«  1  »

 

Gemeinderat, 54. Sitzung vom 01.04.2005, Wörtliches Protokoll  -  Seite 16 von 67

 

Feinstaub zu den wesentlichen, ja sogar zu den vorrangigsten umwelthygienischen Themen gehören, die ja eben eine Reihe von schwerwiegenden Gesundheitsschäden verursachen, und dass der Hauptverursacher von Feinstaub der Verkehr ist.

 

Viele Studien belegen das hohe Gesundheitsrisiko, zuletzt auch für Österreich. So hat es zum Beispiel zuletzt im Auftrag der WHO eine Studie über Österreich, Frankreich und die Schweiz gegeben, in der man konkret versucht hat, Erkrankungen auf Feinstaub-Emissionen aus dem Verkehr zurückzuführen und wo man von sehr, sehr konservativen Werten ausgegangen ist. Das heißt, jene Zahlen, die ich hier zitieren werde, können ruhig als Mindestzahlen angesehen werden.

 

Und zu welchem Ergebnis kommt diese Studie für Österreich? 2 400 vorzeitige Todesfälle bei Erwachsenen über 30 Jahre pro Jahr in Österreich, 20 600 Bronchitisanfälle bei Kindern pro Jahr, die es nicht geben müsste, und 15 000 Asthmaanfälle bei Kindern pro Jahr.

 

Zum Vergleich, und damit Sie sehen, wie durchaus konservativ diese Schätzungen sind: Ich zitiere die Presse von heute, hier ist die Rede von 4 600 zusätzlichen Todesfällen pro Jahr in Österreich und von 70 000 Europäern und Europäerinnen, die pro Jahr auf Grund der Feinstaubbelastung vorzeitig sterben.

 

Darüber hinaus hat es auch eine Studie gegeben, die ich auch hier kurz zitieren möchte, die Studie Afert III. Diese ist eine äußerst aktuelle Studie und sie belegt wiederum, dass ein Anstieg von 10 Mikrogramm pro Kubikmeter über den Schwellenwert hinaus - also diesen Grenzwert, der von der EU festgelegt ist - unmittelbar einen Anstieg der Todesfälle um 0,5 Prozent verursacht. Was heißt das jetzt genau für Wien? Zum Beispiel am 10. Februar wurde in Simmering ein Wert von 140 Mikrogramm pro Kubikmeter Atemluft gemessen. Das ist also eine Überschreitung des Grenzwertes um immerhin 90 Mikrogramm. Das wiederum würde rechnerisch einen Anstieg der Todesfälle um 4,5 Prozent ergeben, das heißt, immerhin zwei Todesfälle mehr für diesen Tag rein rechnerisch in Simmering.

 

Das heißt, hier ist nicht, hier kann auch nicht von Panikmache die Rede sein, wir haben es hier mit einer ganz besonders akuten, aktuellen Belastung unserer Gesundheit, auch der Gesundheit unserer Kinder, der künftigen Generationen, zu tun. Wir haben auch Studien, die eindrucksvoll mit Zahlen belegen, dass die Situation schon jetzt ganz besonders besorgniserregend ist und dass sie auch in den nächsten Jahren ansteigen wird.

 

Und vielleicht ein Letztes noch: Ich habe bis jetzt hauptsächlich von den gesundheitlichen Folgen für Erwachsene gesprochen, lassen Sie mich nur kurz auch auf Babys zu sprechen kommen. Bei Babys wissen wir ja, dass sie ein Zehnfaches, um ein Zehnfaches von Schadstoffen in Relation zu ihrem Körpergewicht einatmen als Erwachsene. Das Immunsystem ist natürlich noch nicht so weit ausgeprägt wie bei Erwachsenen, und wenn die Kinder ein bisschen älter sind und schon auf den eigenen Beinen stehen können, sind sie natürlich den Auspuffgasen auch viel stärker ausgesetzt als Erwachsene, auch schon auf Grund ihrer geringen Körpergrößen. Das heißt, wir haben es, wie gesagt, hier zu tun mit einem durchaus akuten Problem, dessen Hauptverursacher ebenfalls laut sämtlichen Studien der Verkehr ist. Das heißt, das Problem ist mitunter auch hausgemacht.

 

Und jetzt bleibt zu diskutieren, was tun wir dagegen außer darüber sprechen, und hier im Besonderen - weil wir sind ja hier im Wiener Gemeinderat - was tut Wien.

 

Fest steht, wenn wir die Lebensqualität Wiens erhalten und in den nächsten Jahren auch verbessern wollen, müssen wir endlich handeln. Das heißt, jene Maßnahmen umsetzen, die ja im Österreichischen Bundesgesetz auch vorgeschrieben sind (GR Godwin Schuster: Tatsächlich!) und die auch umgesetzt werden müssen.

 

Während andere europäische Städte längst diese Maßnahmenkataloge entworfen und auch umgesetzt haben, und im Übrigen auch bereits Fortschritte verzeichnet haben - ich empfehle zum Beispiel, sich auch die Situation in München anzuschauen, wo man ja auch in letzter Zeit eine wirklich beachtliche Reduktion erzielt hat -, befindet sich Wien weiterhin im Tiefschlaf, was dieses Thema betrifft.

 

Also, Maßnahmen sind längst überfällig. Was tut Wien? Wien hat jedenfalls bis jetzt keinen Maßnahmenkatalog vorgelegt, stattdessen hat Wien in der letzten Woche die Erweiterung einer Zementfabrik in Simmering bewilligt, eine zusätzliche Müllverbrennungsanlage in Angriff genommen in den letzten Jahren, und last but not least, die Lobau-Autobahn. Das ist das, was Wien tut in Sachen Feinstaub, das heißt, über lauter Dinge entscheiden, die noch mehr Feinstaub bedeuten werden.

 

Nun, Maßnahmen gäbe es viele, und die liegen auf dem Tisch. Zum Beispiel eine Ausrüstung kommunaler Fahrzeuge mit Dieselfilter oder eine Umstellung kommunaler Fahrzeuge überhaupt auf andere Brennstoffe, zum Beispiel Gratisbenutzung öffentlicher Verkehrsmittel an Tagen mit Feinstaubepisoden, zum Beispiel ein Ausbau des öffentlichen Verkehrs, und so weiter. All diese Maßnahmen haben die Grünen bereits vor zwei Jahren vorgeschlagen, zuletzt auch beantragt, nichts davon, njet. Es wäre an der Zeit zu handeln. Ich appelliere von dieser Stelle aus sowohl an den Herrn Bürgermeister als auch an die Frau Umweltstadträtin, keine Alibiaktionen, keine inflationären Presseaussendungen mehr, handeln Sie endlich gegen Feinstaub im Sinne unserer Gesundheit für Wien. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Vorsitzender GR Günther Reiter: Als nächster Redner hat sich Herr GR Klucsarits gemeldet. Redezeit ab jetzt 5 Minuten. Ich bitte schön.

 

GR Rudolf Klucsarits (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Meine sehr geschätzten Damen und Herren!

 

Wir führen ja schon seit Wochen eine recht aufgeregte Diskussion zum Thema Feinstäube, bei der sich ja die GRÜNEN besonders hervortun. Ich halte diese Diskussion für wichtig, sogar für sehr wichtig. Aber, meine Damen und Herren sowohl von der SPÖ als auch von den GRÜNEN, wir hätten ja diese Diskussion für die

 

«  1  »

Verantwortlich für diese Seite:
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular