Gemeinderat,
56. Sitzung vom 24.05.2005, Wörtliches Protokoll - Seite 63 von 104
anzumerken, dass sich die Stadt Wien als Ergebnis der Strategischen Umweltprüfung über viele, viele Jahre hinweg auf eine Trassierung für den Regionenring von Wien festgelegt hatte, wohl wissend, dass damit eine Trassierung gefunden worden wäre, die wesentlich besser den Bedürfnissen der Entwicklung im 22. Bezirk entsprochen hätte. Ich stehe aber nicht an zu sagen, dass dort, wo jemand anderer zahlt, nämlich der Bund, manchmal auch ein Kompromiss in der Entscheidungsfindung notwendig ist. Und genau diesen Kompromiss haben wir in den Verhandlungen mit dem Verkehrsministerium erarbeitet.
Wir haben sicherstellen können, dass das größte
Stadtentwicklungsgebiet Wiens, das Flugfeld Aspern, ebenso gut erschlossen wird
durch die Übernahme der B3d ins Bundesstraßennetz, wie das durch die
innenliegende Variante des Regionenringes für Wien der Fall gewesen wäre. Wir
nehmen zur Kenntnis, das wir damit leichte Verschlechterungen in manchen Teilen
des 22. Bezirkes, zum Beispiel beim Biberhaufenweg, haben werden. Wir
werden versuchen, diese Verschlechterungen so gering wie nur möglich zu halten.
Nichtsdestotrotz stehe ich dazu, dass wir dort, wo die Finanzierung durch den
Bund erfolgt, durch die ASFINAG erfolgt, diesen Kompromiss finden mussten und
damit erreichen konnten, dass ein ganz wesentliches Gut dieser Stadt, nämlich
der Naturraum und der Nationalpark Donauauen, keinesfalls beeinträchtigt wird.
Dritter Punkt: Weltkulturerbe. Jawohl, wir haben in
der vergangenen Woche – mittlerweile mehr als eine Woche – eine sehr intensive
Veranstaltung hier im Haus gehabt mit mehr als 60 Teilnehmern aus
50 Nationen, die sich ganz intensiv mit der Frage des Weltkulturerbes und
moderner Architektur auseinander gesetzt haben. Es war bemerkenswert, wie bei
der Exkursion zum Beispiel zu dem Projekt k47, zum ehemaligen Kaipalast, die
einheitliche und die einhellige Meinung der Teilnehmer war: Dieses Projekt
passt hervorragend auch ins Weltkulturerbe, dieses Projekt ist von seiner
Gestalt, von seiner architektonischen Qualität wert, innerhalb dieser
Weltkulturerbe-Zone, sogar innerhalb der Kernzone Platz zu haben.
Sie erinnern sich aber noch an die Diskussion, die
davor war, in der es geheißen hat, da bricht Wien zusammen und das kann dann
nicht mehr Weltkulturerbe sein. Und genau hier bitte ich auch um Vorsicht. Wenn
man dort, wo jemand, der im Grunde nur Historisierendes im Kopf hat, sagt, dass
das Weltkulturerbe gefährdet ist, dann sollte man sich einmal kurz zurücklehnen
und nachdenken, ob nicht moderne Architektur sehr wohl auch ihren Platz hat,
wenn sie in die Stadtstruktur hineinpasst und wenn sie korrespondiert mit der
historischen Bausubstanz. Dazu gibt es hervorragende Beispiele in der
Innenstadt.
Wir haben in dem Wiener Memorandum, das nunmehr auch
in der Letztfassung vorliegt und, so nehme ich an, im Juli auch von der UNESCO‑Konferenz
in Durban beschlossen und adaptiert werden wird. Wir haben dort drinnen zum
Beispiel auch stehen, dass die Entkernung von Häusern nicht das Gelbe vom Ei
ist, dass es in solchen Situationen wohl besser ist, einen gänzlichen Neubau zu
machen, der architektonisch eingepasst sein soll, der auch moderne
Formensprache beinhalten soll, dass es besser ist, so etwas zu machen als nur die
Entkernungen der Gebäude. Dazu stehe ich, und wir werden das in der Innenstadt
in der Zukunft auch benötigen, damit das Leben in der Stadt, damit das
Wirtschaften in der Stadt auch weiterhin erfolgreich bleiben kann. Moderne
Architektur hat heutzutage genauso Sinn wie seinerzeit beim Bau der Ringstraße,
damals im Sinne des Historismus, wie das Loos-Haus oder wie das Hollein-Haus am
Stephansplatz, am Stock-im-Eisen-Platz.
Zum Wald- und Wiesengürtel. Ich finde es geradezu
obszön zu behaupten, dass der Wald- und Wiesengürtel in Gefahr ist, wenn man
überlegt, dass wir bei der Gründung vor 100 Jahren nur die Hälfte der
Fläche, die der Wald- und Wiesengürtel heutzutage ausmacht, als Wald- und
Wiesengürtel definiert hatten und dass noch einmal 6 000 Hektar dazugekommen
sind. Und diese Fläche ist abgesichert, ist hervorragend abgesichert, zum Teil
auch entgegen den Wünschen und Vorstellungen der Grundeigentümer. Ich stehe
dazu, dass wir diesen Wald- und Wiesengürtel, diesen grünen Ring um Wien,
soweit das nur geht, auch künftig komplettieren sollten. Sie werden im Leitbild
für den Grünraum im Stadtentwicklungsplan dazu die notwendigen Aussagen finden.
Wir haben auch mit allen Wohnbauträgern – weil die
als die großen Gefährder des Grünraumes dargestellt werden – und mit großen
Investorengruppen, die wir kennen, Gespräche geführt und abgesichert, wo
Transformationsprozesse stattfinden werden in nächster Zeit. Das ist auf dieser
Grünraumkarte auch dokumentiert, sodass jeder sehen kann, in welchen Bereichen,
in welchen Zonen der Stadt großflächige Veränderungen Platz greifen werden.
Also wir werden diesen Wald- und Wiesengürtel, diesen
Grünraum in Wien auch weiterhin unter höchsten Schutz stellen und werden
versuchen, ihn auch weiterhin auszubauen.
Zum Wohnbaubedarf. Eine der skurrilsten Wortmeldungen
war, dass wir beim Wohnbaubedarf viel zu weit übers Ziel hinausschießen. Herr
Kollege Barnet, offensichtlich ist Ihnen nicht bewusst, dass allein
2 500 Wohneinheiten pro Jahr verloren gehen, schlicht und einfach
durch Umwidmungen verloren gehen, durch Abbruch verloren gehen. Und wenn der
Bedarf – was nicht stimmt, aber Sie haben es gesagt – 2 500 Wohnungen
beträgt, dann müssen Sie die anderen 2 500 Wohnungen noch dazu
rechnen. Dazu benötigen wir sozusagen noch eine Wohlstandsreserve, denn Sie
dürfen nicht übersehen, dass die Wohngröße in Quadratmetern, die in Wien vor
30 Jahren bei 16 m² pro Einwohner lag, mittlerweile bei weit über
30 m² liegt, in Zürich sogar bei über 50 m². Also wir müssen damit rechnen,
dass auch aus diesem Grund ein zusätzlicher Bedarf an Wohnflächen besteht. Dann
sind die 6 500 bis 7 000 Wohneinheiten nicht zu hoch gegriffen.
Davon 6 000 wohnbaugefördert zu errichten und einen Teil auch frei
finanziert, ist wohl der geeignete Mix für diese Stadt.
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