Gemeinderat,
4. Sitzung vom 14.12.2005, Wörtliches Protokoll - Seite 36 von 119
Das Projekt greift ganz zentrale Fragen auf, nämlich die, wie das
Informationszeitalter Kunst, Kultur und die Gesellschaft verändert, und es
schlägt eben diese Brücke nach Indien, gerade weil es ein nicht auf lokale
Kultur fokussiertes Projekt ist. Und was ich in diesem Zusammenhang schon auch
noch erwähnen möchte – abgesehen davon, dass EU-Projekte immer mehrjährig sind
und sie natürlich auch immer einer Subvention oder einer Beteiligung der
Institution oder der Stadt oder des Landes beziehungsweise des Staates bedürfen
–: Es ist schon so, dass für Public Netbase in den letzten Jahren, seit es
nämlich eine schwarz-blau-orange Bundesregierung gibt, die Subventionen des
Bundes – und das, obwohl das ursprünglich eine Bundesgründung war – ausgelassen
haben, dass sie jährlich weniger Geld bekommen haben, die Stadt hingegen ihren
Beitrag um 300 Prozent erhöht hat. Das heißt, zum einen müssten diese
50 000 EUR heute vielleicht gar nicht auf der Tagesordnung stehen,
zum anderen halten wir dieses EU-Projekt auch für sinnvoll und für wichtig,
dass es durchgeführt werden kann.
Ich möchte vielleicht zum Abschluss nur noch in Erinnerung rufen, dass
jährlich 5 Millionen EUR
auf Grund von Kürzungen des Bundes im Kulturbudget der Stadt Wien fehlen. –
Danke. (Beifall
bei der SPÖ.)
Vorsitzender GR Günther Reiter: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet, die Debatte somit
geschlossen.
Wir können gleich abstimmen.
Wer von den Damen und Herren für diese Postnummer 35 ist, den
bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich, mit den
Stimmen der Sozialdemokraten und der Grünen,
so angenommen.
Der Berichterstatter, Herr GR Baxant, bleibt gleich, denn er wird
gleich die Post 38 einleiten. – Peko, bitte Post 38.
Berichterstatter GR Petr Baxant: Ich
bitte um Zustimmung.
Vorsitzender GR Günther Reiter: Danke schön.
Die Debatte ist eröffnet. Frau Mag Ringler hat
sich zu Wort gemeldet.
GRin Mag Marie Ringler (Grüner Klub im Rathaus): Sehr geehrte Damen und Herren!
Das Thema Orpheus Trust begleitet uns in diesem
Gemeinderat schon länger, und der Herr Stadtrat hat es heute auch schon
angesprochen als ein Beispiel für Institutionen, die nicht vom Bund gefördert
werden. So sehr ich Ihnen, lieber Herr Stadtrat, in der Kritik natürlich völlig
Recht geben muss, dass die Bundesregierung in diesem Fall skandalöserweise
auslässt, so muss ich doch auch festhalten, dass ich es für mindestens ebenso
unangenehm halte, dass die Stadt Wien weiterhin bei ihrem Betrag von 73 000 EUR
bleibt.
Der Orpheus Trust hat, glaube ich, in den letzten
Jahren gezeigt, wie wichtig er als Institution in dieser Stadt ist. Ich
erinnere Sie nur an das phänomenale Projekt im 7. Bezirk vor zwei, drei
Jahren bei den Bezirksfestwochen, wo es darum ging, an Hauseingängen Boxen
aufzuhängen, wo man die Musik jener Komponisten, Musikerinnen und Musiker hören
konnte, die in diesen Häusern gelebt hatten und im Nationalsozialismus
vertrieben wurden. Das war wirklich ein schönes Projekt, das auch sehr viel
internationales Aufsehen erregt hat und das uns, glaube ich, auf ganz
wunderbare Weise diese Geschichte und auch dieses Fehlen dieser Menschen ins
Bewusstsein gerufen hat.
Aber der Orpheus Trust macht ja noch viel mehr. Wenn
man sich den Jahresbericht anschaut, dann muss man sehr beeindruckt
feststellen, wie viele Anfragen auch wissenschaftlicher Natur der Orpheus Trust
beantwortet, wie viele Hunderte Konzerte mit Musik von Vertriebenen aus
Österreich er veranstaltet hat. Ich finde daher, dass es einfach Aufgabe der
Stadt Wien ist, hier zumindest jenen Teil zu leisten, der von Orpheus Trust
beantragt worden ist, nämlich jene 144 000 EUR, die im Antrag stehen.
Es ist tatsächlich so, Herr Wolf, dass es öfter
vorkommt, dass Institutionen um mehr ansuchen, als sie tatsächlich bekommen,
aber damit machen sie auch klar, wie viel sie brauchen. Ich glaube, dass es
eine legitime und richtige Vorgehensweise ist, auch transparent zu machen, wie
viel man eigentlich bräuchte.
Sehr geehrte Damen und Herren! Ich würde mir sehr
wünschen, dass wir den Orpheus Trust von Seiten der Stadt Wien stärker fördern.
Natürlich sind 73 000 EUR kein Nichts, aber nichtsdestotrotz ist es
einfach nicht genug. Ich glaube und bin der festen Überzeugung, dass wir den
Orpheus Trust brauchen und dass er ganz einen wichtigen Beitrag leistet, und
ich finde es mehr als problematisch, dass die Stadt Wien nicht bereit ist, hier
einzuspringen, auch wenn das weh tut. Ich verstehe schon, dass das auch ein
Stück, sagen wir einmal, Prinzipienentscheidung ist, dass man nicht immer
einspringen kann, aber, aber, aber deshalb können und dürfen wir wichtige
Institutionen in Wien nicht sterben lassen, sondern vielleicht bei anderen, die
das Geld nicht so dringend brauchen, wenn die Stadt Wien dann einspringt, etwa
im Fall der Festwochen, etwas einsparen und vielleicht hier darüber
hinwegsehen, dass der Bund gekürzt hat. – Danke sehr. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Vorsitzender GR Günther Reiter: Herr Dr Michael Ludwig hat sich gemeldet. – Bitte
schön.
GR Dr Michael LUDWIG
(Sozialdemokratische Fraktion des Wiener
Landtags und Gemeinderats): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Meine sehr
geehrten Damen und Herren!
Ich teile die Einschätzung meiner Vorrednerin, dass
es sich beim Verein Orpheus Trust um eine ganz wichtige österreichische Kunst-
und Kulturinitiative handelt. Das Ziel dieser Initiative ist ja,
österreichische Musikschaffende, die während des NS-Regimes vertrieben worden
sind, aus dem Vergessen wieder in die Erinnerungskultur unseres Landes
zurückzuholen. Und tatsächlich ist es so, dass Orpheus Trust mittlerweile über
die weltweit größte Sammlung an Informationen über vom Nazi-Regime verfolgte
Musiker aus Österreich verfügt.
Ich möchte vielleicht nur anhand der
drei wichtigsten Aufgabenfelder von Orpheus Trust zeigen, dass es sich in der
Tat um eine österreichische Initiative handelt, das
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