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Gemeinderat, 50. Sitzung vom 24.11.2004, Wörtliches Protokoll  -  Seite 77 von 87

 

arbeiten es ja mit ihnen aus!)

 

Ja, aber es besteht jetzt, mit Verlaub, seit einem Jahr die neue Struktur, und es ist schon ein bisschen spät! Die Leistungsverträge laufen nämlich mit Ende des Jahres aus, und man tut eben das, was man in so einem Fall immer tut: Man schreibt weiter fort. (GR Kurt Wagner: Wissen Sie, wie viele Trägerorganisationen da involviert sind?) Ja, ich weiß es. Ich habe ja jedes Mitleid mit dem Kollegen Hacker (GR Kurt Wagner: Kleine und große!), aber wenn man einen Paradigmenwechsel macht und von der Vergabewelt auf die Förderwelt umstellt - also "Welt" finde ich in dem Zusammenhang einen kuriosen Ausdruck, ich verwende ihn, weil er im FSW offensichtlich plausibel ist -, dann muss man sich doch genau das überlegen, was Sie gesagt haben: Wollen Sie denn, dass die Billigstbieter daherkommen und ein Dumping machen? (GR Kurt Wagner: Das ist ja einer der Gründe!)

 

Genau das wollen wir nicht! Aber wissen Sie, was Sie tun müssen? Auch in der Förderwelt - und das sagt auch das Schramm-Gutachten - müssen Sie alle potentiellen Anbieter als Anbieter zulassen. Also machen wir ein banales Beispiel: Bei Essen auf Rädern muss auch der Schnitzl-Fritzl sagen können, ich bin mit von der Partie. Sie dürfen nicht sagen: Da haben wir unsere gewachsenen Organisationen, die die ambulanten Dienste anbieten, nur mit denen wollen wir arbeiten, weil die das schon können, und wir wollen weder European Homecare noch irgendein slowakisches Unternehmen. (GR Kurt Wagner: Deswegen muss es ja Qualitätskriterien geben, die da wirken! Die müssen evaluiert werden!)

 

Qualitätskriterien müssen aber für alle gelten! (GR Kurt Wagner: Natürlich!) Und alle, die sie erreichen, müssen mitspielen dürfen. Sie dürfen niemanden diskriminieren, der sagt: Freunde, ich mache jetzt so eine Firma auf, ich mache entweder Essen auf Rädern oder ambulante Dienste, Betreuung zu Hause, was immer. Jeder, der da ... (GR Kurt Wagner: Die gibt es ja schon!)

 

Aber was hindert Sie dann daran, ordentliche Leistungsverträge im Rahmen von Ausschreibungen zu machen, wenn Sie ohnehin die Wahl zwischen Pest und Cholera haben? Dann ist es mir doch viel lieber, Sie können mit klaren Leistungsverträgen kontrollieren, was Sie einkaufen. Delegieren Sie die Sache doch nicht in das Binnensystem zwischen einem schwachen Kunden und einer Organisation, die vielleicht sagt: Mit Ihnen will ich nichts mehr zu tun haben, Sie sind mir zu schwierig! Wer nimmt die Rechte der Kundschaft wahr? Wer schützt diese Rechte, wer achtet diese Rechte? (GRin Erika Stubenvoll: Die sozialen Organisationen, die wir jetzt haben, machen das!)

 

Ja, bei denen, die wir jetzt haben, hoffen wir, dass die Ethik hält, dass die Werte gut sind und so weiter. Wer sagt denn, dass Sie nicht demnächst andere haben? Sie dürfen seitens des Fonds Soziales Wien auch gar nicht den Leistungsumfang und die Qualität der Leistung beurteilen. (GR Kurt Wagner: Es gibt ja Interessensvertretungen! Für sie auch!) Sie dürfen nur registrieren oder aberkennen - dumm gelaufen, wenn man eine Förderstruktur wählt! (GR Kurt Wagner: Nein!)

 

Das heißt also, dass die Steuerbarkeit aufgegeben wird, seitens des Fonds Soziales Wien und damit seitens der Sozialpolitik der Stadt. Das halte ich für eine unhaltbare Situation, für etwas, was die Sozialdemokratie eigentlich nicht wollen darf!

 

Zur Kontrolle: Der Kontrollamtsbericht zu den Gesundheits- und Sozialzentren, den wir in Auftrag gegeben haben, hat zutage gefördert, dass 60 Prozent der Klienten ein Mal im Jahr einen Kontrollbesuch bekommen. Einen einzigen Kontrollbesuch im ganzen Jahr! 40 Prozent bekommen gar keinen, dort schaut niemand vorbei, dort schaut niemand nach, ob die Betreuung überhaupt funktioniert. - Das sagt nicht die Sigrid Pilz oder irgendein heimlicher Zuträger, sondern das Kontrollamt.

 

Seither hat sich die Situation verschlechtert. Die Beschwerden der Klienten, so hat das Kontrollamt damals schon festgestellt, sind nicht zielgerichtet ausgewertet worden, und es gab keine ausreichenden Maßnahmen gegenüber den betroffenen Organisationen. So schlimm war es schon unter den Leistungsverträgen!

 

Mittlerweile sagt die Pflegeombudsstelle, die sich auch mit den ambulanten Diensten beschäftigt, dass es sehr, sehr besorgniserregend ist, was da vor sich geht. Es gibt hohe Fluktuation beim Personal, es fehlt die Qualitätskontrolle, es fehlt die Qualitätssicherung durch die Gesundheits- und Sozialzentren, es funktioniert die Diensteinteilung hinten und vorne nicht, schlecht bezahlte, überforderte Heimhelferinnen werden allein gelassen. Die Beschwerden landen bei der Pflegeombudsstelle, die in dem Zusammenhang - ein weiteres Mal sei es angemerkt - nicht einmal rechtlich abgesichert ist und ein Instanzenzug wäre.

 

Der Befund ist kritisch, die Förderwelt macht mehr Fragezeichen als Lösungen, und der Beirat wird nicht informiert, wie sich der Fonds Soziales Wien, wie sich die Stadt die Lösung vorstellt. Ich kann nur an Sie appellieren: Ziehen Sie rechtzeitig die Notbremse, wenn Sie sehen, dass Sie mit der Förderstruktur keine Zukunft finden! Und vor allem: Diskutieren Sie diese Probleme offen, ehrlich und selbstkritisch mit dem Beirat! - Danke. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Vorsitzende GRin Renate Winklbauer: Als nächste Rednerin ist Frau GRin Schmalenberg gemeldet. Ich erteile ihr das Wort.

 

GRin Mag Heidrun Schmalenberg (Klub der Wiener Freiheitlichen): Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich wollte auch sagen, sehr geehrter Herr Bürgermeister!, aber er ist leider nicht mehr da.

 

Es ist wirklich eine Zumutung, jemandem so einen Zettel zu geben und zu verlangen, dass er einem Budget zustimmt, das 500 Millionen EUR umfasst. (Die Rednerin hält ein A4-Blatt, auf dem eine Tabelle zu sehen ist, in die Höhe.) Ich habe die Frau Stadträtin fragen wollen - sie ist leider auch nicht hier -, ob für sie dieser Zettel hier genug war, dass sie ihr Okay zu diesem Budget gegeben hat. Aber die Aussagen des Herrn Bürgermeisters, dass er selbst auch nicht genauere Daten über dieses Budget

 

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