Gemeinderat,
52. Sitzung vom 27.01.2005, Wörtliches Protokoll - Seite 55 von 68
bereit, hier Möglichkeiten anzubieten, um diese
wichtigen politischen Aussagen an die bürgerlichen Wähler heranzubringen. Auf
das Angebot können Sie gerne zurückkommen. (Beifall
bei der ÖVP. - Zwischenrufe bei den GRÜNEN.)
Jetzt kommen wir aber zur Sache. Es gibt übrigens
auch Dinge, die uns verbinden. Ich finde Barcelona nach Wien auch eine der
schönsten Städte der Welt, und wir sind ja beide Weltreisende, wie wir wissen.
Die Mehrheit für Schwarz-Grün ist in dieser Stadt noch nicht ganz realistisch,
aber wir in der Volkspartei können uns so etwas auch vorstellen, weil wir vor
niemandem Angst haben, der bereit ist, vernünftig für diese Stadt zu arbeiten.
Jetzt kommen wir aber einmal dazu - und ich habe mich
darüber sehr gefreut -, dass die Wiener GRÜNEN bereit sind, hier in einen
Diskussionsprozess über eine sinnvolle Vergabe der Mittel einzutreten. Lieber
StR Ellensohn, wir haben überhaupt kein Problem mit der Genesis von Public
Netbase, es ist in der Ära Peter Marboe in Wien gegründet und unterstützt
worden. Das Problem, das Public Netbase nur hat, ist dass es sozusagen vom
ursprünglichen Unternehmensgegenstand, nämlich eine Plattform für künstlerische
Initiativen - ich sage es einmal im weitesten Sinne - in Österreich und
international zu sein, sich zu einer virtuellen Partei der Beschimpfung und
Bekämpfung der schwarz-blauen Bundesregierung entwickelt hat. Es kann jeder
einzelne Repräsentant dieser Initiative dies öffentlich tun, das tun ja andere
auch, aber das zum Unternehmensgegenstand zu machen, erscheint mir ein bisschen
verwegen.
Jetzt möchte ich ja das Match gar nicht mit den
GRÜNEN führen, denn das ist es nicht. Es geht heute bei diesem Akt um die
Sozialdemokraten, und die haben Sie zu Recht kritisiert. Sie haben einen klaren
Standpunkt zu Public Netbase, wir haben einen klaren Standpunkt zu Public
Netbase, die SPÖ hat aber keinen klaren Standpunkt zu Public Netbase. Die
Story, die hier die SPÖ immer erzählt, ist: Da gibt es quasi eine international
renommierte und nachgefragte Initiative Public Netbase, die wird auch ständig
ausgezeichnet für den großartigen Kampf gegen diese böse Bundesregierung, und
alles wäre sonst gelöst, nur die böse Bundesregierung ist dagegen, weil sie
gegen die Bundesregierung sind, und so weiter.
Zwei Zitate, eines von meinem lieben Freund Woller:
„Wir haben Überbrückungshilfe geleistet für Public Netbase, weil sie von der
Bundesregierung ausgehungert worden sind, weil sie regierungskritisch sind. Das
muss einmal gesagt werden." Und Frau Kollegin Winklbauer in einem
Gemeinderat ein bisschen später: „Aber dann sollen sie bitte auch den Mut haben
zu sagen, welche inhaltlichen Gründe es sind, warum sie Public Netbase
ablehnen, und sich nicht auf Finanzspielereien und Zahlen beschränken, die
davon ablenken sollen."
Wir haben uns diesen Akt wie immer sehr genau
angeschaut. Herr Kollege Ellensohn hat völlig Recht, es gibt wahrscheinlich
wenige Ansuchen in dieser Stadt, die, was den finanziellen Teil betrifft,
derart ausgiebig dokumentiert sind. Ich sage einmal, der Akt - da sind wir uns
einig - hat in etwa 50 bis 60 Seiten, davon befasst sich eine Seite mit
"Was ist Public Netbase?", eine zweite Seite mit "Welche
Leistungen bietet Public Netbase?", und ein Drittes, "Welche
Programme plant Public Netbase?", umfasst zwei Seiten. Der Rest dieses
Aktes beschäftigt sich ausschließlich mit Excel-Dateien darüber, wie viel Geld
wofür theoretisch gebraucht werden könnte.
Wenn eine Institution nachhaltig und bewusst mehrmals
um eine Gesamtfinanzierung im Bereich von in etwa - ich habe es mir
ausgerechnet - 1,2 Millionen EUR ansucht, konsequent jedes Jahr,
wissend, dass das nicht einmal den Funken einer Chance hat, realisiert zu
werden - das heißt, niemand von uns im Wiener Gemeinderat weiß seit Jahren,
welche dieser vielen Projekte, die darin enthalten sind, damit realisiert
werden können, weil ja nur 10 Prozent dessen, was hier angeboten wird,
auch realisiert werden kann -, wenn Sie sich die Kalkulation einmal ein
bisschen genauer anschauen, dann wird es schon sehr lustig.
Der Verein Public Netbase hat Personalkosten von
206 949,78 EUR. Das ist a lot für eine Institution, die
218 000 EUR sicher zu erwarten hat. Jetzt wird man sich aber fragen:
Wie groß sind zum Beispiel die Kosten einer Internet-Initiative im
Telekommunikationsbereich? Schätzen Sie einmal: 206 000 EUR an
Personalkosten, wie hoch sind die Telekommunikationskosten? Da ist man
überraschend sparsam, es sind nämlich 2 000 EUR für
Telekommunikationskosten. Das zeigt also schon - guter Stil, gut ausgemacht,
keine Frage - ein bisschen die Relationen, die es in dem Bereich gibt.
Jetzt komme ich aber zu den Zahlenspielereien und zur
SPÖ. Denn da haben die GRÜNEN schon Recht, dass das Spiel, das die SPÖ hier
spielt, besonders lustig ist. Zuerst hat man also gesagt, die Bundesregierung,
die ÖVP blockiert da alles, Public Netbase ist wunderbar und muss wachsen. Aber
dann hat man sich Schritt für Schritt von der eigenen Position entfernt, und
auf einmal gibt es Aussagen von Frau VBgmin Grete Laska, die dann sagt, na ja,
man hat schon senken müssen. Begründet wird die Senkung der Förderung durch den
Jugendausschuss, die am gestrigen Mittwoch beschlossen wurde, damit, dass nicht
mehr nachvollzogen werden konnte, dass der explizite Auftrag, Jugendarbeit zu
betreiben, im Rahmen der laufenden Tätigkeit durchgeführt werden konnte, sagt
Frau Laska.
Herr Mailath-Pokorny sagt nicht viel später, er
bedauere die vorläufige Schließung. Ich kann übrigens alle beruhigen: Wir haben
angerufen, es hebt noch wer ab, das heißt, es gibt noch ein Sekretariat,
wenngleich auf der Homepage ja groß "Geschlossen" steht. Herr
Mailath-Pokorny sagt gegenüber der APA, er bedauere die vorläufige Schließung -
die uns übrigens seit Jahren angekündigt wird -, jedoch habe er in seiner
Amtszeit die Subventionen um 300 Prozent auf 218 000 EUR erhöht,
und damit sei Public Netbase im künstlerischen Bereich adäquat dotiert. Eine
weitere Erhöhung schloss Mailath-Pokorny aus, und so weiter.
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