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Gemeinderat, 57. Sitzung vom 27.06.2005, Wörtliches Protokoll  -  Seite 78 von 136

 

Vorsitzende GRin Inge Zankl: Als Nächste zum Wort gemeldet ist Frau GRin Jerusalem. Ich bringe nur in Erinnerung, dass ab jetzt in der Geschäftsgruppe die Redezeit nur mehr 15 Minuten ist. (GR Dr Herbert Madejski: Maximal!) Maximal.

 

GRin Susanne Jerusalem (Grüner Klub im Rathaus): Frau Vorsitzende! Frau Stadträtin! Meine sehr verehrten Damen und Herren!

 

Sehr erfreulich, dass wir jetzt kürzer reden. Ich werde die Serie der absolut spannenden Reden fürs Protokoll fortsetzen.

 

Ich habe in den vergangenen Jahren immer wieder gehört, dass die SP Wien von sich selbst überzeugt ist, das Gegenmodell zu sein. Als heute Frau GRin Stubenvoll gesprochen und erneut gesagt hat, dass Wien das Gegenmodell ist, hat sie beinahe angesetzt, uns zu sagen, worin sich das denn eigentlich manifestiert. Sie hat dann aber leider unterbrochen. Ich weiß es immer noch nicht und ich denke mir, jetzt geht die Legislaturperiode zu Ende und vielleicht sollten wir es doch herausfinden.

 

Was wir ganz sicher wissen, ist, dass es seit Beginn dieser Legislaturperiode in Wien mehr Menschen gibt, die arm sind. Das ist ein gesichertes Wissen. Davon können wir ausgehen. Wir können auch davon ausgehen, dass sich die Schere zwischen Arm und Reich weiter geöffnet hat. Das wissen wir auch. Das heißt, dieses Wiener Modell, oder wie das unser Landeshauptmann so schön immer sagt, vor allem am 1. Mai, dieses "Wiener Herz", diese warme und zuwendungsreiche Wiener Politik, muss sich in irgendetwas geäußert haben. Ich schlage vor, wir gehen es ein kleines bisschen durch, auch wenn die Zeit drängt.

 

Frage Nummer eins: Wurde zum Beispiel die Sozialhilfe auf ein existenzsicherndes Niveau angehoben?

 

Die GRÜNEN haben das gefordert. Andere Oppositionsparteien haben das gefordert. Der Volksanwalt Kostelka, der zur SPÖ gehört, hat das mehrfach gefordert, mündlich und schriftlich. Alle sagen immer, diese Wiener Sozialhilfe ist nicht existenzsichernd. Hat das goldene rote Herz diese Sozialhilfe nun in dieser Legislaturperiode angehoben? - Nein, Sie haben sie nicht angehoben! Also hier manifestiert sich das Gegenmodell nicht.

 

Zweite Frage: Manifestiert sich dieses Wiener Modell, das Gegenmodell zum Bund, man kann es nicht oft genug betonen, vielleicht darin, dass Sie diesen Menschen, die nur eine sehr geringe Sozialhilfe, von der man eigentlich nicht leben kann, erhalten, etwas anderes gegeben haben, zum Beispiel die Freifahrt auf den WIENER LINIEN, damit auch diese Menschen mobil sind, oder vielleicht den freien Eintritt in Bäder oder zu Sportveranstaltungen oder vielleicht den freien Zugang zu Bildungsmaßnahmen, indem man zum Beispiel bei den Volkshochschulen kostenlose Bildungsmaßnahmen in Anspruch nehmen kann? Fragen wir uns das einmal.

 

Die Stadt Linz macht das erfolgreich seit vielen Jahren. Haben Sie das gemacht? - Nein, das haben sie auch nicht gemacht! Also auch in diesem Punkt kann sich das Gegenmodell leider nicht manifestiert haben.

 

Ich stelle die dritte Frage: Ist es möglich, dass Sie vielleicht ganz im Besonderen gesagt haben, irgendwie ist das unsozial und ärgerlich, dass die Kinder von SozialhilfeempfängerInnen so benachteiligt sind, dass bereits zu Schulbeginn, wenn die anderen die tollen Schulsachen einkaufen gehen, diese Kinder nicht so tolle Sachen haben können, oder dass Sie gesagt haben, es ist schon eine traurige Sache, wenn die Kinder von SozialhilfeempfängerInnen zu Schulbeginn kein gescheites Gewand haben und man in der Klasse gleich sieht, wer dazugehört und wer nicht dazugehört?

 

Hat man da vielleicht gesagt: „Gut, das kostet uns nicht so viel. Das sind nur 18 000. Investieren wir hier." - Nein, das haben Sie auch nicht gesagt! Das Gegenmodell manifest sich also auch nicht in diesem Punkt.

 

All das muss man leider mit Nein beantworten. Da gibt es also Probleme in dieser Stadt, die wir seit Jahren ergebnislos beackern.

 

Das ist zum Beispiel die versteckte Obdachlosigkeit der Frauen. Da gibt es eine Arbeitsgruppe, dort wurde gearbeitet, aber das Problem ist nunmehr, ich kenne das Problem schon seit ungefähr 10°Jahren, gelöst ist es nicht.

 

Ein weiteres Problem im Obdachlosenbereich ist die Tatsache, dass wahnsinnig viele Menschen unter den Obdachlosen psychisch krank und kaum erreichbar für irgendwelche Maßnahmen sind. Auch da muss man sagen, es wurde ein Beginn gemacht und in dieser Legislaturperiode ist es definitiv nicht geglückt, das Problem dieser Menschen zu lösen oder entscheidend zu verbessern.

 

Ich weiß schon, jetzt wird mir nachher gleich die nächste Rednerin oder der nächste Redner sagen, was genau in dem Gebiet alles gemacht wurde. Ja, danke, ich weiß es, man braucht es mir nicht zu erzählen. Aber der springende Punkt ist, dass das Problem nicht gelöst ist. Unsere Forderung lautet: Man muss sich mit den psychisch Kranken in der Obdachlosenszene sehr eindeutig, sehr viel besser und sehr viel intensiver auseinander setzen.

 

Meine Damen und Herren! Jetzt habe ich ein paar Punkte so abgeklopft und stelle abschließend fest, mir persönlich manifestiert sich dieses Gegenmodell nicht. Also wenn wir es heute noch schaffen - ich sitze hier und höre aufmerksam zu -, und Sie können es mir vielleicht noch klarmachen, wäre ich absolut dankbar und frohen Mutes.

 

Ich möchte - viel Zeit ist ja nicht - auf ein... (GRin Erika Stubenvoll: ...Fonds Soziales Wien!) Den Fonds Soziales Wien lasse ich jetzt aus, ich glaube, darüber haben heute schon so viele Menschen geredet. Sigrid Pilz hat das eindringlich dargestellt und auch anhand eines Falles, der mittlerweile sehr gut recherchiert ist, aufgezeigt. Daher lasse ich den Fonds Soziales Wien aus und beschäftige mich noch ein kleines bisschen mit der Drogenpolitik der Stadt Wien. Denn auch die scheint es mir wert zu sein.

 

Es gibt den Drogenbeirat. Ich bin sehr froh, dass es diesen Drogenbeirat gibt, und halte das nach wie vor für eine sehr gute Einführung, weil dort tatsächlich vieles an

 

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