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Gemeinderat, 50. Sitzung vom 24.11.2004, Wörtliches Protokoll  -  Seite 76 von 87

 

Recht! Wir sollen etwas machen, wir sollen nur nicht einen Kurs in eine Struktur wählen, die hoch angreifbar ist. Dieses Gutachten von Schramm & Partner (Zwischenruf von GR Kurt Wagner) - nein, das erzähle ich Ihnen ja nicht neu -, das vom Fonds Soziales Wien in Auftrag gegebene Gutachten selbst sagt in völlig ungeschminkter Ehrlichkeit: Ob es halten wird, wissen wir nicht.

 

Was heißt es, wenn wir in die Förderwelt einsteigen? Ich erzähle dem Kollegen Hacker nichts Neues, aber es ist wichtig, dass die Bevölkerung weiß, was das für ein Paradigmenwechsel ist. (Zwischenruf von GR Kurt Wagner.) Die Verfügungsmacht - das ist ja an sich etwas Schönes - über den Förderscheck, über das Fördervolumen, das man zugesprochen bekommt - man hat keinen Rechtsanspruch, das ist der erste Schönheitsfehler -, muss bei diesem Förderbudget vollständig beim Klienten, bei der Klientin sein, sonst ist es eine Umgehung des EU-Wettbewerbsrechts. Nur wenn der Förderungswerber eine tatsächliche Wahl, eine Wahlentscheidung treffen kann, dann funktioniert die Konstruktion ohne eine vorangegangene Ausschreibung.

 

Die Trägerorganisationen können seitens des Fonds Soziales Wien nur anerkannt werden. Sie können ausgewählt werden, registriert werden und im schlimmsten Fall wieder abberufen werden, aber ... (GR Kurt Wagner: Qualitätskriterien sind nicht ...!) Nein, hören Sie zu, ich spreche jetzt von den Rahmenbedingungen. Ich sage nicht, was ich mir wünsche; natürlich wünsche ich mir Qualität. Aber damit wir nicht in die Sackgasse, in die Mausefalle des EU-Wettbewerbsrechts kommen, darf es seitens des Fonds Soziales Wiens keinerlei inhaltlich verpflichtende Beauftragung geben, die irgendeine Art von Zahlungsanspruch an den Träger begründen würde. Das darf nicht sein, sonst könnte einer klagen, und dann sind wir rechtlich dran. Daher sind die Fragen, die wir bislang gestellt haben, nach wie vor offen.

 

Wie und wann funktioniert die Harmonisierung der Kostensätze für die Trägereinrichtungen? Denn auch das ist eine Voraussetzung, damit die Sache vergaberechtlich nicht anzugreifen ist. Sie erinnern sich, das Kontrollamt hat zutage gefördert, dass in Einzeltarifen Schwankungen bis zu 300 Prozent für die genau gleiche Leistung gegeben sind; das alles haben wir hier schon durchdekliniert. Der Punkt, Herr Kollege Wagner ... (GR Kurt Wagner: Wollen Sie, dass die Billigstbieter kommen und ein Dumping machen?) Nein! (GR Kurt Wagner: Wie groß ist das Unternehmen ...?) Das ist der EU-Wettbewerbsbehörde reichlich wurscht, geradezu unfassbar wurscht (GR Kurt Wagner: Nein!), ob es eine lange Tradition bei der Volkshilfe gibt, die anzuerkennen ist, oder ob die Sozialdienste eine ältere Struktur bei den Bediensteten haben. (GR Kurt Wagner: Frau Kollegin, das wird in ganz Europa nicht nur diskutiert, sondern intensiv beraten, dass man das so nicht ...!) Das ist der Wettbewerbsbehörde egal.

 

Das heißt, Sie müssen harmonisierte Tarife bezahlen, um hier nicht nachweislich einen Anbieter zu diskriminieren. (GR Kurt Wagner: Das heißt, wir richten uns nach den Schlechtesten in Europa?) Ich will das ja nicht! Aber bauen Sie kein Konstrukt, das diese Möglichkeit aufmacht. (GR Kurt Wagner: Wir brauchen doch kein Konstrukt, um es besser zu machen!) Sie bauen ein Konstrukt, das auf schwankendem Boden steht.

 

Das Kontrollsystem ist der nächste Punkt: Sie müssen sicherstellen, dass die Kontrolle funktioniert. Das ist aber schwer möglich, denn die Partnerschaft in diesem Konstrukt mit der Förderwelt besteht zwischen dem Bezieher der Leistung und dem Anbieter, und wenn der Bezieher der Leistung unzufrieden ist, dann muss er sich beim Anbieter beschweren. Möglicherweise ist eine pflegebedürftige Person gar nicht jemand, der sich wirklich beschweren kann, und der Fonds Soziales Wien kann hier nicht steuern. Er kann hier nicht steuern, er darf hier nicht steuern! Die Gesundheits- und Sozialzentren dürfen keine steuernde Funktion wahrnehmen.

 

Was heißt das für schwierige Kunden, für Kunden, die abgelegen wohnen, für Kunden, die einen besonders komplizierten Betreuungsbedarf haben? Das kann heißen, dass sie dann möglicherweise schwer jemanden finden, der sie betreut. Ich sage es Ihnen jetzt im Originalton einer führenden Mitarbeiterin aus einer Organisation gegenüber einem Klienten, da hat der Kunde aufgrund einer Reklamation die Antwort bekommen: „In Zukunft werden wir uns aussuchen können, welche Kunden wir betreuen, also überlegen Sie sich das schon jetzt mit der Beschwerde." Ist das etwas, was Sie zulassen? Ist das etwas, was Sie wollen, dass die Schwierigen sozusagen ins Kröpfchen und die Guten ins Töpfchen kommen, und dann kümmert sich niemand um die bei der Klientel häufig schwierige Bevölkerung, die in einer geschwächten Situation froh ist, wenn überhaupt jemand kommt?

 

Die Gesundheits- und Sozialzentren brauchen in dem Zusammenhang eine Rollenklärung, eine Rollendefinition. Auch die ist nach wie vor ausständig. Denn sie können als Drehscheibe agieren, sie dürfen aber nicht zuweisen und zuteilen, weil keine Kontingente vergeben werden dürfen, da ja sonst die Wahlfreiheit, die Verfügungsmacht des Kunden beschränkt wäre.

 

All diese Fragen sollten im Beirat endlich diskutiert werden. Das werden sie nicht, und auf meine Frage - im Gegensatz zum StR Schock war ich natürlich in der Beiratssitzung und habe das angesprochen - hat der Kollege Hacker gesagt: „Das wissen wir noch nicht, wie das mit der Förderwelt geht, wir haben diese Struktur noch nicht umgesetzt.“

 

Was uns fehlt - und wir haben weiß Gott Zeit gehabt, das im letzten Jahr zu erledigen -, ist ein klarer Förderkatalog, sind Förderungsrichtlinien. Nach meinen Informationen liegen sie intern vor, aber sie haben noch nie das Licht des Beirates gesehen, die Förderrichtlinien, nach denen man die Mittel verwaltet! (GR Kurt Wagner: Weil wir es mit den Trägerorganisationen intern abstimmen, dass wir da kein Problem haben!) Herr Kollege Wagner, ich bin ja ganz bei Ihnen! Das sollen Förderrichtlinien sein, mit denen die Träger arbeiten können und mit denen die Bevölkerung leben kann (GR Kurt Wagner: Wir

 

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