Gemeinderat,
2. Sitzung vom 01.12.2005, Wörtliches Protokoll - Seite 14 von 64
zu einem funktionsfähigen
Organismus gestaltet werden. Diese Zerschlagung der Österreichischen
Bundesbahnen, dass sogar die dafür zuständige Direktorin für den
Personenverkehr sagen muss, dass das Defizit in ihrem Bereich um die
200 Millionen EUR betragen wird, und die Tatsache, dass die Zeitungen
titeln: "Konkursfall Österreichische Bundesbahnen", dürfen diesbezüglich
nicht wirksam werden. All das muss aber mit berücksichtigt werden.
Ein weiterer Punkt muss noch
mit berücksichtigt werden: Wenn die Österreichischen Bundesbahnen sagen, dass
sie bis zum Jahr 2007 eine genaue Kostenrechnung für jede einzelne
Schnellbahnlinie zur Verfügung stellen können, dann frage ich mich: Welche
Entscheidungsgrundlage hätten denn das Ministerium, die Republik oder die
Länder jetzt, wenn es diese Kostenkalkulation noch gar nicht gibt? – Das
sollte also doch zumindest einmal abgewartet werden.
Auch auf europäischer Ebene
gibt es eine Menge von Entwürfen, die sich mit Daseinsvorsorge und dem
schienengebundenen Verkehr beschäftigen und die alle auch Auswirkungen auf die
Strukturierung der Gesetzeslage in Österreich haben könnten. Auch das soll angeblich
während der österreichischen Ratspräsidentschaft im kommenden Halbjahr auf
europäischer Ebene verhandelt werden. Solange das nicht verhandelt ist, kann
man nur sehr schwer überhaupt wissen, welche Rahmensetzungen sozusagen von
Europa für die Gestaltung in Österreich zur Verfügung gestellt werden. Daher
halten wir auch den jetzigen Zeitpunkt für verfehlt, dieses Gesetz ins
Parlament zu bringen.
Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer: Danke schön.
Die nächste Zusatzfrage:
Frau GRin Puller.
GRin Ingrid Puller (Grüner Klub im
Rathaus): Sehr geehrter Herr
Stadtrat!
Meine
Frage: Jeder spricht nur von U-Bahn-Ausbau und Mitfinanzierung seitens des
Bundes. Wäre es nicht einmal eine Verhandlungslösung seitens des Bundes, auch
eine Mitfinanzierung des öffentlichen Oberflächenverkehrs als Alternative zu
den diversen U-Bahn-Ausbau-Projekten anzubieten? Ich kann mir gut vorstellen,
dass es eventuell auch eine Mitfinanzierung in der Größenordnung
50 zu 50 etwa für die Straßenbahn – sprich, öffentlichen
Oberflächenverkehr – gibt. Wie stehen Sie dazu?
Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer: Bitte.
Amtsf StR Dipl Ing
Rudolf Schicker: Frau
Gemeinderätin!
Grundsätzlich ist dazu
sagen. Alles, wofür der Bund Bereitschaft zeigt mitzufinanzieren, ist
willkommen. Wenn man seitens des Bundes bereit wäre, die Straßenbahnen
mitzufinanzieren, warum nicht? Ich muss aber dazu sagen, dass ich die
Argumentationslinie des Bundes verstehe, dass der Bund in vielen Bereichen ja
selber Nahverkehre zu finanzieren hat. Und ich wäre schon sehr froh, wenn sich
der Bund bei seinem eigenen Unternehmen anstrengt, geordnete Strukturen zu
schaffen, eine geordnete Finanzierung zu bieten und dann auch für Pendler und
Pendlerinnen ein entsprechendes Angebot zur Verfügung zu stellen. Zu bestimmen,
wie wir die Wiener Linie führen, dazu sind wir selbst in der Lage, und wir
können auch die entsprechenden Daten immer bereithalten. Das ist auch eine
große Aufgabe, aber Sie können den Erfolg in Wien ablesen: Ein Modal-Split von
35 Prozent ist ja nicht nichts im Vergleich zu anderen Großstädten!
Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer: Zusatzfrage: Herr Mag Gerstl.
GR Mag Wolfgang Gerstl
(ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Sehr geehrter Herr Stadtrat!
Ihre
Ausführungen kann ich leider nur als Beginn eines Nationalratswahlkampfes
empfinden, anders sind diese überhaupt nicht zu interpretieren, denn noch nie
hat der Bund so viele Geldmittel für die Österreichischen Bundesbahnen
ausgegeben! Im Jahr 2000 waren es 956 Millionen EUR, und wir stehen
jetzt im Jahr 2005 bei 1 Milliarde 20 Millionen EUR. Wenn Sie
von Ihrer Seite nun sagen, dass hier nicht entsprechend finanziert wird, dann
ist das nicht nur falsch, sondern es ist in Wirklichkeit eine Unterstellung,
die man nur mehr mit Wahlkampftönen erklären kann!
Herr
Stadtrat! Ich möchte gerne wissen, wie Sie handeln würden, wenn Sie
Verkehrsminister wären und Aufforderungen des Rechnungshofes hätten, die
zersplittete ÖPNRV-Finanzierung zu ändern, und wenn Sie Aufforderungen der
Europäischen Kommission hätten, das intransparente System der
Konzessionserteilung und den fehlenden Marktüberblick, der für Monopole typisch
ist, zu ersetzen. Weiters würde mich interessieren, wie Sie sich verhalten
würden, wenn Sie die Aufforderung eines Lebensministeriums hätten, die
Kyoto-Ziele zu erfüllen, und wenn Sie die Aufforderung eines Finanzministeriums
hätten, die Verpflichtungen für die Nebenbahnreform auch umzusetzen.
Können
Sie sich vorstellen, dass Sie Verkehrsminister wären und alle Aufforderungen
eines Rechnungshofes und auch einer Europäischen Kommission nicht beachten
würden? Vor allem kann ich mir überhaupt nicht erklären, dass Sie, wenn Sie für
den Verkehr zuständiger Stadtrat von Wien sind und vom Bund über 250 Millionen
EUR jährlich bekommen, sagen: Das interessiert mich nicht! Ich frage mich:
Welche Verantwortung nehmen Sie als Verkehrsstadtrat dieser Stadt wahr, wenn
Sie nicht einverstanden sind, Geldmittel vom Bund zu bekommen?
Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer: Bitte um Beantwortung.
Amtsf StR Dipl Ing
Rudolf Schicker: Herr
Mag Gerstl!
Zunächst möchte ich daran
erinnern, dass die Landeshauptmännerkonferenz nicht mehr gar so ÖVP-lastig ist,
wie sie es lange Zeit war. Immerhin sitzen dort aber auch vier ÖVP-Landeshauptmänner,
von denen zwei ganz vehement gegen diese Lösung aufgetreten sind, weil sie auch
gleichzeitig Finanzlandesreferenten sind, nämlich der Vorarlberger und der
oberösterreichische Landeshauptmann. Ich glaube nicht, dass Letztere im
Wahlkampf gegen Dr Schüssel und die ÖVP auftreten wollen!
Insofern scheint es
sich hier also nicht um
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