Gemeinderat,
57. Sitzung vom 27.06.2005, Wörtliches Protokoll - Seite 65 von 136
Sozialarbeiterin einen lapidaren Brief. Es geht um einen psychisch kranken, jungen Menschen: „Sie haben am 24. Februar einen Antrag auf ambulante Betreuung für Herrn XY beim Fonds Soziales Wien, Referat Behindertenhilfe, eingebracht. Die Bewilligung dieses Antrags muss leider mangels Mitarbeit abgelehnt werden.“ Leider mangels Mitarbeit abgelehnt werden! Und dann bedauert der Fond Soziales Wien, dass er eine so unfreundliche Bemerkung macht. Wenn Sie jetzt nun glauben, dass die mangelnde Mitarbeit der Sozialarbeiterin anzulasten wäre, die sich vielleicht zu wenig gekümmert hat - die Nachfrage hat Klarheit geschaffen: Mitgearbeitet hat der psychisch kranke, junge Mensch nicht! Stellen Sie sich diese zynische Haltung vor, gegen die es jetzt keine – keine! - Möglichkeit zu berufen gibt, weil wir ja wissen, wir haben ja nur ein nettes Schreiben bekommen und keinen Bescheid. Das ist ungefähr so, wie wenn Sie zu jemandem, der im Rollstuhl sitzt, sagen: „Kommen Sie zu mir und wenn Sie kommen, bekommen Sie Geld. Oh, ich bin im ersten Stock und es ist kein Lift. Sie können nicht kommen! Dumme Sache, kein Geld für Sie." Die mangelnde Mitarbeit - und da braucht man sicher kein Psychiater zu sein - bei einem psychisch kranken Menschen ist Teil der Krankheit und der Fonds Soziales Wien nimmt diesen Umstand für eine zynische Entschlagung der Aufgaben, die er zu leisten hätte! Das ist kein Einzelfall, denn wir haben eine Reihe solcher Fälle und sie sind leider in Zukunft in Menge zu erwarten. Herr Volksanwalt Kostelka hat auch schon einschlägig reagiert und hat in seinem Bericht gesagt: „Man darf den Menschen die Rechte nicht nehmen.“ Aber genau das ist es, was jetzt passiert und womit der Fonds offensichtlich seine Aufgabe als erledigt sieht.
Wir fordern, dass die Rechte der Betroffenen beachtet
werden. Wir fordern, dass es Bescheide gibt, wo Bescheide zu erstellen sind.
Wir wollen, dass über die Förderrichtlinien erst entschieden wird, wenn es
Qualitätsrichtlinien gibt. Und wir finden es als unverzichtbar, dass es eine
transparente Kostenrechnung seitens der Organisationen gibt, denn gerade große
Organisationen haben in vielen Fällen die Gemeinde Wien nicht als einzigen
Partner, die bekommen Geld auch von anderen Institutionen, vom Bund
beispielsweise. Es ist aber unabdingbar, bevor man eine Förderung gibt, eine
klare Übersicht zu haben, was sie von anderen Institutionen, von anderen
öffentlichen Einrichtungen bekommen. Quersubventionierung ist verboten, das
wäre wettbewerbswidrig. Und es ist eine Überförderung verboten. All das wird
sicher niemand wollen und wohl auch die Organisationen nicht, also muss der
Fonds Klarheit schaffen und transparente Kostenrechnungen einfordern, bevor er
fördert, um hier eine Überförderung zu verhindern.
Wir haben entsprechende Anträge vorbereitet, denn wir
glauben, dass es nicht möglich sein kann, dass die Gesundheitspolitik in dieser
Stadt diese wichtigen Fragen hintan hält und nicht berücksichtigt. Ich werde
sie jetzt der Reihe nach einbringen und beginne beim Fonds Soziales Wien, denn
die Förderrichtlinien - und das steht ja vor der Tür - sollen beschlossen
werden.
Wir stellen den Beschlussantrag, dass man
Qualitätsrichtlinien vorlegen soll, bevor man die Förderrichtlinien beschließt.
Wir stellen den Antrag, dass die anerkannten Einrichtungen transparente
Kostenrechnungen vorlegen, damit man weiß, wer fördert und wofür gefördert wird
und wir wollen, dass nicht etwas entsteht, was durch diese Struktur riskiert
wird, dass nämlich den einzelnen Organisationen ein Marktvorteil eingeräumt
wird, indem man sagt: Gut, Sie sind als anerkannte Einrichtung jemand, der eine
Dienstleistung für die Menschen erbringt und das gibt Ihnen Zugang zu weiteren
bezahlten, von der Privatperson bezahlten, Leistungen, die Sie erbringen
können. Es kann nämlich sehr leicht sein und davon reden die Organisationen
schon, dass jemand sagt: „Zwei Stunden Heimhilfe zahlt mir der Fonds Soziales
Wien, ich möchte drei weitere“, und natürlich wird man dann in erster Linie die
Organisation beauftragen, die hier ohnehin schon im Hause arbeitet. Das kann
seitens der EU als ein Marktvorteil interpretiert werden, der ein unzulässiges
Verhalten der öffentlichen Hand darstellt.
Wir wollen, dass sichergestellt wird, dass es keine
Objekt- und Projektförderung gibt, die den Ausschreibekriterien widerspricht.
Schreiben Sie aus, wo Sie müssen und fördern Sie nicht auf Dauer Dinge, die im
Wettbewerb geklärt werden müssen.
Erfüllen Sie den zentralen Anspruch des Personals im
Fond Soziales Wien und das ist der zweite Antrag, den ich zu diesem Thema
einbringe. Geben Sie den beschäftigten Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen eine
Gleichstellung, indem Sie eine Betriebsvereinbarung verabschieden, die in
Anlehnung an die Vertragsbedienstetenordnung der Stadt Wien erstellt wird und
diese darf nicht unterschritten werden. Sorgen Sie dafür, dass die Mitarbeiter
und Mitarbeiterinnen in den Organisationen tatsächlich arbeitsrechtliche
Mindeststandards beanspruchen können und dass die Mindestentgeltabsicherungen
ein unverzichtbares Kriterium in den Förderverträgen sein werden.
Dann ersuche ich Sie um Zustimmung zu Anträgen in Bezug
auf den Krankenanstaltenverbund. Es hat der Herr Generaldirektor eine alte
Forderung, die ich immer wieder erhoben habe und erheben werde und die auch die
anderen Oppositionsparteien erhoben
haben, im letzten Gesundheitsausschuss erstmalig gehört, nämlich den Wunsch
nach vertiefter Berichterstattung im Krankenanstaltenverbund. Wir wollen
schlicht wissen, welches Krankenhaus mit welchem Budget und mit welchem
Personal welche Leistungen um welches Geld erbringt, ob die Auslastung stimmt,
wo gesteuert werden muss und so weiter. Der Herr Generaldirektor hat gesagt,
das wäre leicht möglich. Wenn wir so viel lesen wollen, dann gibt er uns das
gerne. Und ich sage Ihnen bestimmt auch für die anderen Oppositionsparteien:
Wir lesen gerne, denn nur Information gibt uns allen die Möglichkeit, besser zu
werden. Es ist dringend an der Zeit, dass wir im Krankenanstaltenverbund
endlich besser werden.
Mein letzter Antrag betrifft die
Umstrukturierung des stationären geriatrischen Bereichs der Stadt Wien. In der
Geriatriekommission wurde uns mitgeteilt, dass es eine
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