim Wiener Wirtschaftsförderungsfonds ist die Konstruktion so gewählt worden, dass die Opposition in diese Organe des Fonds eingebunden ist.

 

Bei dieser Satzung ist es völlig anders. Das zeigt auch, welchen Stellenwert demokratiepolitische Fragen für diese SPÖ heute eigentlich noch haben. Nach dieser Satzung sind im Kuratorium nur die Vertreter der Stadtregierung. Der Beirat, in dem dann wir sitzen dürfen, ist ein bloßes Diskussionsorgan, wo keine Beschlüsse über das Budget möglich sind, denn nach der Satzung ist dieser Beirat nicht einmal ein Organ des Fonds. Herr Bürgermeister, ich meine daher, es ist diese Satzung des Fonds, es ist diese gesamte Konstruktion ein Anschlag

 

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