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Gemeinderat, 55. Sitzung vom 28.04.2005, Wörtliches Protokoll  -  Seite 28 von 85

 

Vorsitzende GRin Inge Zankl: Die nächste Rednerin ist Frau GRin Lakatha.

 

GRin Ingrid Lakatha (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Sehr geehrte Vorsitzende! Meine Damen und Herren!

 

"Das letzte Kindergartenjahr gratis für eine Schule ohne Sprachprobleme." Unter diesem Titel läuft jetzt unsere Unterschriftenaktion, die sehr, sehr erfolgreich ist. (Beifall bei der ÖVP.) Frau Kollegin Sommer-Smolik, das ist keineswegs eine Bla-Bla-Aktion, wie Sie sich so fachmännisch ausdrücken, sondern eine ernstgemeinte Sache, sonst hätten wir nicht so viele Rückmeldungen. Wir hätten überhaupt nichts dagegen, wenn drei Jahre Kindergarten gratis wären, aber wir fordern zumindest das letzte Kindergartenjahr gratis. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Dass das aus verschiedenen Gründen absolut notwendig ist, möchte ich sagen, denn in den in städtischen Kindergärten ist der Anteil der ausländischen Kinder 17 Prozent, während in der Volksschule in der Schopenhauerstraße – also an und für sich sagt man, das ist ein bürgerlicher Bezirk – in einer Klasse ein Anteil von 98 Prozent Kindern besteht, die fast nicht Deutsch können. Bitte, wie soll das funktionieren? Daher fordern wir auch... (GR Heinz Vettermann: Das stimmt ja nicht!) Bitte, das stimmt. Der städtische Kindergarten ist einfach zu teuer, das können sich die Leute nicht leisten. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Ich möchte zwei Städte vergleichen, und zwar Wien und Dornbirn. Der Ganztagskindergarten in Dornbirn mit Essen ist um 25,4 Prozent und ohne Essen um 51,4 Prozent billiger als in Wien. Besonders auffallend ist, dass ein halber Tag ohne Essen in Dornbirn um 232,3 Prozent billiger ist als in Wien. (GR Christian Oxonitsch: Was ist das für eine Rechnung?) In Euro ausgedrückt zahlt man in Dornbirn 36 EUR und in Wien 119 EUR, in Niederösterreich ist der Halbtagskindergarten für alle gratis. Wieso geht das in Wien nicht und in Vorarlberg schon? In Wien denkt man sozial, sozial gehandelt wird in anderen Bundesländern. (Beifall bei der ÖVP. – Ironische Heiterkeit bei der SPÖ.)

 

Da so viele Kinder in der Volksschule schlecht oder gar nicht Deutsch können, plädiert die Stadtschulratspräsidentin Brandsteidl für ein verpflichtendes Vorschuljahr, um Migrantenkindern eher Deutsch beizubringen. Auch der SPÖ-Chef Gusenbauer hat ein verpflichtendes Vorschuljahr gefordert, gegen das sich die ÖVP immer gewehrt hat. (GR Heinz Vettermann: Vorschuljahr, aber nicht Kindergartenjahr!) Ja. Unser Vorschlag, unsere Forderung ist: Gleiche Chance für alle Kinder! Das bedeutet, das letzte Kindergartenjahr gratis, damit alle Kinder die gleiche Chance haben.

 

Ein Kindergarten ist für die Persönlichkeitsbildung notwendig, ebenso für das soziale Verhalten, für die körperliche Bewegung und vor allem auch für die sprachliche Entwicklung. Das gilt für in- und ausländische Kinder. Wenn wir jetzt das Gratiskindergartenjahr hätten, dann erübrigte sich ein verpflichtendes Vorschuljahr völlig. Aus diesem Grund können wir das nicht akzeptieren. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Ich möchte das von einer anderen Seite auch kurz beleuchten. Das kostenlose Kindergartenjahr für alle Kinder bedeutet auch in einem anderen Sinn Vorteile für alle Generationen: Spielerische Weiterbildung aller Kinder, finanzielle Entlastung der Eltern und auch der Senioren. Wieso? Wir alle wissen, dass Großeltern immer wieder finanziell einspringen müssen. Das letzte Kindergartenjahr gratis bedeut auch für die Lehrer eine große Erleichterung, da die Kinder bereits ganz gut Deutsch können.

 

Was ich hier aufgezeigt habe, nennt man Gender Mainstreaming: Auf alle Bedürfnisse aller Generationen, egal ob männlich, weiblich, inländisch oder ausländisch, einzugehen. Und das ist bitte auch unser Prinzip.

 

Wenn Sie mich jetzt fragen: Wer soll das bezahlen? Ganz einfach: Natürlich die Stadt Wien! (GRin Martina LUDWIG: Ja, ganz einfach!) Und woher soll sie das Geld nehmen? Ich muss Ihnen sagen, ich kann Ihnen da wirklich einen Vorschlag machen. (GRin Barbara Novak: Warum nennen Sie nicht die Verantwortung des Bundes?) Und zwar gibt es, wenn Sie sich unseren Budgetvoranschlag anschauen, eine Überdeckung der Wasser- und Abwassergebühren von jährlich 90 Millionen EUR. Ein Kindergartenjahr gratis für alle Kinder würde – das haben Fachleute ausgerechnet – 50 Millionen EUR jährlich kosten. Also bitte, ich meine, damit ist das Gratiskindergartenjahr bereits gedeckt. (Beifall bei der ÖVP.) Aber wenn die SPÖ nicht will, dann geschieht gar nichts.

 

Vorsitzende GRin Inge Zankl (unterbrechend): Bitte den Schlusssatz.

 

GRin Ingrid Lakatha (fortsetzend): Die ÖVP wird nicht aufhören, ihre Forderung nach dem Gratiskindergartenjahr durchzusetzen. Außerdem bekommen Sie auch weitere Vorschläge, wie man Beträge, zum Beispiel die restlichen 40 Millionen EUR von der Wasser- und Abwassergebühr –, sozial sinnvoll einsetzen kann. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Vorsitzende GRin Inge Zankl: Der nächste Redner ist Herr GR Ing RUDOLPH. Ich erteile ihm das Wort.

 

GR Ing Herbert RUDOLPH (Klub der Wiener Freiheitlichen): Frau Vorsitzende! Meine sehr geehrten Damen und Herren des Gemeinderates!

 

Es ist jetzt von meinen Vorrednerinnen und Vorrednern sehr viel an Argumenten gebracht worden, die von der SPÖ eigentlich nicht wirklich entkräftet werden konnten. Bevor ich daher diese ganzen Argumente noch einmal neu aufrolle und wiederhole und somit eigentlich nur mehr zu Protokoll gebe, vielleicht zwei andere Punkte dazu.

 

In der Frage letztes Kindergartenjahr gratis auf der einen Seite beziehungsweise verpflichtendes Vorschuljahr auf der anderen Seite sind wir oft, zumindest in dem politischen Diskurs, in Österreich so weit, dass wir gemeinsam akzeptieren, dass in dem Alter der Kinder ab fünf Jahren, also noch vor dem schulpflichtigen Alter, etwas getan werden muss. Ob das jetzt mehr eine Form der schulischen Bildung ist, ob das mehr eine Form der, wie man früher einmal gesagt hat, Herzensbildung oder, wie man heute sagt, sozialen Kompetenz ist, darüber kann man sicherlich auch noch trefflich streiten, aber das

 

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