Gemeinderat,
54. Sitzung vom 01.04.2005, Wörtliches Protokoll - Seite 32 von 67
Freigaßner vom Rabenhof nur gratulieren. (Beifall
bei der SPÖ und von GRin Mag Marie Ringler.)
Es ist mit dieser vierjährigen Konzeptförderung für
den Rabenhof ein schwieriger Start zu einem guten Ende gekommen, was
zuallererst natürlich ein Verdienst der Künstlerinnen und Künstler im Rabenhof
war, das war aber auch ein Verdienst all jener, die von Beginn an zu diesem
Projekt gestanden sind, insbesondere der Bezirksvertretung Landstraße, des
Herrn Bezirksvorstehers Hohenberger und auch des ÖVP-Bezirksvorsteher-Stellvertreters
Dr Georg Schüller. Es ist das ein Verdienst der Vorstandsverantwortlichen,
die den Rabenhof lange Zeit durchgetragen haben – unter anderem Herr
Generaldirektor Dr Wilhelm Marhold –, es ist aber auch eine gewisse Genugtuung
für uns als SPÖ und auch für mich persönlich, dass der Rabenhof damit zu so
einem normalen, guten Ende kommt, was ja nicht heißt, dass jetzt der Rabenhof
zum Ende kommt, sondern eigentlich erst ordnungsgemäß arbeiten kann.
Die Opposition hat in den letzten Jahren immer wieder
Horrorszenarien zum Rabenhof gezeichnet, die nun wirklich – wie immer sonst
auch – allesamt nicht eingetreten sind. Man kann daraus schließen, dass sich
Mut lohnt, und es ist tatsächlich so, dass der Rabenhof auf beachtliche Erfolge
verweisen kann: 35 000 Besucher und Besucherinnen im letzten Jahr,
eine Auslastung von 80 Prozent in einem Haus mit 300 Besuchern und
ein Konzept, das modern, jung, frech und trashig ist, das es schafft, neue
Zielgruppen abseits des klassischen Theaterpublikums ins Theater zu bringen,
die Internetgeneration, die FM4-Generation anzusprechen und die Grenze zwischen
E- und U-Kunst zu überwinden.
Ein Beispiel: Der Protest Song Contest, den der
Rabenhof durchführt, bringt einfach 300 Einsendungen pro Jahr,
Zwischenausscheidungen, für die der Rabenhof als Ort zu klein ist, die daher im
Kongresshaus stattfinden müssen, und die Sieger der letzten Protest Song
Contests sind dabei, den künstlerischen Durchbruch zu schaffen. Dazu gehören
die Künstlergruppe "monochrom" mit dem Musical
"Udo 77", das im Mai wegen großen Erfolgs wieder aufgenommen
wird, der Künstler Rainer Binder-Krieglstein, jener Musiker, der die Musik für
die Erfolgsproduktion "Der Kameramörder" macht. Da zeigt sich schon,
dass es dem Rabenhof gelingt, traditionelle, bekannte Leute wie Kabarettisten,
die den Schritt vom Kabarett zum Theater suchen und finden, mit neuen jungen
KünstlerInnen, NachwuchskünstlerInnen zusammenzubringen und hier ein sehr
erfolgreiches Programm zu machen, nicht nur Nachwuchsförderung für die Künstler
und Künstlerinnen, sondern Nachwuchs auch im Bereich des Publikums.
Der Rabenhof ist damit ein gutes Beispiel für die
Ziele der Theaterreform, der Erneuerung des Theaters in Wien, neue Künstler und
neue Publikumsschichten anzusprechen und ein Ende des Erbrechtes durchzusetzen.
Bei aller Wertschätzung der Josefstadt, bei aller Wertschätzung der Frau
Elfriede Ott, bei aller Wertschätzung der Herren Gerhard Bronner und Fritz
Muliar, das junge Konzept war zeitgemäßer und besser für den Rabenhof, und
daher sind wir auch froh, dass das so umgesetzt werden konnte.
Neben dem Rabenhof erhalten heute drei weitere
Theatergruppen eine vierjährige Konzeptförderung und damit eine Aufwertung in
die Oberliga des Wiener Theaters: Die freie Gruppe "Toxic Dreams" um
Yosi Wanunu, die Musiktheatergruppe "Ensemble für Städtebewohner",
ein Team rund um den Berliner Komponisten Christoph Coburger, der nun erstmals
über einen längeren Zeitraum in Wien arbeiten wird, gemeinsam beispielsweise
mit dem Klangforum Wien und dem Berliner Ensemble Orion, und nicht zuletzt das
Figurentheater "Lilarum" aus der Göllnergasse in Wien Erdberg, ein
Theater des Teams um Traude und Paul Kossatz, das es immer wieder geschafft
hat, lebendiges und bezauberndes Objekttheater für Kinder, aber auch für
Erwachsene zu machen.
Allein die Tatsache, dass mit "Toxic
Dreams", dem "Ensemble für Städtebewohner" und dem
"Lilarum" nun tatsächlich drei Theatergruppen eine vierjährige
Konzeptförderung und damit höhere Sicherheit und höhere budgetäre Mittel
erhalten, beweist schon, dass es mit diesen drei Gruppen, die man nun
tatsächlich nicht immer kennen muss – es muss nicht jeder diese Gruppen in Wien
kennen –, zu einer Neuerung, zu neuen Gesichtern kommt und dass es eine
Stärkung der Vielfalt und eine Erneuerung, ein Durchbrechen der gläsernen Decke
zwischen fixen Häusern und freien Gruppen gibt.
Die Notwendigkeit der Reform ist tatsächlich
unbestritten gewesen und ist teilweise auch heute noch unbestritten. Es
erfolgte ja ein einstimmiger Beschluss des Gemeinderates im Dezember 2003
– das ist noch nicht so lange her; eineinhalb Jahre nicht einmal –, mit dem wir
ein Leitbild für die Wiener Theaterreform beschlossen haben. Darin wird
festgehalten, dass es nicht nur darum geht, das Theater immer
weiterzuentwickeln, indem man immer neue Häuser aufmacht, immer zusätzliches
Geld zur Verfügung stellt, aber sonst immer alles beim Alten belässt, sondern
dass es auch eine innere Reform geben muss mit mehr Transparenz, mit begrenzten
Laufzeiten von Intendanzen und Förderverträgen.
Mit dieser Theaterreform ist unserem Kulturstadtrat
Mailath-Pokorny tatsächlich ein großer Wurf gelungen und er setzt diese
Theaterreform auch konsequent, aber mit dem richtigen Augenmaß behutsam um, im
Dialog mit den Kultursprechern hier im Gemeinderat, im Dialog mit unabhängigen
Experten und Expertinnen und mit den betroffenen Theaterleuten.
Wenn die FPÖ
sehr frühzeitig die Lust verloren hat, doch eher Oppositionspolitik zu machen und
nicht konsequente oder konstruktive Kulturpolitik, dann ist das natürlich
Angelegenheit der FPÖ. Wenn die FPÖ-Kultursprecherin heute hier kritisiert hat,
dass Künstler aus Berlin hier auftreten, dann muss ich wirklich sagen, auch wir
sind der Meinung, das ist tatsächlich schlimm. Also wirklich, wo kommen wir da
hin, wenn Künstler aus Berlin vielleicht in Wien auftreten! Vielleicht auch
umgekehrt, vielleicht werden Wiener Künstler dann in Berlin auftreten.
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular