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Gemeinderat, 4. Sitzung vom 14.12.2005, Wörtliches Protokoll  -  Seite 37 von 119

 

heißt, um eine Kulturinitiative, die das österreichische Kulturgut vermittelt.

 

Zum Ersten beschäftigt sich der Verein Orpheus Trust mit der Erforschung und Dokumentation der aus Österreich vertriebenen Musikschaffenden. Da ist es richtig, dass mittlerweile auch viel gesammelt wurde, 11 500 Werke wurden zusammengetragen, 250 Oral-History-Interviews von Musikerinnen und Musikern, die diese Zeit erlebt haben, aber von den Nazis vertrieben worden sind, wurden gesammelt.

 

Zum Zweiten hat sich Orpheus Trust in den letzten Jahren sehr intensiv mit einem sehr umfassenden Beratungs- und Informationsaustausch beschäftigt. Die Kollegin Ringler hat das schon angesprochen. Es werden pro Jahr rund 300 wissenschaftliche Anfragen aus dem In- und Ausland gestellt, und es werden in der Tat auch eine ganze Reihe von Non-Profit-Auftritten und Veranstaltungen organisiert, wo Musikerinnen und Musiker das kulturelle Schaffen österreichischer Künstler dieser Zeit vermitteln.

 

Zum Dritten beschäftigt sich Orpheus Trust mit der Veranstaltungstätigkeit. Hier möchte ich nur zwei anführen, weil sie mittlerweile auch weit über unsere Grenzen hinaus bekannt geworden sind, nämlich das Fritz-Spielmann-Festival oder auch die Masterclasses mit Karl-Ulrich Schnabel an den Musikuniversitäten Salzburg und Graz.

 

Ich habe diese Ebenen deshalb jetzt etwas ausführlicher dargestellt, weil es ganz deutlich macht, dass Orpheus Trust eine weit über Wien hinausgehende Aufgabenstruktur hat, eine große Verantwortung empfindet und Künstlerinnen und Künstler aus dem österreichischen Kulturleben in Erinnerung bringt. Deshalb muss man auch festhalten, dass es sich dabei um eine österreichische Aufgabe handelt, um eine Aufgabe, die auch von Seiten der Bundesregierung wahrzunehmen ist.

 

Wenn man sich anschaut, wie die Subventionsstruktur sich in den letzten Jahren entwickelt hat, dann wird man sehen, dass die Stadt Wien mit mehreren Aufstockungen jetzt bei einer Subventionshöhe von 73 000 EUR angelangt ist, während der Bund, also Staatssekretär Morak, auch im Gedenkjahr nur 30 000 EUR pro Jahr zur Verfügung stellt. Man sollte schon darauf hinweisen, dass wir uns als Stadt Wien sehr wohl zum österreichischen Kulturerbe und zur österreichischen Tradition bekennen, dass es natürlich vorrangig auch eine Aufgabe der zuständigen Ministerien, Staatssekretariate und der Bundesregierung ist, dass wir aber als Stadt Wien sehr wohl einen ganz wesentlichen, auch finanziellen, Beitrag dazu leisten.

 

Deshalb werden wir diesem Antrag zustimmen, der 73 000 EUR vorsieht, und damit den mit Abstand größten Subventionsbetrag, den der Verein Orpheus Trust bekommt – mehr als doppelt so viel als der Beitrag der Bundesregierung –, für diesen wichtigen Verein zur Verfügung stellen. Ich ersuche allerdings auch die Kollegin Ringler, mit vielen anderen Gruppen zu sprechen und darauf hinzuweisen, dass hier die Bundesregierung säumig ist. Ich glaube auch, man sollte die Kritik an zu geringen Subventionen immer an jene richte, die diese Subventionen nicht zur Verfügung stellen. Das sind in diesem Fall das Staatssekretariat und die zuständige Bundesministerin. (Beifall bei der SPÖ.)

 

Vorsitzender GR Günther Reiter: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist somit geschlossen.

 

Der Berichterstatter, nehme ich an, verzichtet auf das Schlusswort.

 

Wir können somit gleich zur Abstimmung kommen.

 

Wer von den Damen und Herren für diese Postnummer ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Einstimmig so beschlossen.

 

Es gelangt die Postnummer 39 der Tagesordnung zur Behandlung. Sie betrifft eine Subvention an Ecce Homo – Verein für Kultur, Politik und Medien.

 

GR Baxant wird bitte einleiten.

 

Berichterstatter GR Petr Baxant: Ich bitte um Zustimmung.

 

Vorsitzender GR Günther Reiter: Zu Wort gemeldet – und jetzt versuche ich es heute noch einmal – ist Herr GR Schreuder. (Phonetisch: Skreuder.) Ist das besser? (Heiterkeit bei den GRÜNEN.) Besser kann ich es nicht.

 

GR Marco Schreuder (Grüner Klub im Rathaus): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Vielen Dank für die Bemühungen. Ich weiß das wirklich sehr zu schätzen. Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Es gibt diese Momente, wo man sich bedanken muss für die Ausstellung "Geheimsache Leben", zuallererst natürlich bei den Ausstellungsmachern und –macherinnen, die zum ersten Mal in Europa in einer sehr eindrucksvollen Manier, wie ich denke, eine Ausstellung zuwege gebracht haben, die die Geschichte der Lesben und Schwulen in dieser Stadt nachzeichnet. Ich möchte mich auch bei Ihnen, Herr Stadtrat, wirklich bedanken, dass diese Ausstellung ermöglicht wurde. Ich halte das für enorm wichtig.

 

Warum ist das so wichtig? – Wenn man als Lesbe oder als Schwuler durch sein Leben geht, ist man ständig damit konfrontiert zu fragen: Wem ich erzähle ich es, wem erzähle ich es nicht? Und mit den Argumenten, die man hört und die man auch geben muss, begibt man sich in eine Geschichte, und zwar in die Geschichte der Argumente und der Gegenargumente, und das ist eine Geschichte, die auch historisch fundiert ist. Diese Geschichte auch zu erzählen, damit man damit umgehen kann und auch damit umgehen lernt, ist enorm wichtig, auch für die Zukunft und auch zum Beispiel für Jugendliche in Coming-Out-Phasen. Es ist bekannt, dass die Suizidrate bei Jugendlichen in Coming-Out-Phasen enorm hoch ist. Es gibt zum Glück auch viele, die sehr glücklich damit sind und gut damit umgehen können. Ich hoffe, ich bin so ein Beispiel, aber es ist tatsächlich noch immer so, dass viele Leute sich sehr, sehr schwer tun, und umso wichtiger sind solche Ausstellungen.

 

Nichtsdestotrotz – und das ist auch ein Wunsch, den ich hier äußern möchte – müssen diese Geschichten weitererzählt werden, müssen diese Geschichten dokumentiert werden. Es ist tatsächlich so, dass es nicht mehr viele gibt, die noch das Totalverbot erlebt haben,

 

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