Gemeinderat,
1. Sitzung vom 18.11.2005, Wörtliches Protokoll - Seite 53 von 56
haben. Die
Sozialdemokratische Partei hat in der Person ihres Klubobmannes auf einen
"Zeit"-Artikel hingewiesen. Ich habe diesen "Zeit"-Artikel,
so wie manche von Ihnen, auch gelesen, und da ist es ganz interessant, hier zu
finden, dass darin jemand zitiert wird. Da sagt nämlich jemand in diesem
"Zeit"-Artikel, dass wir in Wien nicht ausgeplündert werden wie die
deutschen Städte. Das sagt jemand nach sieben Jahren, in denen in Deutschland
eine rot-grüne Regierung am Ruder ist. Und dieser Jemand ist ein gewisser
Michael Häupl. Bitte, auch dieses Zitat zu verwenden, wenn wir hier in diesem
Haus immer nur hören, dass an allem der Bund schuld ist, Bund hin und Bund her.
Bitte dieses Zitat auch heranzuziehen und in die Reden einzubauen. (GR Christian
Oxonitsch: Da sieht man, wie seriös wir sind!)
Meine sehr geehrten Damen
und Herren! Wir haben von Klubobmann Oxonitsch auch gehört, dass Stadtluft frei
macht – ja, stimmt –, und er hat davon gesprochen, dass in Wien ein besonders
hohes Ausmaß an Demokratie und Kontrolle besteht. Das stimmt so sicherlich
nicht. (GR Harry Kopietz: Mehr als im Bund!) Vergleichen wir manches mit
dem Bund. (GR Harry Kopietz: Ja, jederzeit! – GR Christian Oxonitsch: Ja,
vergleichen wir!) Herr Landesparteisekretär Kopietz (StR David
Ellensohn: Professor!), es ist so: Hier bekommt eine Partei mit
49 Prozent der Stimmen 100 Prozent der Macht. Gut. Dann geht das aber
weiter. (VBgmin Grete Laska: Wie war das im Bund?) Dass das in der
Regierung so ist, das ist ja noch interessant (GR Godwin Schuster: Wie war
das bei der ÖVP? – VBgmin Grete Laska: Bleiben wir beim Bund!), aber, Frau
Vizebürgermeisterin – hören Sie sich das gut an –, wie ist das denn bei den
Ausschüssen? Wenn ich in dem Bereich... (VBgmin Grete Laska: Vergleichen wir
das?) Ja, ja, vergleichen wir das. Genau das sollten wir vergleichen.
In dem Bereich, der
eigentlich die Legislative betrifft, ist es im Bund so – im grauslichen Bund,
wie Sie immer sagen –, dass die Anzahl der Ausschussvorsitzenden genau dem
Prozentsatz entspricht, den die Parteien haben. (VBgmin Grete Laska: Bleiben
wir beim Bund! Wie viele Prozente der Stimmen hat die ÖVP im Bund gehabt?
Bleiben wir bei den Stimmen! Bleiben wir bei der Macht!) Ich weiß schon, es
ist unangenehm, das zu hören, aber dort ist es so. (VBgmin Grete Laska:
Nein, bleiben wir bei der Macht!) Das heißt, die SPÖ hat eine Anzahl an
Ausschussvorsitzenden, ebenso die Grünen.
Und hier? Alle Ausschussvorsitzenden von der SPÖ, alle
Ausschussvorsitzenden-Stellvertreter von der SPÖ. (VBgmin Grete Laska: Wie
ist das im Bund?) Schauen Sie sich das, Frau Vizebürgermeisterin, im Bund
an. Dort ist das proportional vergeben. Fangen wir doch damit an, und wenn Sie
sich das hernehmen, dann sehen Sie den Unterschied. (Beifall bei der ÖVP. –
VBgmin Grete Laska: Nein, fangen wir bei der Bundesregierung an!) Zum
Beispiel ist es im Bund so, dass der erste Präsident des Nationalrates von der
stärksten Partei kommt, der zweite von der zweitstärksten, der dritte von der
drittstärksten. Hier? Alles von der SPÖ. (GR Godwin Schuster: Die ÖVP hat
als drittstärkste Partei den Bundeskanzler gestellt! Von wegen Macht!)
Meine Damen und Herren! Da haben wir den Herrn Klubobmann Oxonitsch gehört, der davon
gesprochen hat, es sei ja wirklich eine Großzügigkeit, dass die SPÖ sogar die Stadtsenatssitze
auf alle Parteien aufteilt. Wenn ich mir aber die anderen rund 2 400
Gemeinden in Österreich anschaue, ist es so, dass in all diesen anderen
Gemeinden sehr wohl auch die Aufgaben proportional nach dem Ergebnis an geschäftsführende
Gemeinderäte verteilt werden. (GR
Christian Oxonitsch: Aber in Tirol haben Sie das gerade abschaffen wollen!)
In Tirol ist es zum Beispiel so, dass die ÖVP über die absolute Mehrheit
verfügt, aber trotzdem gibt es hier eine Koalitionsregierung. Das ist der
Unterschied im Stil, in der Kultur dazwischen. (GR Christian Oxonitsch: Ihr habt es abschaffen wollen!) Aber die
Realität ist halt die, dass hier in Wien alles von der SPÖ dominiert wird unter
dem Gesichtspunkt: In dieser Stadt gehört uns alles! (GR Harry Kopietz: Der Souverän, der Wähler hat entschieden!) Der
Wähler hat über ein Wahlergebnis entschieden, aber Fragen, wie wir hier
demokratische Spielregeln anlegen, wie hier andere Parteien eingebunden sind,
das ist letztlich auch Ihre Entscheidung. Aber Sie haben sich damit zufrieden
gegeben und der Grundgesichtspunkt für Sie ist der: Mir san mir! Uns gehört die
Stadt! (Beifall bei der ÖVP. – GR Harry
Kopietz: Schauen wir nach Niederösterreich!)
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir als Wiener
Volkspartei werden aber trotzdem vor allem eines in den Vordergrund stellen:
Wir werden zeigen, dass es Alternativen zu dem geben muss, was hier von der
Mehrheitspartei vorgestellt wird, dass wir konkrete Überlegungen anstellen,
dass wir mehr tun als die heiße Luft, die wir in dieser Regierungserklärung vom
Herrn Bürgermeister gehört haben. Ich hätte beispielsweise gerne etwas darüber
gehört, welche besondere Rolle Wien gerade in Mittel- und Osteuropa spielen
könnte, wie es der Politik etwa gelingen könnte, das für Wien zu tun, was
Unternehmen, beispielsweise Finanzdienstleister, in den Ländern Mittel- und
Osteuropas zusammenbringen. Könnte Wien hier nicht eine Vorreiterrolle spielen?
Das gilt auch für die Frage, wie diese Stadt
gestaltet wird. Ich habe zwar mit Freude gehört, dass doch einmal etwas wie ein
Kunstplatz Karlsplatz kommen soll, allein mir fehlt der Glaube. Das ist schon
seit Jahren angekündigt worden, aber was geschieht wirklich in diesen
Bereichen?
Wir könnten viele Themen anschneiden, aber einen
Themenbereich darf ich nicht auslassen, denn das ist ein Themenbereich, bei dem
es viel zu einfach wäre zu sagen, da ist der Bund schuld, das ist die Frage des
Arbeitsmarktes in Wien.
Gerade die Diskussionen, die wir
in diesen Wochen in Deutschland, wo eine dramatische Arbeitsmarktsituation
herrscht, verfolgen konnten, zeigen, wohin ein Land, das einst der Motor der
europäischen Wirtschaft gewesen ist, durch eine rot-grüne Koalition geführt
wurde. In Deutschland wird immer wieder darauf hingewiesen, wie
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