Gemeinderat,
3. Sitzung vom 12.12.2005, Wörtliches Protokoll - Seite 28 von 105
Wohnen, ob
es die Fonds sind, ob es die Anstalten in den Wiener Museen sind oder aber
Kapitalgesellschaften, wie eben die Stadtwerke oder die Holding. Überall gibt
es möglichst wenig Einblick und möglichst wenig Kontrollrechte, der Gemeinderat
erhält keine Durchsicht.
Ein besonderer Höhepunkt ist natürlich der Fonds
Soziales Wien. Bedauerlicherweise ist das die letzte Ausgliederung und hier
wurde ziemlich total vorgegangen. Alle sozialen Dienstleistungen sind der
Kontrolle des Gemeinderates entzogen und die Opposition hat hier und heute
keine Information über die Höhe des Sozialbudgets, mit dem einfachen Trick
nämlich, dass das Budget des Fonds meist erst kurz vor Jahreswechsel beschlossen
wird und allfällige Informationsbrocken die Opposition bestenfalls in Jänner
erreichen werden.
Zur laufenden Budgetdebatte jedenfalls steht uns ein
wesentlicher Teil der Ausgaben der Stadt, in Zahlen fundiert, nicht zur
Verfügung. Der Beirat des Fonds hat nicht wesentliche Rechte, keine
satzungsmäßigen Rechte, worin wir einen klaren Verstoß gegen die Rechte der
Budgethoheit des Gemeinderates sehen.
In anderen Fonds, die früher gegründet wurden, dem
Wirtschaftsförderungsfonds, dem Wiener Arbeitnehmer Förderungsfonds, gibt es
dagegen sehr wohl für die Oppositionsparteien Anwesenheits- und Stimmrecht in
den budgetbeschließenden Organen, im nunmehr ausgegliederten Fonds Soziales
Wien leider nicht.
Das ist gegen das Bundesvergaberecht, natürlich gegen
die Budgethoheit des Gemeinderats und damit gegen den Geist demokratischer
Mitbestimmung in diesem Haus. Und so schaut der demokratische Geist der
Rathausmehrheit aus. (Beifall bei der FPÖ.)
Und hier ist gewiss dringende Abhilfe nötig, die
Rechte der gewählten Volksvertreter, die Budgethoheit des Hohen Hauses, müssen
wieder verstärkt und wieder aufgebaut werden, etwa wie vorher gesagt, durch
Berichte der Finanzpläne.
Eine laufende Berichterstattung in Form von
Quartalsberichten ist eine demokratische Mindestforderung. Jeder Aktionär, der
privaten Aktienbesitz eines börsenotierten Unternehmens hat, hat solche
Informationsmöglichkeiten.
Der Wiener Gemeinderat, der letzten Endes der
Vertreter der Eigentümer dieser Vermögenswerte ist, hat sie nicht. Auch die
Finanzpläne sollten selbstverständlich sein, sie waren es auch, denn wir haben
bis 1997 solche gehabt. In anderen Bundesländern, auch im Bund, gibt es
sie natürlich und sie sind ein wesentlicher Faktor für die Stadtregierung als
Steuerungselemente, als Steuerungsinstrumente, die den notwendigen
Handlungsbedarf in der Zukunft ersichtlich machen. Und auch in Wien wäre eine
Rückkehr zu diesem Instrument von Wert, natürlich für die Dauer von fünf
Jahren, wie es früher immer der Fall gewesen ist, das heißt also, für die Dauer
einer Legislaturperiode. Quartalsberichte und Finanzpläne sind sachlich notwendig
und sie dienen der Wiederherstellung der Budgethoheit des Gemeinderates.
Ich fordere die Sozialdemokraten auf, diesen
selbstverständlichen demokratischen Gepflogenheiten wieder ihr Recht zukommen
zu lassen. (Beifall bei der FPÖ.)
Ich
darf noch kurz, wenn es die Zeit erlaubt, auf einen Artikel eingehen, der in
der "WELT" am Donnerstag, dem 8., und Freitag, dem 9. September
erschienen ist, von Peter Schneider, einem Schriftsteller, über türkisches
Zwangsheiraten, islamisches Patriarchat und die Hilflosigkeit der Behörden, was
das deutsche Integrationsmodell betrifft. Ich darf kurz zitieren. Ich werde
nicht zu lange zitieren, nur ein bisschen: „Nach Angaben von türkischen
Anwältinnen werden jährlich Tausende von jungen in Deutschland lebenden
Türkinnen zwangsverheiratet, Tausende von jungen Türken werden mit so genannten
Importfreunden versorgt und wenn sich jemand gegen diese Handlung widersetzt,
muss er zum Teil wieder untertauchen, weil er sich der Rache der Familie
entziehen muss. Und zur Routine der Zwangsheirat moslemischer Mädchen kommt
eine weitere Variante: Der Import von Frauen aus der Türkei. Ein Institut für
Sozialforschung in Dänemark schätzt, dass 90 Prozent der in Dänemark
lebenden Moslems in den letzten Jahren mit Importfreunden verheiratet waren.
Eine niederländische Studie beziffert diese Zahlen mit ungefähr 70 Prozent
und mit jedem Import wächst natürlich die Zahl." Schneider sagt des
Weiteren: „Inzwischen können türkische Männer, die nach den Regeln der Sharia
heiraten und leben wollen, in Berlin dies weitaus unbehelligter tun als in
Istanbul." - Eine ganz interessante Bemerkung. - „Es zeigt sich, dass eine
jahrzehntelang verschleppte Integrationspolitik", hier bezogen auf die
Bundesrepublik Deutschland, „nur eine Seite des Problems darstellt. Die andere
Seite besteht in der aktiven Verweigerungshaltung eines Teils der moslemischen
Gemeinschaft. Die Attentate, im Vergleich zu den liberalen Gesellschaften wie
in England oder in den Niederlanden, zeigen, dass die Gewährung der Bürgerrechte
nur Voraussetzung, aber keinesfalls eine Garantie für die kulturelle
Einbürgerung moslemischer Muslime ist."
Er geht dann auf den Moslemunterricht in Berlin ein,
der von Berlin bezahlt wird, wo man nicht weiß, in welcher Form dieser
stattfindet und ob nicht letzten Endes in einem Teil dieser Einrichtungen zum
Hass auf die Gesellschaft in Deutschland aufgerufen wird. Ganz extensiv klagen
die beiden Anwältinnen auf alle Fälle die deutschen Gutmenschen, nennen sie
sie, an, dass sie die moslemischen Frauen im Stich gelassen haben und sie
fordern sie auf, bei ihren Schwärmereien über Kreuzberg und Neuköln die
eingesperrten Frauen hinter den geschlossenen Fenstern nicht zu vergessen.
Ich glaube, wir stellen uns natürlich die Frage in
Wien, in welchem Ausmaß das auch auf uns zutrifft. Was in Holland, in Dänemark
oder in Berlin in Deutschland passiert, wird in irgendeiner Form, wie ich
glaube, in ähnlichem Ausmaß auch in Wien stattfinden. Das ist für mich keine
Frage. Ohne Prozentsätze von Zwangsehen in irgendeiner Form einschätzen oder
vermuten zu wollen, viel anders ist Wien mit Sicherheit nicht.
Was bedeutet dann in diesem
Zusammenhang die Politik der StRin Wehsely, wenn sie die Politik der
Gleichrangigkeit von Lebensformen vertritt, die
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