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Gemeinderat, 3. Sitzung vom 12.12.2005, Wörtliches Protokoll  -  Seite 33 von 105

 

und getrennt nach Bundesländern durchgeführt habe. Wäre nämlich die Arbeitslosenquote Wiens im Durchschnitt der anderen acht Bundesländer, dann hätten wir eine Arbeitslosenquote von 6 Prozent statt von 10 Prozent. Nach dem Eurostat-Modell wäre Österreich damit mit 4,2 Prozent Arbeitslosigkeit die Nummer 1 in Europa. Wien hätte um 33 000 Menschen mehr in Beschäftigung, wenn Wien den Anschluss an die anderen acht Bundesländer in Österreich schaffen würde. Wien macht also auch den Bund dadurch arm, denn Wien verbraucht aus dem Budget des Beschäftigungsförderungsgesetzes 90 Millionen EUR. Das sind um zwei Drittel mehr als das vergleichbare Land Oberösterreich. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Wien duelliert sich also um den letzten Platz aller neun Bundesländer und konkurriert mit dem ehemaligen Ziel-5-Gebiet, dem Burgenland. Meine Damen und Herren, während in ganz Europa die Metropole eine geringere Arbeitslosigkeit und ein höheres Wirtschaftswachstum als ihr Umland hat, ist Wien auch hier anders. Wien verliert an Niederösterreich, verliert an Bratislava, verliert an Oberösterreich, verliert gegenüber allen anderen Bundesländern im wirtschaftlichen Vergleich um Wirtschaftswachstum und Arbeitsplatzsicherheit.

 

Vor wenigen Tagen habe ich mit Rektoren der oberösterreichischen Universitäten diskutiert. Wenn Wien so weiter macht, wird es notwendig werden, die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler von Wien nach Oberösterreich pendeln zu lassen, denn dort gibt es ein Wirtschaftswachstum, das in den kommenden Monaten und Jahren Zuzug auf allen Qualifizierungsebenen brauchen wird, um nicht in die Gefahr der Rezession aus Mangel an Arbeitskräften zu kommen.

 

Während der Bund 90 Prozent der Wiener Forschungsquote finanziert, spart Wien auch heuer wieder in der Wissenschaft und Forschung und verringert, Herr Vizebürgermeister, den Budgetansatz in Wissenschaft und Forschung weiter. Wien hätte von seinem Potential, da gebe ich Ihnen Recht, bevor Sie gehen, die Chance, die europäische Bildungs- und Forschungsstadt zu werden. Der Bund finanziert allein aus diesen Mitteln 1,5 Milliarden EUR für Universitäten und Forschung nur in Wien. Was würden Sie ohne Bund in dieser Stadt tun?, frage ich Sie an dieser Stelle. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Wien verweigert damit, meine Damen und Herren, die Übernahme der Verantwortung für den Lissabon-Prozess. Selbst bei Herausrechnung aller Infrastrukturkosten und aller Kosten der universitären Lehre aus dem Bundesbudget ergibt sich immer noch, dass nur 10 Prozent der Forschungsmittel, die Wiener Forschungseinrichtungen erhalten, durch diese Stadt finanziert werden. Sie hätten die Möglichkeit, das Zusatzbudget zu verdoppeln. Tun Sie es doch! Noch lässt es sich korrigieren!

 

Wien ist also von seinem wirtschafts- und wissenschaftspolitischen Selbstverständnis nicht mehr im Wettbewerb mit den größten Städten Europas und der Welt, sondern mit Bratislava, Bad Fischau und ganz Burgenland. Dafür behalten wir eine Präsidentin des Wiener Stadtschulrats, die der Stadt als Schulerhalter jährlich viel Geld erspart, weil sie lieber Klassenräume überfüllt und Schulstandorte schließt, anstatt professionell zu planen. 22 Schülerinnen und Schüler pro Klasse - ich wiederhole es noch einmal - wären jene Form von Migrationspolitik, die unseren Kindern und Jugendlichen die Chance gäbe, tatsächlich erfolgreich am Wiener Arbeitsmarkt zu bestehen. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Erfolgreiche Wiener Migrationspolitik heißt, letztes Kindergartenjahr gratis, heißt, kompetentes Deutsch als Zweitspracheausbildungen, heißt, Qualitätsvereinbarungen mit Kindergärten und Schulen, heißt, die Steigerung des Erwachsenenbildungsbudgets statt Kürzung, Herr Vizebürgermeister, des Budgets der Wiener Volkshochschulen. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Meine Damen und Herren, alle Fraktionen waren im Wahlkampf Mitwirkende eines ausgezeichneten Projekts in politischer Bildung in den Wiener Berufsschulen. Die Wiener SPÖ war als einzige sogar doppelt besetzt. (GRin Martina LUDWIG: Na bitte!) Zum Abschluss der Woche hat uns der zuständige Landesschulinspektor gebeten, die Berufsschulen im Gemeinderat nicht zu vergessen. Meine Damen und Herren, das Gedächtnis der beiden Abgeordneten der Wiener SPÖ hat nicht bis zur Budgetdebatte angehalten, denn für die Berufsschulen, die Schülerinnen und Schüler, die Lehrerinnen und Lehrer ist keine bessere Situation für 2006 in diesem Budgetantrag erkennbar. Wer also doppelt im Wahlkampf auftritt, vergisst doppelt so schnell in der Budgetdebatte! (Beifall bei der ÖVP.)

 

Ich darf Sie, sehr geehrte Damen und Herren, darauf aufmerksam machen, dass gerade bei den Berufsschulen im Zuge der Kompetenzverteilung zwischen Bund, Land und Gemeinden die Stadt Wien uns am besten zeigen könnte, wie sie ihr Bildungsbudget steigert und wie wichtig ihr Bildung ist. Neue Medien, moderne Ausbildungsgesetze, zeitgemäßer Einsatz neuer Unterrichtsmittel wären einige Bespiele für das, was Wien seinen Berufsschülerinnen und -schülern, aber auch allen Pflichtschülerinnen und Pflichtschülern bieten könnte. Aber auch hier ist Wien genau fünf Jahre hinter dem Bundesland Oberösterreich, das es bereits vor fünf Jahren geschafft hat, mit dem Education Highway alle Pflichtschulen, alle Pflichtschülerinnen und Pflichtschüler in eine große Unterrichtsevaluation und Unterrichtsinnovation mit neuen Medien zu integrieren. Nehmen Sie sich ein Beispiel am Education Highway Oberösterreich und vergleichen Sie den mit den Wiener Budgetmitteln, verteilt auf viele einzelne Träger, wo viele Euro die Donau hinunterrinnen. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Diese Wiener Stadtregierung schmückt sich auch mit fremden Federn in der Lehrlingsentschädigung. So hat sie sich in der "Kronen Zeitung" für das Lehrlingsbudget und die Lehrlingsförderung der Bundesregierung bejubeln lassen. Dabei beträgt, wie Sie erwähnt haben, auch heuer wieder das Wiener Budget gerade 12 Millionen EUR für die Lehrlingsförderung. Dieses Mangelbudget wird also auch in der Bildungszukunft für 2006 fortgesetzt.

 

Ich darf Ihnen zum Abschluss daher sagen, Watzlawick'sche Aktion, was diese Stadtregierung über die

 

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