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Gemeinderat, 52. Sitzung vom 27.01.2005, Wörtliches Protokoll  -  Seite 33 von 68

 

Ideen und Gestaltung im Herbst auszuschreiben. Das wird jetzt passieren und bei dieser Ausschreibung werden Schulen, Studentinnen und Studenten, aber auch Künstler und Architekten einbezogen. Ich denke, dass das ein Projekt sein kann, das auch in der Entstehungsphase Meinung bilden und Informationen vermitteln kann.

 

Sie haben zwei Themen angesprochen, zu denen ich vielleicht nur eine Anmerkung machen möchte, nämlich die Deserteure und die Militärjustiz und die Opfer der Militärjustiz. Beides, wie ich meine, wichtige Themen, die aber wichtiger sind, als dass man nur zu Veranstaltungen geht, was auch notwendig ist, sondern dass man auch entsprechende gesetzliche, nämlich bundesgesetzliche, Rahmenbedingungen schafft. Meine Fraktion hat im Parlament zu beiden Themenbereichen schon Anträge eingebracht, um die bundesrechtliche Situation zu verändern, nämlich im Sinne der betroffenen, noch lebenden Menschen. Es wäre notwendig, da teile ich Ihre Einschätzung, das noch bundesrechtlich abzusichern, zu einer Zeit, wo diese Menschen, diese Zeitzeugen noch leben und in den Genuss einer entsprechenden finanziellen Leistung kommen können.

 

Ich bin mit dem, was der Kollege Strobl gesagt hat, weitgehend einverstanden, nicht in allem, aber in vielem, auch der Einschätzung über die unmittelbare Nachkriegszeit. Nur in einem Punkt möchte ich dir heftigst widersprechen. Es ist vielleicht aus deiner Sicht eher ein semantisches, aus meiner Sicht eher ein inhaltliches Problem, nämlich dass das Jahr 1945 eine Stunde null wäre. Es gibt meines Erachtens nach in der Geschichte keine Stunde null. Auch der April 1945 war keine Stunde null. Es hat eine Vorgeschichte gegeben. Wenn wir zu Recht auf den heldenhaften Wiederaufbau unserer Stadt hinweisen, muss man gleichzeitig auch immer wieder darauf verweisen, dass es notwendig war, diese Stadt wieder aufzubauen, weil es vorher Krieg, Zerstörung und Verwüstung gegeben hat, und dass diese Zerstörung und Verwüstung auch einen politischen Namen hat, dass das durch das NS-Regime war, das das politisch zu verantworten hat. Deshalb meine ich, sollten wir den Begriff "Stunde null", auch wenn er zum Beispiel im Rahmen einer Wiener Vorlesung kritisch bearbeitet wird, von Prof Sturz beispielsweise, vermeiden. Es hat eine Vorgeschichte gegeben, auch eine politische Vorgeschichte, mit der wir uns, wie ich meine, sehr hart und kritisch auseinander setzen müssen.

 

Ich möchte die im vorliegenden Akt angesprochenen Projekte jetzt nicht alle noch einmal auflisten, sie sind von meinen Vorrednern aufgelistet und auch gelobt worden. Ich möchte mich diesem Lob anschließen, dass sie sinnvoll und notwendig sind, insbesondere jene Projekte, die einen nachhaltigen Effekt haben.

 

Da ist die Unterstützung des Dokumentationsarchivs des österreichischen Widerstandes für eine Ausstellung, die im Jahre 1976 erstmals konzipiert wurde und die österreichweit die einzige umfassende Ausstellung ist, die sich mit Verfolgung und Widerstand in der NS-Zeit beschäftigt. Das halte ich für einen wichtigen Schritt. Ich sage ganz bewusst, da sind die Mittel richtig und notwendig eingesetzt und dazu bekenne ich mich auch.

 

Genauso wie auch die Auseinandersetzung mit den historischen Bedingungen, denen verschiedene Zielgruppen in dieser Zeit ausgesetzt waren. Sie selbst haben beispielsweise eine Ausstellung im Jüdischen Museum angeführt – “Jetzt ist er bös, der Tennenbaum“ - wo es auch um die kritische Auseinandersetzung mit der jüdischen Bevölkerung geht, auch in der Zweiten Republik. Das Leid war mit dem Jahre 1945 für viele dieser Menschen ja nur unterbrochen, aber noch nicht abgeschlossen.

 

Ich denke, dass auch eine Auseinandersetzung mit der Verfolgung Homosexueller in der NS-Zeit und den damit verbundenen nachfolgenden Diskriminierungen in der Zweiten Republik wichtig ist und wir im Festival "Wien ist andersrum" auch, wie ich meine, ein sinnvolle inhaltliche Anbindung haben.

 

Ich könnte jetzt noch viele Projekte auflisten, die eines zeigen sollten. Ich habe am Beginn ein Zitat von Bgm Dr Michael Häupl angeführt. Ich glaube, es ist richtig, was er sagt, dass wir nicht primär den Festcharakter im Auge haben sollen, sondern primär die inhaltliche Auseinandersetzung, die kritische Auseinandersetzung, eine manchmal schmerzhafte Auseinandersetzung auch mit der Geschichte unserer Stadt und den Menschen, die in unserer Stadt leben. Ich denke, dass diesem Zitat unseres Bürgermeisters nichts mehr hinzuzufügen ist.

 

Ich möchte nur mit einem Hinweis und, wenn man so will, auch mit einem Arbeitsauftrag an uns alle abschließen, nämlich mit dem Ergebnis einer Meinungsbefragung, die ich vor einigen Tagen im "Kurier" gelesen habe, die ausweist, dass 55 Prozent der Österreicher nicht wissen, was 2005 gefeiert wird. Bei den unter 30-Jährigen ist dieser Prozentsatz mit 72 sogar noch viel höher. Das heißt, wir haben eine große Aufgabe als Mandatarinnen und Mandatare, wir haben eine große Aufgabe als politische Parteien, im Verbund mit Historikern, mit Zeitzeugen, mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern und allen interessierten Wienerinnen und Wienern, die politischen Ereignisse darzustellen und Lehren für die Zukunft zu ziehen. Deshalb ersuche ich um Zustimmung zum vorliegenden Akt. (Beifall bei der SPÖ.)

 

Vorsitzender GR Dr Herbert Madejski: Mir liegt keine Wortmeldung mehr vor.

 

Die Frau Berichterstatterin hat auf ihr Schlusswort verzichtet.

 

Ein Gegen- oder Abänderungsantrag wurde nicht gestellt.

 

Daher können wir gleich abstimmen.

 

Ich bitte jene Damen und Herren des Gemeinderats, die der Postnummer 15 zustimmen wollen, die Hand zu heben. - Das ist, gegen die Stimmen der GRÜNEN und der Freiheitlichen, mehrstimmig angenommen.

 

Wir kommen nun zur Postnummer 10 der Tagesordnung. Sie betrifft die Neufestsetzung der Gebühren für die Benützung der historischen Räume des Schlosses Hetzendorf.

 

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