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Gemeinderat, 4. Sitzung vom 14.12.2005, Wörtliches Protokoll  -  Seite 32 von 119

 

Mitglieder der FPÖ im Gemeinderat, zumindest fast alle männlichen, Mitglieder der deutschnationalen schlagenden Burschenschaften sind und die "Olympia" immer einen Hauptfeind gehabt hat - das sind die Franzosen, was immer das auch heißen mag, es geht also gegen die Franzosen -, dann kann ich mir schon vorstellen, dass die FPÖ keine Freude hat, wenn eine österreichisch-französische Co-Produktion fünf europäische Filmpreise gewinnt. Wir freuen uns darüber, weil wir in einem großen Europa, in einem weltoffenen Europa leben. Die FPÖ lebt in kleinen, verstunkenen Buden, und dort gehören sie auch hin. (Beifall bei der SPÖ und von GRin Mag Marie Ringler.)

 

Weil Kollege Stefan sagt, dass eine Schwalbe keinen Sommer macht: Wir haben unzählige Filmpreise in den letzten Jahren gewonnen, das ist Ihnen vielleicht gar nicht bewusst geworden. Ich kann sie jetzt nicht alle aufzählen, Elisabeth Vitouch könnte Ihnen das ganz genau sagen. Aber wenn eine österreichisch-französische Co-Produktion in Berlin den Europäischen Filmpreis in fünf Kategorien gewinnt, dann kann man nicht sagen, dass das eine Schwalbe ist. Das ist eine ganze Vogelschar, die da sozusagen über uns gelandet ist. Der Produzent ist übrigens ein Österreicher, Veit Heiduschka, und er hat bei der Preisverleihung gesagt, dass das alles nur möglich ist, weil er zehn Jahre lang vom Wiener Filmfonds gefördert worden ist. Das ist ein langer Prozess, und das ist sehr wohl eine österreichische Produktion, mit einem österreichischen Produzenten, und der Großteil der Filmproduktion ist in Wien gedreht worden.

 

Das heißt auch, dass von den Mitteln, die wir einsetzen, ein siebenfacher Brancheneffekt zu verzeichnen ist. Wenn es solche Filme nicht geben würde, die in Wien, in unseren Rosenhügelstudios produziert werden, dann würde es auch die anderen, vielleicht nicht ganz so prominenten und erfolgreichen Filme in dieser Stadt nicht mehr geben. Aber jedenfalls war die FPÖ immer gegen alle Filmförderungen, da hätte es mich ohnehin gewundert, wenn Sie sich freuen, weil ein Film gewinnt, der aus der Wiener Filmförderung gekommen ist.

 

Nun zum Kollegen Wolf: Es wäre wirklich gut, wenn Sie sich hin und wieder ein bisschen informieren würden. Ich sage jetzt, Marboe war nicht unbedingt mein bester Freund, das wissen alle hier, nur, unter uns gesagt, ausgekannt hat er sich, das muss man sagen. Auch Andreas Salcher geht mir wirklich ab, weil er erstens rhetorisch brillant und zweitens inhaltlich kompetent war. Das könnten Sie sich jetzt noch anzueignen versuchen.

 

Nur, unter uns gesagt: Andreas Mailath-Pokorny vorzuwerfen, dass er sich nicht eingearbeitet hat, das ist wirklich einfach lächerlich! Andreas Mailath-Pokorny hat die größten Reformen in der Kulturverwaltung der Stadt Wien in den letzten Jahren durchgeführt, und wir haben unter anderem auch damit eine Wahl gewonnen, wir sind jetzt um drei Mitglieder im Gemeinderat stärker. Worauf Sie das begründen, dass wir nicht erfolgreich wären, weiß ich nicht. (Beifall bei der SPÖ. - StR Dr Johannes Hahn: Ernstl, das glaubst aber selber nicht!)

 

Dass Sie sich aber offensichtlich nicht informieren, das sollten Sie einmal sehen, wenn sie sich zum Beispiel die Positionen zum Musical anschauen. Peter Marboe hat mehr als vier Jahre Zeit gehabt, beim Musical und bei den Vereinigten Bühnen Wien alles zu verändern, und er hat überhaupt nichts verändert. Es ist dort alles genauso weitergelaufen, weil er auch gesehen hat, dass das notwendig ist. Wir haben zwei Musical-Häuser in dieser Stadt, die ein großartiges Programm machen, wobei es immer noch passieren kann, dass eine Produktion schief geht. Aber, unter uns gesagt, 1,8 Millionen Besucher für "Elisabeth" sind ja auch nicht etwas, was man einfach wegwischen kann.

 

500 000 Menschen gehen jedes Jahr ins Musical und kaufen sich dort Karten. Das ist ein so wichtiges Segment, dass Sie sich hier nicht einfach herstellen können, nachdem Sie vielleicht zum ersten Mal versucht haben, sich irgendwie in Kultur einzulesen, und hier nicht einfach sagen können: Das brauchen wir alles nicht. Da geht es um Hunderte Arbeitsplätze - um 700 Arbeitsplätze -, da geht es um 80 hochrangige Orchestermusiker-Arbeitsplätze, und Sie stellen sich her: Das brauchen wir alles nicht. So gesehen, würde ich meinen, Sie sollten versuchen, sich ein bisschen zu informieren.

 

Genau dasselbe gilt für die Rahmenbeträge. Die Rahmenbeträge sind ja tatsächlich keine Erfindung des Andreas Mailath-Pokorny, die hat es immer schon gegeben. Vor allem hat es das auch bei Peter Marboe gegeben. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Peter Marboe hat sich dafür auch eine Studie machen lassen, gemeinsam mit der Stadtregierung, nämlich die berühmte Arthur D Little-Studie. Die hat damals festgestellt, was die Effizienz der Arbeitsweise des Magistrats betrifft, dass ausdrücklich vorgeschlagen wurde, Rahmenbeträge zu machen und daher die Effizienz des Magistrats zu steigern. (GR Dr Matthias Tschirf: ...bei den Rahmenbeträgen!)

 

Sie regen sich auf, dass wir Almosen verteilen; dieses Argument ist natürlich auch ein bisschen lächerlich. Denn erstens einmal vergeben wir keine Almosen, sondern wir beschließen hier im zuständigen Gremium der Stadt Wien, im Gemeinderatsausschuss, die Gemeinderats-Kulturfinanzierungen - nicht Förderungen, sondern Kulturfinanzierungen -, damit das großartige kulturelle Leben in dieser Stadt überhaupt möglich ist, von den ganz Großen bis zu den ganz Kleinen. Alles wird da diskutiert, und meine Kolleginnen und Kollegen fragen sich schon, warum es immer so viele Akten zur Kultur gibt.

 

Sie sagen, der Stadtrat vergibt willkürlich Almosen. Wir beschließen jeden einzelnen Antrag ohnehin schon hier im Gemeinderat und im Gemeinderatsausschuss! Wir haben die meisten Akten von allen Geschäftsgruppen, und Sie sagen, das ist eine Alleinentscheidung des Herrn Stadtrates. Da haben Sie sich also offensichtlich auch noch nicht ganz in diesem Haus zurechtgefunden.

 

Was Ihnen vielleicht nicht passt, ist, dass Wien überhaupt in Kultur investiert, das unterscheidet uns nämlich radikal. Wien investiert in die Kultur, weil das unsere Kernkompetenz ist, ganz im Gegensatz zum Bund: Der hat in den letzten fünf Jahren die Förderungen für Kunst und Kultur um ein Drittel reduziert. Wir müssen als

 

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