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Gemeinderat, 2. Sitzung vom 01.12.2005, Wörtliches Protokoll  -  Seite 20 von 64

 

GR Mag Christoph Chorherr (Grüner Klub im Rathaus): Meine Damen und Herren! Angesichts der Diskussion über die Fußball-Europameisterschaft schaue ich mir die Präsenz auf der Regierungsbank an und frage jetzt Frau StRin Sima, ob sie die zuständige Stadträtin für die Fußball-Europameisterschaft ist. In Anbetracht dessen, welche Probleme jetzt beim U-Bahn-Bau beginnen, befürchte ich nämlich, dass da noch viel Schlimmeres auf uns zukommt.

 

Meine Damen und Herren, vor allem von der SPÖ, die Sie ja sonst nicht so zurückhaltend sind mit der Inszenierung von Großereignissen! Hiebei geht es um die drittgrößte Fernsehveranstaltung der Welt, die im Jahr 2008 in Österreich stattfinden wird. Das ist eine unglaubliche Chance für Wien! Und ich frage mich, was hier betreffend die gesamte Fußball-Europameisterschaft bisher vorbereitet wurde. Wir werden in Wien sieben Spiele haben, drei Vorrundenspiele, ein Viertel-, ein Halbfinale und klarerweise das Finale. Ich habe mich jetzt ein bisserl in Deutschland umgehört, wo eine Fußball-Weltmeisterschaft veranstaltet werden wird, was es dort lange vorher an Vorbereitungen in den Städten gegeben hat, und habe erfahren, dass es in Städten wie Kaiserslautern und Nürnberg jahrelang vorher einen WM-Koordinator gegeben hat. Herr Hora! Sie werden dann reden: Wer ist der EM-Koordinator oder die EM-Koordinatorin für Wien?

 

Ich habe mich, wie gesagt, umgehört, und das hat mich von einer Abteilung zur nächsten geführt. Ich frage: Wer gibt zum Beispiel klare Auskunft über ein paar zusätzliche Verkehrsfragen? – Es stand etwa immer im Raum, dass es eine ÖBB-Verbindung vom Flughafen zum Stadion geben wird. Wen darf ich diesbezüglich fragen? Den abwesenden Verkehrsstadtrat? Den abwesenden Finanzstadtrat? Vielleicht – ich frage gerne – die Frau Umweltstadträtin? Noch einmal: Sind Sie diejenige, die auch die Vorbereitungen hauptsächlich verantwortet? Bist du der Herr Stadtrat, der das macht? – Die Frage ist also vollkommen offen, wer in Wien dafür zuständig ist, dieses unglaublich große Event vorzubereiten.

 

Ein Jahr vorher beziehungsweise im ganzen heurigen Jahr waren bereits Dutzende Fernsehteams in Deutschland, die Vorberichterstattungen gemacht haben. Das heißt, eine solche Situation kommt viel schneller als Chance auf uns zu, als wir das sehen, und ich frage mich, welche inhaltlichen Vorbereitungen Wien diesbezüglich getroffen hat. Ich formuliere es jetzt so: Welchen Stern, unter dem Wien steht, wollen Sie für die Berichterstattung in den Vordergrund stellen? – Ich nenne Ihnen nur ein Beispiel, welche Dimensionen das hat.

 

Ich habe mir die hoch gelobten, gut abgewickelten Olympischen Spiele in Sydney angeschaut. Man hat sich dort entschieden, dass es aus kulturellen Gründen wichtig ist, auch die Geschichte der Aborigines in den Vordergrund zu stellen. Ich habe mich ein bisserl umgehört, inwieweit Ähnliches zum Beispiel vom Kulturstadtrat in Anbetracht dessen in die Vorbereitung eingebunden wurde, dass schätzungsweise 7 000, 10 000 bis 20 000 internationale Journalistinnen und Journalisten in Wien sein und über Wien berichten werden. Was könnte die Stadt Wien in den Vordergrund stellen? – Ich mache jetzt, vielleicht nicht zu spät, einen Vorschlag: Das Thema Integration.

 

Ich verweise jetzt auf einen Vorfall, der vor einigen Tagen in Italien durch die Weltpresse gegangen ist, wo das Thema Rassismus auf dem Spielfeld besonders dramatisch ist: Sie kennen den Fall, in dem der Spieler Zoro von Messina, der von der Elfenbeinküste stammt, so lange mit “dreckiger Neger“ und entsprechenden Affenlauten beschimpft wurde, bis er die Courage hatte, den Ball zu nehmen, das Spielfeld zu verlassen und zu sagen: In diesem Stadion spiele ich so nicht.

 

Das geschieht auf allen Fußballfeldern der Welt. Es wäre doch eine Möglichkeit unter vielen, vielen, vielen zu sagen: Wir bereiten das Thema Integration in Wien vor und zeigen den Journalistinnen und Journalisten, dass das hier im Vordergrund steht und es entsprechende Maßnahmen gibt. Das Thema Nachhaltigkeit ist ein zweites, das Thema Verkehr ist ein drittes.

 

Ich komme zum Schluss: Was will die Stadt bei dieser Gelegenheit erreichen? Ich richte meine wesentlichste Frage an Herrn Hora, an Herrn Schicker, an Frau Sima, an den Herrn Bürgermeister, der ja ein Gespür für Fußball hat – das sage ich jetzt ohne Unterton –: Warum haben wir bis heute nicht einen Hauptverantwortlichen, der diese Bereiche koordiniert, damit uns so etwas mit der U-Bahn eben nicht passiert? Warum gibt es nicht jemanden, der sich um die Verkehrsbelange kümmert und der vor allem die wesentliche Chance erkennt und herausfindet: Was möchte Wien 1,5 Milliarden Menschen, die sich das anschauen werden, inhaltlich bieten?

 

Ich frage Sie: Wann wachen Sie hier endlich auf? Es ist Ende 2005. Wir sollten rasch etwas tun und anderen Ländern zeigen, dass man in dieser Hinsicht eine große Chance nutzen kann. Wie schaut es jetzt konkret aus? Und warum dämmert Wien da vor sich hin? – Danke schön! (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Vorsitzende GRin Inge Zankl: Herr Mag Gerstl, bitte.

 

GR Mag Wolfgang Gerstl (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Frau Vorsitzende! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

 

Ich kann das, was Kollege Chorherr hier ausgeführt hat, in vielen Bereichen unterstreichen. Zur Untermauerung dient eine Anfragebeantwortung des Herrn Bürgermeisters aus dem Jahr 2003. Am 3. April 2003 hat der Herr Bürgermeister erklärt, dass mit großer Sicherheit angenommen werden kann, dass 300 000 EM-Touristen nach Österreich kommen werden und dass das Endspiel am 29. Juni 2008 durchgeführt werden muss und durchgeführt werden wird. Er hat erklärt, dass ein UEFA-Hauptquartier eingerichtet werden wird, dass die Etablierung eines internationalen Broadcasting-Centers für alle Fernseh- und Rundfunkanstalten neben dem Pressezentrum beim Ferry-Dusika-Stadion erfolgen wird und dass Wien diesem Ereignis mit großer Erfahrung entgegensieht. – Dann heißt es aber: „Grundsätzlich muss Wien keine individuellen stadtplanerischen und städtebaulichen Voraussetzung zusätzlich schaffen, da Wien

 

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