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Gemeinderat, 50. Sitzung vom 24.11.2004, Wörtliches Protokoll  -  Seite 73 von 87

 

nur ex nunc und nicht ex tunc. So lange diese rechtskräftige Entscheidung nicht vorliegt, gilt der Rechtsgrundsatz pacta sunt servanda. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Das hat überhaupt nichts damit zu tun, was heute in der "Kronen Zeitung" steht, dass es hier unter dem Schutzmantel des Asylverfahrens Personen gibt, die gewisse Normen ausnutzen. Dann muss man aber diese Normen mit den Mitteln des Rechtsstaates verändern, denn auf den Rechtsstaat haben die Asylwerbenden, aber selbstverständlich auch die inländische Bevölkerung Anspruch. Selbstverständlich ist es so, dass nicht jedermann das Asylrecht in Anspruch nehmen kann, wenn er meilenweit davon entfernt ist und wenn er sogar strafbare Handlungen begeht.

 

Jetzt spreche ich den Bürgermeister an, denn bis jetzt hat er seinen Gesichtszügen nach meine Ausführungen eher geteilt, aber was nun die Schärfung des Asylrechts anbelangt, ersuche ich ihn um seine Einwirkung auf seine Nationalratsabgeordneten und auf seine Bundespartei, um diese Schärfung im Asylrecht auch tatsächlich zu Stande zu bringen, denn es ist noch nicht heraußen, ob das im Hinblick auf die Nachjustierungen, die notwendig sind, die Bundes-SPÖ auch so sieht. Es wird notwendig sein, zu einer Sicherungshaft zu kommen. Es wird notwendig sein, ein regional begrenztes Aufenthaltsrecht vorzusehen. Und es wird wahrscheinlich auch sinnvoll sein, weniger Instanzen im Asylverfahren vorzusehen.

 

Ich meine, diese Sicherungshaft entspringt nicht einem grundsätzlichen Misstrauen gegenüber allen Personen, die einen Asylantrag stellen, sondern es ist für bestimmte Personen gedacht, nämlich für die, die straffällig geworden sind. Wenn ein Fremder nach Österreich kommt, verurteilt wird, seine Straftat absitzt und dann nach Monaten auf die Idee kommt, einen Asylantrag stellen zu wollen, dann müssen wir uns das nicht gefallen lassen, glaube ich. Dann sollte bei solchen Personen auch das Rechtsinstitut einer Sicherungshaft möglich sein.

 

Gleiches gilt für das regional begrenzte Aufenthaltsrecht, denn Asylwerber ist nach der Genfer Flüchtlingskommission jemand, der an Leib und Leben bedroht und verfolgt ist. Der soll an seinem Asylverfahren mitwirken. Wenn er diese Mitwirkung verweigert, dann wird er wohl dieses Asylverfahren auch nicht in Anspruch nehmen können. In der Tat ist es so, dass wir im Jahr 2003 36 315 Asylanträge in Österreich hatten. Von diesen sind nur 2 084 positiv erledigt worden, 4 951 sind negativ erledigt worden und 29 280 sind eingestellt worden. Wieso gibt es diese unglaublich große Anzahl von Einstellungen im Asylverfahren? Das ist darauf zurückzuführen, dass sich tatsächlich an die 18 000 Personen dem Asylverfahren entzogen haben, einfach nicht erschienen sind, im Zuge von Ladungen bei Verhandlungen oder die, zum weitaus geringeren Teil, ihren Asylantrag zurückgezogen haben, was nicht die große Zahl in diesem Zusammenhang ist. Ich glaube also, dass wir eine solche Mitwirkungspflicht von Personen tatsächlich verlangen können und dass sich auch der Rechtsstaat in diesem sensiblen Verfahren durchsetzen muss, denn es haben nicht nur die Asylwerber Rechte, sondern es hat auch die Bevölkerung Rechte.

 

In diesem Sinne wird es eigentlich auch in den meisten Medien kommentiert. Ich darf hier den "Kurier" vom vergangenen Samstag zitieren. Darin heißt es: „Grüne und Menschenrechtsorganisationen toben. Die SPÖ sucht noch nach einer überzeugenden Linie." Laut dem Autor: „Unsinn, selbstverständlich muss jede Änderung des Fremdenrechtes mit Augenmaß und im verfassungsrechtlichen Rahmen erfolgen, aber der Rechtsstaat muss sich gegen Missbrauch mit rechtsstaatlichen Mitteln wehren dürfen." - Sehr geehrte Damen und Herren, darum geht es, um den Rechtsstaat für Asylwerber, aber auch für alle anderen. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Vorsitzende GRin Renate Winklbauer: Als Nächster zum Wort gemeldet ist Herr GR Deutsch.

 

GR Christian Deutsch (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtags und Gemeinderats): Frau Vorsitzende! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

 

Die Stadt Wien hat mit der Neustrukturierung des Sozialwesens im Juli 2004, und wir haben ausführlich darüber diskutiert, ein dynamisches Modell entwickelt, das auch den neuen Herausforderungen entspricht. Dabei hat die soziale Sicherheit oberste Priorität.

 

Wenn Sie sich erinnern, können Sie feststellen, dass es mehrere Kontrollamtsberichte und die Andersen-Studie gegeben hat, in denen festgestellt wurde, dass es sinnvoll ist, die politische Vorgabe und Strategie, die Planung und die operative Durchführung voneinander zu trennen. Allfällige Rechtsunsicherheiten, die auch heute in der Debatte angesprochen wurden, konnten durch Gutachten, die der Geschäftsführer in den Sitzungen beigebracht hat, ausgeräumt werden. Wir haben uns auch in den interfraktionellen Sitzungen ausführlich darüber unterhalten. Wie Rechtsvorschriften, die auch in der Europäischen Union noch in Diskussion sind, in 4, 5 oder 10 Jahren aussehen werden, ist zum heutigen Zeitpunkt reine Spekulation. Diese bisher größte Strukturreform im Sozialbereich ermöglicht es daher, rasch auf gesellschaftliche Entwicklungen zu reagieren und es sind eben auch diese nationalen und internationalen Veränderungen angesprochen worden, dass sich die Rahmenbedingungen für die Wettbewerbsfähigkeit Hunderter Organisationen und Vereine verändert haben. Sie wissen, dass der FSW mit mehr als 300 Wiener Organisationen zusammenarbeitet.

 

Das heißt, diese Neustrukturierung mit 1.7. dieses Jahres unterscheidet deutlich zwischen der politischen Steuerung und den hoheitlichen Aufgaben und einer Neuregelung, die eben das Ziel hat, eine transparente, effiziente und kundenorientierte Umsetzung im FSW zu erreichen. Ich erwähne das deshalb, weil damals auch Aufgabengebiete aus dem Bereich der MA 47, Pflege und Betreuung, und Teile der MA 12 vom FSW übernommen wurden. Gleichzeitig verblieben hoheitliche Aufgaben wie Sozialhilfevollzug, Recht und behördliche Aufsicht bei der MA 15. Ich sage das deshalb, weil wir auch in den Beiratssitzungen festgestellt haben, dass

 

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