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Gemeinderat, 56. Sitzung vom 24.05.2005, Wörtliches Protokoll  -  Seite 9 von 104

 

von außen, wahrscheinlich haben Sie Angst vor Einflüssen von außen, wahrscheinlich haben Sie Angst vor einer etwas universelleren Betrachtungsweise. Aber es ist doch so: Wenn man einen Künstler engagiert für etwas – und ich stehe zu dieser Wahl –, dann will man, dass dieser Künstler seine Vorstellungen, seine Sicht der Dinge auch verwirklicht. Das ist mit allen so, das ist auch so, wenn man eine Theaterdirektion besetzt, das ist so, wenn man mit einem Stipendium einen Kurator einsetzt. Wenn man einen Kurator für die Biennale in Venedig einsetzt, dann holt man sich jemanden, von dem man sich erwartet, dass er eine bestimmte Vorstellung verwirklicht, von der man im Vorhinein nicht genau weiß, was sie ist. Das wäre ja geradezu langweilig und traurig für die Kunst, wenn man das alles im Vorhinein genau wüsste.

 

Aus diesem Grund ist es mir wesentlich gewesen, neben den eher – unter Anführungszeichen – traditionellen Herangehensweisen an Mozart, neben den großen Projekten, die wir in und um Mozart gestalten und vorhaben, auch eine andere Sicht der Dinge auf Mozarts Ideen, auf das, was langfristig wirkt, und zwar universell und universal wirkt, zu haben. Das glaube ich in der Person und in der Persönlichkeit Peter Sellars gefunden zu haben, und das, was er derzeit vorhat und was vorliegt, belegt das auch.

 

Vorsitzende GRin Inge Zankl: Danke, Herr Stadtrat. – Nächste Zusatzfrage: Frau GRin Dr Vitouch.

 

GRin Dr Elisabeth Vitouch (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtags und Gemeinderats): Sehr geehrter Herr Stadtrat! Wir wissen ja, der Prophet gilt nicht im eigenen Land, aber ist das Festival "New Crowned Hope" schon auf internationale Resonanz gestoßen? (GRin Mag Heidemarie Unterreiner: Er ist kein Österreicher!) Aber er arbeitet schon hier, oder?

 

Amtsf StR Dr Andreas Mailath-Pokorny: Sehr geehrte Frau Gemeinderätin! Also ich bin froh, dass wir uns in der Kunst nicht auf die Fragen des Reisepasses und der Staatsbürgerschaften verlassen müssen. Ich wüsste im Übrigen auch nicht einmal genau, welchen Reisepass Mozart heute hätte und viele andere Künstler. Also die Kunst ist ja zum Glück etwas Internationales, Über-greifendes, und wir brauchen da keine Asylverfahren oder Reisepässe oder Stempel. Ich habe ganz bewusst – noch einmal – einen internationalen Künstler gewählt, der Wien im Übrigen in der Zwischenzeit sehr gut kennt, falls Sie das in irgendeiner Weise beruhigen sollte, der aber natürlich auch international sehr gut vernetzt ist.

 

Jawohl, sehr geehrte Frau Gemeinderätin, natürlich besteht reges Interesse, und zwar, was mich besonders freut, auch außerhalb Europas. Ich selbst kann aus eigener Erfahrung berichten, dass in Asien sehr starkes Interesse herrscht, auch in Amerika, sowohl in den Vereinigten Staaten als auch beispielsweise in Mexiko. Wir haben über den Wien-Tourismus und auch über die Österreich Werbung mittlerweile zahlreiche Veranstaltungen, wo wir das verwirklichen, was wir mit dem Mozartjahr eigentlich natürlich im Sinne haben, nämlich unsere Position als Kulturmusikstadt Wien zu stärken und Wien auch stärker zu positionieren.

 

Ich kann Ihnen auch von einem sehr interessanten Gespräch berichten, das sich im Übrigen fast von selber ergeben hat. In Australien gibt es die sehr bedeutende und sehr einflussreiche Australian Opera Foundation, die sich nachgerade nicht nur um das Mozart-Logo, sondern um eine Zusammenarbeit mit Wien und Sydney im nächsten Jahr gerissen hat, um ein großes Mozartfestival zu machen. Es gibt einige andere Partnerstädte, die sehr erfreut sind über mögliche Kooperationen, zu denen wir Kontakte pflegen, wobei wir über Wien-Tourismus, aber auch über persönlichen Einsatz sowohl des Intendanten Peter Marboe und seiner Mitarbeiter, aber auch Peter Sellars und anderer Mitarbeiter und nicht zuletzt auch von mir selbst auf großes Interesse gestoßen sind.

 

Also ich kann heute schon sagen, dass die Grundidee, mit dem Mozartjahr natürlich nicht nur in Wien etwas zu bewirken und nachhaltig zu wirken, sondern auch international Aufmerksamkeit zu erregen, positive Aufmerksamkeit zu erregen, durchaus verwirklicht wird.

 

Vorsitzende GRin Inge Zankl: Danke, Herr Stadtrat. – Nächste Zusatzfrage: Herr Dr Serles.

 

GR DR Wilfried Serles (Bündnis Zukunft Wien – die Stadtpartei): Herr Stadtrat! Vieles von dem, was Sie gesagt haben, klingt interessant, klingt spannend. Wir können uns, glaube ich, im Vorfeld des Mozartjahres durchaus schon auf interessante Produktionen von und mit Peter Sellars freuen.

 

Sie haben versucht, ein bisschen den Blickwinkel zu skizzieren, in dem der ganze Auftrag zu sehen ist. Ich verlange jetzt von Ihnen nicht, dass Sie eine detaillierte Programmvorschau liefern. Sie haben auch bewusst gesagt, dass Sie sich eingelassen haben auf Peter Sellars und einmal warten, was da kommt, dass aber vieles von dem, was auf dem Tisch liegt, Sie hoffnungsvoll stimmt, dass Ihre Intentionen und die des Künstlers, nämlich los-gelöst vom Schaffen Mozarts zentriert auf seine Ideen, gerade diese Ideen, nämlich die Ideen der Aufklärung, zu transportieren.

 

In dem Punkt möchte ich nachfragen, weil auch das interessant klingt, aber für mich sozusagen noch zu wenig nachvollziehbar, zu wenig greifbar war. Können Sie zur Frage, inwieweit Peter Sellars Ideen der Aufklärung präsentieren wird und sich diese Ideen der Aufklärung wie ein roter Faden durch sein Werk ziehen werden, vielleicht schon Näheres im Vorfeld des Mozartjahres 2006 sagen?

 

Vorsitzende GRin Inge Zankl: Bitte, Herr Stadtrat.

 

Amtsf StR Dr Andreas Mailath-Pokorny: Sehr geehrter Herr Gemeinderat! Ich habe versucht, das in meiner verlesenen Beantwortung ein wenig darzustellen. Die Grundidee ist die: Peter Sellars sagt, die wesentlichen Ideen sind komprimiert in den letzten drei großen Werken Mozarts, also in den Werken, die er in seinem letzten Lebensjahr geschaffen hat. Sellars versucht, anhand dieser Elemente, die er da herausnimmt, neue Produktionen, neue Beauftragungen vorzunehmen. Er sucht auf der ganzen Welt Künstlerinnen und Künstler, die sich dieser im Grunde ewig gültigen Fragestellungen oder

 

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