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Gemeinderat, 52. Sitzung vom 27.01.2005, Wörtliches Protokoll  -  Seite 25 von 68

 

gefeiert werden. Und die Frage ist, wie viel Gedenken und wie viele Feiern und wie viele Jubiläumsfeiern und wie viele Jubelfeste sollen es werden. Und im Moment erleben wir die Kritik an der blau-schwarzen Bundesregierung, wo die Angst besteht, dass vor allem die ÖVP die Feiern nützt und sich selber feiert, als wären sie die Erfinder der 2. Republik, und in der Stadt Wien stehen wir vor der Frage, wird das nicht genützt, um hauptsächlich ein Fest, ein Jubelfest der SPÖ daraus zu machen, um einen Wahlkampf einzuleiten.

 

Das wäre schade, weil wir das Jahr nützen könnten. In dem Antrag, der uns vorliegt, sind sehr, sehr viele Initiativen dabei, die die Zustimmung der Grünen genießen. Wenn ich nur kurz auf die Punkte eingehen darf - ich nehme an, dass der Redner der SPÖ uns klarstellen wird, was alles hervorragend läuft und ich glaube nicht, dass alles falsch sein wird, was uns der Herr Abg LUDWIG sagt - ich finde es sehr gut und die Grünen sind sehr zufrieden, dass das Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstands endlich, ja endlich, das lange schon notwendige Geld erhält, um die eigenen Räumlichkeiten und die Ausstellungen auf einen Standard zu bringen, der dem 21. Jahrhundert entspricht.

 

Ich hoffe, dass die Ausstellung “Jetzt ist er bös, der Tennenbaum“ im Jüdischen Museum auch das wird, was es werden soll, nämlich eine Aufarbeitung des Antisemitismus, auch leider in den letzten 60 Jahren, und nicht ausschließlich ein Blick - und das soll es ja auch nicht werden, soweit ich informiert bin - auf die Kriegsjahre ist.

 

Die Ausstellung über die Verfolgung und die anhaltende Diskriminierung von Homosexuellen kann auch ein großer Wurf werden. Man darf nicht vergessen, dass wir auch heute noch sehr, sehr viele Gesetze haben, die Homosexuelle diskriminieren. Man muss nicht immer nur erinnern an Partnerschaften und Ehe, auch wenn es natürlich bei weitem nicht vergleichbar ist, aber es gibt noch immer eine anhaltende Diskriminierung und wir hoffen, dass diese Ausstellung etwas bewirken kann.

 

Am 19. April wird ein Denkmal für hingerichtete Widerstandskämpfer am Zentralfriedhof enthüllt. Was wir nicht wissen, ist - und da bin ich schon bei einem Teil der Kritik -, wer dieses Denkmal gestaltet, wo die Ausschreibung stattgefunden hat, wer es machen darf.

 

Aber ich will nicht kleinlich sein, ich bin froh, dass es das Denkmal gibt und hoffe, dass der 19. April entsprechend gewürdigt wird. Und dankbar bin ich dem Herrn Bürgermeister, dass er uns allen die Bombennacht, die sich irgendwo irgendwelche Leute ausgedacht haben, die geschmacklose Bombennachtwiederholung, erspart. (Beifall bei den GRÜNEN und der SPÖ.)

 

Jetzt komme ich schon zur Kritik, jetzt wird der Applaus wahrscheinlich nur noch auf einer Seite zu vernehmen sein und nicht mehr im breiteren Raum. Wer darf dieses - es heißt ja einmal Gedankenjahr, einmal Gedenk- und einmal Jubiläumsjahr - wer darf 2005 und die Erinnerungen über die letzten 60 Jahre gestalten? Und wenn man den Akt in die Hand nimmt, dann kommt darin gleich am Anfang der Satz: „Die geschäftsgruppenübergreifende Lenkungsgruppe wird installiert." Und ein bisschen später: „In Kooperation und im Einvernehmen mit den einzelnen Geschäftsgruppen, Bezirksvorstehungen und ähnlichen Institutionen wird und werden Projekte definiert."

 

Jetzt haben die Grünen einen Bezirksvorsteher, und ich habe natürlich dort einmal nachgefragt und bei anderen Institutionen, wie denn die Einbindung in dieses Gesamtprojekt, in das gesamte Jahr 2005 aussieht. Also die Auskunft, die ich aus Neubau, dem 7. Bezirk, bekomme, ist, es gibt die Information, dass das Gedankenjahr, das Jubiläumsjahr stattfindet, nun, das ist kein Geheimnis, es wird ein Buch geben und in diesem Buch wird die Geschichte der letzten 50 Jahre aufgearbeitet werden, und der 7. Bezirk wird eine halbe Seite bekommen und wenn alle Bezirke das machen möchten, hat eben jeder Bezirk eine halbe Seite. Halbe Seite 50 Jahre Neubau, das war die Information, und das war die Einbindung.

 

Es gab nicht die Frage, was wollt ihr mitgestalten, habt ihr Ideen, was könnt ihr machen. Und wenn die anderen Institutionen ähnlich stark eingebunden wurden wie die Bezirksvorstehung, die im Akt explizit angeführt wird, dann befürchte ich, dass die Einbindung über den Kreis der SPÖ und ihr nahestehenden Organisationen hinaus sehr schwach ausgefallen ist.

 

Man fragt sich, warum nicht alle Oppositionsparteien von Anfang an mit diesem Akt beschäftigt wurden, informiert wurden und sich einbringen konnten. Wenn man das Bild von diesen “Vier im Jeep“ hat, dann ist es hier etwas anders. Hier ist es ein Michael Häupl, der allein unterwegs ist. Der hat nicht angehalten und jemanden einsteigen lassen, der Jeep fährt nicht zu viert, sondern mit einem alleine durch die Stadt.

 

Ich habe vorhin ein paar positive Punkte aufgezählt. Aber was uns beim Schnelllesen schon aufgestoßen ist und jetzt zu ein paar Fragen von mir führt, wo ich mich freuen würde, wenn ich ein paar Antworten bekomme, ist das breit angelegte Jubelfest. Und das ist kein Versprecher, es heißt nämlich nicht Jubiläumsfest, es heißt bei der Stadt Wien Marketing und Praterservice GmbH - für alle, die sich im Akt nicht bis zum Ende durchgekämpft haben – “für die Konzeption, Organisation, Durchführung der genannten Veranstaltungen“, und da kommt ein breit angelegtes Jubelfest im September auf dem Wiener Rathausplatz.

 

Und dieses Jubelfest ist nicht näher ausgeführt. Das, was man entnehmen kann, ist dass Speisen aus den 50er Jahren günstig angeboten werden. Es gibt da an jedem Standel eine Speise aus den 50ern zum Preis der 50er Jahre. Ich hoffe, man muss nicht die Schillinge ausgraben, weil da wird nicht jeder welche finden, aber das ist es im Wesentlichen, und ansonsten ist nicht viel herauszulesen.

 

Jetzt fällt dieses Jubelfest, 18. September, in eine Phase, wo die Auguren, die Zeitungen und alle möglichen Menschen in dieser Stadt, die an Politik interessiert sind, rätseln, ob das nicht in eine Wahlkampfveranstaltung umgemünzt werden könnte.

 

Dieses breitangelegte Jubelfest - Zitat noch einmal

 

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