Gemeinderat,
4. Sitzung vom 14.12.2005, Wörtliches Protokoll - Seite 11 von 119
eines würdigen Wiener Beitrags zum Jubiläumsjahr hervorragende Arbeit. So wurde eine sehr bemerkenswerte Ausstellung in Moskau, die die russische Besatzung in Österreich nachzeichnete und eine Ausstellung, die sich ebenso wie die Sinalco-Epoche im Wien-Museum mit einem alltags- und sozialgeschichtlichen Thema auseinander setzt, der Öffentlichkeit vorgestellt.
Das Stadt- und Landesarchiv hat mit einer Ausstellung
der Geschichte der Kinder vom Spiegelgrund, der Opfer der so genannten
Euthanasie, eines der dunkelsten Kapitel der NS-Zeit überhaupt, berührt.
Besonderes Augenmerk verdiente dabei das Begleitprojekt zur aktiven Einbindung
von Wiener Schülern und Schülerinnen.
Im Jüdischen Museum war eine Ausstellung mit dem
Titel "Jetzt is’ er bös, der Tennenbaum." zu sehen. Im Rahmen dieser
didaktisch hervorragend aufbereiteten Schau wurde nicht nur auf die
antisemitische Grundhaltung in der österreichischen Gesellschaft verwiesen,
sondern auch auf jahrzehntelange parteipolitische ideologische Unaufrichtigkeit,
historisches Unbewusstsein beziehungsweise bewusste Verdrängung der Geschichte.
Last but not least sei hier eine ganz besondere
Ausstellung erwähnt, die in meiner Geschäftsgruppe entwickelt wurde und die
einzigartig in Europa, wenn nicht weltweit, ist. Die Ausstellung
"Geheimsache Leben" setzt sich mit der Verfolgung der Homosexuellen
in der nationalsozialistischen Zeit, aber auch mit der Diskriminierung von
Schwulen und Lesben im 20. Jahrhundert ganz generell auseinander. Sie ist
sehr gelungen und ich lade Sie alle gerne zu einem Ausstellungsbesuch ein, so
Sie das noch nicht getan haben. Das Projekt läuft noch bis 8. Jänner.
Neben den hier genannten größeren
Ausstellungsprojekten fanden in den letzten Monaten nicht zuletzt zahlreiche
Lesungen, Symposien und Veranstaltungen statt. Die Wiener Vorlesungen zogen
beispielsweise Bilanz über Entwicklungen und Zäsuren der Geschichte der Zweiten
Republik, wobei sich der Bogen von Gesellschaft und Politik bis hin zu Kultur
und Alltag spannt. Zu all diesen Veranstaltungen und Ausstellungen ist es den
Kultureinrichtungen der Stadt Wien gut gelungen, Publikum anzuziehen und dazu
ist von dieser Stelle aus zu gratulieren.
Meine Bilanz aus kultureller Sicht ist also, das wird
Sie nicht wundern, sehr eindeutig. Eine breite Palette hervorragender
Vermittlungs- und Infrastrukturprojekte in Wien leisteten einen entscheidenden
Anteil für die gelungene Reflexion, viel mehr noch jedoch - und hier ist Wien
eben doch anders -, für eine in die Zukunft gerichtete Auseinandersetzung mit
den Fundamenten unserer Republik.
Vorsitzende GRin Inge Zankl: Danke, Herr Stadtrat.
1. Zusatzfrage, Herr GR Mag Ebinger.
GR Mag Gerald Ebinger
(Klub der Wiener Freiheitlichen): Sehr geehrter Herr Stadtrat!
Mit dieser globalen Aussage bei der Frage, Herr
Stadtrat, welche Bilanz ziehen Sie aus kultureller Sicht über das
Gedenkjahr 2005, glaube ich, haben wir eine neue Dimension in der
Fragestunde erreicht.
Ich frage mich jetzt ernsthaft, glauben Sie, es hat keiner
bemerkt, dass hier irgend welche Aktivitäten waren? Oder sind sie vielleicht
nicht richtig gewürdigt in Ihren Augen, dass man das jetzt extra von Seiten der
SPÖ, also quasi von sich selbst, herausstellen muss, und dass Sie sich also
selbst fragen, was Sie denn Großartiges geleistet haben in diesem Gedenkjahr?
Vielleicht könnten wir in Zukunft sogar dazu
übergehen, dass die MA 7 - dort sind ja sehr gescheite Leute -, die
Beamten das gleich in ihre Aktenstücke einbauen, dass man quasi gewisse Fragen allgemeinerer
Natur dann an die Stadträte richten kann, wie zum Beispiel: Herr Stadtrat,
wiederholen Sie doch bitte einmal mit eigenen Worten die Erfolgsstory des
Rabenhofes, oder teilen Sie uns doch mit, wie sich die Stadt…
Vorsitzende GRin Inge Zankl (unterbrechend): War das jetzt schon die
Frage?
GR Mag Gerald Ebinger (fortsetzend): Nein, ich komme sofort
dazu.
Vorsitzende GRin Inge Zankl: (unterbrechend): Bitte, eine Frage.
GR Mag Gerald Ebinger (fortsetzend): Teilen Sie uns doch ganz
kurz mit, wie Sie mit so wenig Mitteln, nämlich nur mit
45 Millionen EUR, die dringend notwendige Renovierung des Ronacher
bewerkstelligen können, oder vielleicht das Letzte, entschuldigen Sie, Frau
Vorsitzende, wie wäre es denn, in kurzen Worten ein Resümee über die herausragenden
Leistungen der letzten Legislaturperiode zu geben? (Amtsf StRin Mag Sonja Wehsely: Sind Sie schon fertig?) Vielleicht
könnte man überhaupt dazu übergehen, dass nur mehr die SPÖ die ersten fünf
Fragen stellt, dass wir uns nur mehr Beweihräucherungen anhören können, nämlich
abgelesene Beweihräucherung.
Vorsitzende GRin Inge Zankl (unterbrechend): Bitte jetzt die Frage!
GR Mag Gerald Ebinger (fortsetzend): Ich möchte Sie fragen,
Herr Stadtrat. Ich bin ja schon fertig.
Vorsitzende GRin Inge Zankl (unterbrechend): Sie missbrauchen die
Geschäftsordnung, Herr GR Ebinger.
GR Mag Gerald Ebinger (fortsetzend): Eine ganz kurze Frage:
Bei aller persönlichen Wertschätzung, ist Ihnen das nicht ein bisserl peinlich?
(Heiterkeit bei der FPÖ.)
Amtsf StR Dr Andreas Mailath-Pokorny:
Eine ganz kurze Antwort: Nein. Aber das, was Sie gerade gefragt haben und sich
offensichtlich darüber lächerlich machen, was in dem Gedenkjahr geschehen ist
und dass man darüber spricht, das ist mir peinlich. (Beifall bei der SPÖ.)
Vorsitzende GRin Inge Zankl: Die
2. Zusatzfrage wird von Frau GRin Mag Ringler gestellt.
GRin Mag Marie Ringler (Grüner Klub
im Rathaus): Sehr geehrter Herr Stadtrat!
Sie haben jetzt in schönen Worten all jene
Veranstaltungen beschrieben, die durchaus ihre Meriten haben. Es sind aber auch
weniger erfreuliche Dinge und Vorfälle in diesem Gedenkjahr und in diesem
Gedankenjahr vorgekommen, auch im Einflussbereich der Stadt Wien.
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