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Gemeinderat, 1. Sitzung vom 18.11.2005, Wörtliches Protokoll  -  Seite 23 von 56

 

Wien in besonderer Weise in europäischen Einrichtungen, wie Ausschuss der Regionen und Rat der Gemeinden und Regionen Europas sowie Eurocitys, engagiert, das alles ist kein Zufall, sondern Teil bewusster Politik, durch welche die Rahmenbedingungen für Wien aktiv mitgestaltet werden. Hier nimmt Wien, meine ich, eine Führungsrolle im Konzert der europäischen Städte und Regionen ein.

 

Europa hat sich durch die Globalisierung und die neoliberale Geld- und Wirtschaftspolitik verändert. Der Neoliberalismus und seine vielen Formen prägen seit etwa zwei Jahrzehnten weltweit das Denken und Handeln in Wirtschaft und Politik: Rückzug des Staates aus möglichst vielen Lebensbereichen, Shareholder Value, größtmögliche wirtschaftliche Freiheiten, Abbau von Regulierungen und von ökologischen sowie sozialen Sicherungssystemen, ausschließlich gewinnorientiertes Denken und Handeln, das waren und sind die vermeintlichen Heilsbotschaften.

 

Dieser Haltung erteilt die Wiener Stadtregierung eine klare Absage. Sie tritt ein für ein Europa, in dem Wirtschaftswachstum optimal gefördert wird. Sie tritt für ein soziales Europa ein, in dem Ausbildung, Arbeit, soziale Sicherheit, Nachhaltigkeit, Vielfalt und Integration das Leben lebenswert machen, für ein Europa, das gemeinsam versucht, die Ursachen von Arbeitslosigkeit, Armut, Ungerechtigkeit und Diskriminierung an ihrem Ursprung zu beseitigen, ein Europa, das für alle Menschen eine gute Zukunftschance bietet. Kurz, für ein Europa, in dem nicht der Shareholder Value, sondern der Mensch im Mittelpunkt steht. (Beifall bei der SPÖ.)

 

Die politische Arbeit für Wien findet unter nicht ganz leichten Rahmenbedingungen statt. In vielen wichtigen Zukunftsfragen wurden keine oder falsche Entscheidungen getroffen. Es fehlt eine Bildungsreform, ebenso fehlen eine aktive Forschungsinvestitions- und Beschäftigungspolitik sowie eine gerechte Steuer- und Verteilungspolitik. Den Städten und Gemeinden wurden und werden zahlreiche Aufgaben übertragen, ohne ihnen dafür ausreichend Mittel zur Verfügung zu stellen. Diese Politik gegen die Interessen der Menschen lehnt die Wiener Stadtregierung ebenso entschieden ab.

 

Selbstverständlich bekennt sich Wien zu einem stabilen Finanzhaushalt. Zugleich muss aber die Handlungsfähigkeit zur Bewältigung drängender gesellschaftlicher Herausforderungen gewahrt bleiben. Eine solche Flexibilität erweist sich gerade vor dem Hintergrund der dramatischen Entwicklungen in anderen europäischen Staaten als unabdingbar. Maßnahmen, etwa zur Integration und Sprachförderung von Kindern nichtdeutscher Muttersprache oder Lehrlingsoffensiven, dem sklavischen Erreichen eines Budgetziels zu opfern, wäre angesichts der Dynamik der gesellschaftlichen Entwicklung ein unverantwortliches politisches und ökonomisches Versäumnis. Dem will und wird sich Wien nicht aussetzen.

 

Wir werden dafür sorgen, dass friedliches Zusammenleben und sozialer Zusammenhalt weiterhin der Standard und die Normalität dieser Stadt sind. Dafür genießt Wien hohes Ansehen in der Welt und darauf sind wir Wienerinnen und Wiener stolz. Wir werden das Unsere dafür tun, wir werden dafür aber auch den Bund in die Pflicht nehmen und ihn nachdrücklich an seinen Teil der Verantwortung erinnern.

 

Die Wiener Gemeinderatswahlen im Oktober 2005 haben eine klare Entscheidung gebracht. Mit diesem Vertrauen der Bevölkerung ausgestattet, geht die Stadtregierung an die Arbeit für Wien und seine Menschen und legt ein Regierungsprogramm vor, in dem wichtige Arbeitsvorhaben für die Jahre 2005 bis 2010 formuliert werden. Trotz der klaren Mehrheit für die Sozialdemokratie im Wiener Gemeinderat suche ich im Interesse der Entwicklung unserer Heimatstadt und ihrer Bevölkerung den breiten Konsens und die Zusammenarbeit mit Ihnen allen, die Sie in den Wiener Gemeinderat gewählt wurden. Die Menschen in unserem Wien wissen das zu schätzen.

 

Wien ist der Wirtschaftsmotor unseres Landes. In den kommenden fünf Jahren werden wir unsere Wettbewerbsfähigkeit und unsere Standortqualität weiter ausbauen und Arbeitsplätze mit Zukunft schaffen. Das Augenmerk liegt da bei einem ganzen Bündel von Maßnahmen. Wir werden unsere Standortqualität durch eine optimale Verkehrsinfrastruktur steigern. Dazu gehören auch der Ausbau des Flughafens Schwechat und der Ausbau des Hafens Freudenau sowie die Errichtung des Bahnhofes Wien Europa Mitte. Der zielgerichtete Einsatz öffentlicher Investitionen dient zur Konjunkturbelebung und steigert die Beschäftigungsquote. Wien und die Unternehmen der Stadt Wien werden in die Schaffung neuer Stadtteile, in die Modernisierung und den Neubau von Wohnungen, den Ausbau des öffentlichen Verkehrs und die Instandhaltung des Straßennetzes ebenso investieren wie in die Modernisierung und den Neubau von Pflege- und Spitalseinrichtungen.

 

Mit einer forcierten Ansiedlungspolitik, der Entwicklung von Spezialimmobilien und dem Ausbau der Technologie-Infrastruktur werden wir unsere Lage inmitten der Region CENTROPE noch besser nützen. Die Globalisierung führt zu einem verstärkten Wettbewerb auch der Städte, sowohl in der Standortpolitik als auch im Städtetourismus. Dies erfordert eine verstärkte strategische Ausrichtung der Stadtaußenpolitik. Zur Effizienzsteigerung wird ein einheitlicher Außenauftritt der Stadt Wien auch durch eine gemeinsame Dachmarke für alle Bereiche wie Kultur, Wirtschaft, Tourismus, Wissenschaft und Forschung und so weiter, geschaffen.

 

Der Tourismus wird als Wirtschaftsfaktor weiter gestärkt. Wien strebt bis 2010 das Ziel von 10 Millionen Nächtigungen pro Jahr an. Gezielte Bewerbungen im Ausland, eine neue Werbelinie sowie zahlreiche Großprojekte, darunter das Mozartjahr 2006 und die Fußballeuropameisterschaft 2008, tragen dazu bei.

 

Klein- und Mittelbetriebe werden durch speziell auf ihre Bedürfnisse zugeschnittene Förderschienen weiter unterstützt. Nahversorgungsaktion, Strukturverbesserungsaktion, Internationalisierungsförderung, Geschäftsstraßenförderung, Start up-Förderungen und Calls sind nur einige der Instrumente dafür. Da Ausbildung und

 

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