Gemeinderat,
3. Sitzung vom 12.12.2005, Wörtliches Protokoll - Seite 19 von 105
Herr Vizebürgermeister, alle anderen Bundesländer
haben mehr Arbeitsplätze als vor wenigen Jahren. In Wien aber ist die Zahl der
unselbstständig Erwerbstätigen unter dem Stand des Jahres 1965! (GR
Kurt Wagner: Der Abbau der Arbeitsplätze im öffentlichen Dienst, Herr Kollege!
Das ist nicht spurlos vorüber gegangen!) Das ist etwas, auf das hinzuweisen
ist und hier liegt Ihr Versäumnis vor.
Herr Vizebürgermeister, Ihre Aufgabe ist es, als
Finanzstadtrat nicht zu relativieren, sondern zu handeln. Wir haben aus dieser
Rede nur das Relativieren herausgehört! (Beifall bei der ÖVP.)
Herr Vizebürgermeister, Sie relativieren, wenn es um
den Umgang mit der Arbeitslosigkeit geht. Sie jonglieren mit Zahlen und in
Wirklichkeit sind es lediglich Schulungsmaßnahmen, durch die der weitere
Anstieg der Arbeitslosigkeit etwas eingebremst wird, nicht mehr als
Schulungsmaßnahmen. Das ist die Realität! (Beifall bei der ÖVP. – Aufregung
bei den GRen Godwin Schuster und Martina LUDWIG.)
Herr Vizebürgermeister, Sie haben auch darauf
hingewiesen, welche Rolle der Bereich Gesundheit und Pflege für Wien spielt.
Man müsste eigentlich sagen, spielen sollte, und hier bringe ich ein Zitat:
„Doch nach wie vor vegetieren die Menschen isoliert, vereinsamt, abgestumpft
vor sich hin.“ Das sagt der Pflegeanwalt der Stadt Wien, Vogt, in der Hamburger
Zeitung “DIE ZEIT“. Das ist kein Renommee für Wien, für diese Stadt und für die
sozialdemokratische Stadtregierung. (Beifall bei der ÖVP.)
Auch bei der Pflegemilliarde haben Sie nicht
gehandelt, sondern relativiert. Dabei handelt es sich um nichts anderes als um
das Einhalten eines Wortes, das der Wiener Bürgermeister gegeben hat. Ein
amerikanischer Präsident wurde einmal an den “Read my lips“ gemessen. Wir
warten noch immer auf das Einhalten dieses Wortes des Wiener Bürgermeisters und
nicht auf das Relativieren. (Beifall bei der ÖVP.)
In diesem Bereich sieht man, wie sehr die
Sozialdemokratie als eine Partei, die sich einmal auch als soziales Gewissen
verstanden hat, und durchaus ihre historischen Verdienste für diese Stadt hat,
im Sozialen abgetreten ist. Es ist bezeichnend, wenn der Herr Vizebürgermeister
den Hinweis auf Personalreduktion hier nicht bringt, nicht erkennt oder nicht
erkennen will - er ist ja viel zu klug, um das nicht erkennen zu können -, dass
es um Reformen geht und wir Strukturmaßnahmen brauchen. Daher ist in diesem
Zusammenhang der Hinweis auf die Landeslehrer, also das Vermengen von Äpfel und
Birnen, ein Hinweis darauf, dass die SPÖ gar nicht bereit ist, über
Strukturmaßnahmen in der Verwaltung dieser Stadt nachzudenken. (Beifall bei
der ÖVP.)
Und es ist entlarvend, wenn es dann einen Hinweis auf
die VOEST gibt, die VOEST, die vor 20 Jahren als Paradeunternehmen von der
damaligen sozialistischen Bundesregierung in ein Debakel hineingezogen worden
ist, aus dem die Verstaatlichte sich bis zum Antritt der Regierung Schüssel
nicht herauswinden konnte. Das ist die Realität sozialistischer
Wirtschaftspolitik. (Beifall bei der ÖVP.)
Herr Vizebürgermeister, wir haben etwas vermisst. Wir
haben etwas vermisst bei dieser dauernden Aufzählung von "der Bund ist
schuld", nämlich ein Zitat, das natürlich nur in ausländischen Zeitungen
zu finden ist. Da hat nämlich Ihr Bürgermeister in der "Zeit" davon
gesprochen, dass Wien im Gegensatz zu den deutschen Städten nicht ausgehungert
wird. Das hätte auch dazu gehört zu einer ehrlichen Budgetrede, dass Sie das
hier gesagt hätten. (Beifall bei der ÖVP.)
Doch wir haben immer das gleiche Lamento gehört. Wir
haben nichts davon gehört, dass mehr als 50 Prozent des Budgets Wiens vom
Bund getragen wird. Ob das die Ertragsanteile an den Bundesabgaben betrifft, ob
das die laufenden Transferleistungen betrifft, ob das die Landeslehrer
betrifft, das zahlt alles der Bund. Aber das registrieren Sie offensichtlich
nicht einmal und Sie sprechen immer nur vom bösen Bund. Sie tun das gemeinsam
mit den GRÜNEN und bereiten hier offensichtlich eine rot-grüne Koalition für
Österreich vor. Und was eine rot-grüne Koalition bedeutet, das haben wir jetzt
in Deutschland gesehen. Da ist eben die Situation gegeben, dass die Städte
ausgehungert wurden. Das ist rot-grüne Wirtschaftspolitik. (Beifall bei der
ÖVP.)
Rot-grüne Wirtschaftspolitik ist, dass es in den
letzten Jahren in Deutschland keine Pensionserhöhung gegeben hat. Rot-grüne
Wirtschaftspolitik ist das Schlechteste für die Sozialpolitik eines Landes.
Worum es heute ginge, wäre, einen neuen Anfang zu
setzen zu Beginn einer Legislaturperiode, Chancen zu nutzen, Probleme zu lösen.
Nur, nicht einmal die Weiterplanung der U-Bahn-Linien, der U-Bahn-Trassen, die
Verhandlungen mit dem Bund werden geführt, selbst das vernachlässigt diese
Wiener Stadtregierung.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, und was tut
Wien gerade zu einem Zeitpunkt, zu dem Österreich den Vorsitz in der EU
übernimmt? Was tut Wien, was tut die Stadtregierung, um tatsächlich Wien einen
besonderen Stellenwert in der ganz besonderen geopolitischen Lage im Bereich
Mittel- und Osteuropa zu geben, was tut Wien, damit es dem nacheifert, was die
Finanzdienstleister, viele Klein- und Mittelbetriebe, Industriebetriebe
Österreichs, in Mittel- und Osteuropa tun? Außer einer Ankündigung,
Presseaussendungen, tut sich nichts, und dabei wäre das eine wichtige Ergänzung
zu dem, was die österreichische Bundesregierung im nächsten halben Jahr für
Österreich und Europa tut.
Einige von Ihnen waren ja vorletzte Woche in Brüssel
mit und haben gehört, wie dort der SPÖ-EU-Abgeordnete Ettl ganz klar und
deutlich gesagt hat, welche Hoffnung die Europäer auf Wolfgang Schüssel setzen,
welche Hoffnung auch die Europäer auf die österreichische Regierung setzen nach
dem erbärmlichen Halbjahr, das die Labour-Regierung Englands geboten hat. Und
hier wäre es auch Aufgabe Wiens, einen Beitrag zu leisten. Hier wäre es die
Aufgabe, das ergänzend zu tun, und Wien hat die Chancen, Wien müsste sie nur
nutzen.
Was geschieht mit diesem Budget, meine sehr geehrten Damen
und Herren? Dieses Budget, dieser
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