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Gemeinderat, 57. Sitzung vom 27.06.2005, Wörtliches Protokoll  -  Seite 87 von 136

 

Wochenende waren in der Zeitung Projekte angeführt –, aber wie immer sind die nicht ganz so billig, vor allem die Pensionen der Frauen werden nicht reichen. Und was noch dazukommt: Auch für die Zukunft werden sie nicht reichen. Letzthin hat Prof Marin angesprochen, dass die Frauen immer noch viel zu sehr in Teilzeit arbeiten und Billigjobs haben. Wenn sich das nicht ändert, werden die Pensionen der Frauen für die Zukunft noch trauriger ausschauen als heute schon, denn der Großteil der Frauen bezieht eine Mindestpension.

 

Im Bericht des Kuratoriums setzt man sich lobenswerterweise auch mit der Suizidgefahr von älteren Menschen auseinander. Die ist nicht klein, und man versucht hier, auch einiges zu unternehmen.

 

Ich habe hier Anträge. Zu einigen Themen habe ich mir die Anträge gespart, denn meine Erfahrung ist, dass die SPÖ, wenn es um Finanzierung und Prestige geht, meistens keine Mitsprache will und dass das Soziale dort endet, wo es um Demokratie geht. Trotzdem möchte ich diesen Denkanstoß hier deponieren – zum Abschied sozusagen. Ich danke. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Vorsitzender GR Dr Herbert Madejski: Zu Wort gemeldet ist Herr GR Pfeiffer.

 

GR Gerhard Pfeiffer (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Herr Vorsitzender! Frau Stadträtin! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

 

Diese Legislaturperiode hat in der Antisuchtgiftpolitik eine gewisse Stagnation erfahren. StRin Pittermann stand der vorhergehenden Drogenpolitik mit einer gewissen Reserviertheit gegenüber. Die Übergabe der Führung in der Drogenkoordination von Hacker auf Dressel hat natürlich auch gewisse Verzögerungen gebracht. Mit der Übernahme durch Frau StRin Brauner hat sich, glaube ich, die Situation auf diesem Gebiet gebessert. Jetzt wird wenigstens in Ansätzen Prävention betrieben, was vorher immer ein Lippenbekenntnis war.

 

Das hat für die Suchtgiftbekämpfung und die Situation in der Realität bislang noch geringe Bedeutung. Der Bericht des ÖBIG zeigt einen steigenden und polytoxikomanen Missbrauch von Drogen und einen Suchtgiftkonsum, zeigt sowohl eine steigende Anzahl von Drogentoten als auch eine steigende Prävalenz in der Jugend, zeigt einen steigenden intravenösen Konsum, der auch mit Substitutionsmitteln durchgeführt wird, auch mit Kokain. Die Rückständeuntersuchungen von Dauerspritzen machen das deutlich.

 

Die Polizei tut ihr Bestes. Die Dealerverhaftungen zeigen einen rapiden Anstieg von 500 vor zirka vier Jahren auf 3 500, die heuer zu erwarten sind. Endlich nach langen Jahren werden die Lippenbekenntnisse auf diesem Gebiet abgelegt und wird durchgegriffen. Aber der strategische Ansatz des Wiener Drogennetzwerkes bleibt nach wie vor gleich. Der Schwerpunkt liegt auf der Sekundärprävention. Helfen statt strafen, ist die einzige Parole. Es gibt tatsächlich zu wenig Therapien, vor allem zu wenig prätherapeutische Hilfen, die insbesondere notwendig wären. Und es gibt zu viele Seilschaften, die sich mit dem Thema auseinander setzen und zu wenig Evaluation betreiben.

 

Eines habe ich versprochen – Frau Jerusalem kennt mein Versprechen, ich werde es einhalten, auch in dieser Sitzung –: Wann immer sie mit den Fixerräumen, mit den von ihr euphemistisch "Konsumräume" genannten Suchtgiftzentren anfängt, wird sie mich hier heraußen finden und werde ich dagegen sprechen. „Warum?“, hat sie gefragt und es sich nicht erklären können, wie man gegen so etwas sein kann.

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist der verbotene Besitz von Suchtgift, der mit öffentlichen Mitteln unter Bruch von Gesetzen und Staatsverträgen, die mit der WHO abgemacht sind, akzeptiert werden soll. Also wenn das nicht Grund genug ist, um dagegen zu sein, Frau Jerusalem, dann weiß ich nicht. Das ist hochinteressant. Ein bisschen wäre das so ähnlich, kommt mir vor, als wenn wir zwanghaften Waffennarren mit Steuermitteln Schusskeller für die mitgebrachten illegalen Waffen schaffen würden, damit sie dort ihrer Sucht nach Patronenabgabe via Waffen nachkommen können.

 

Es ist das letztendlich nichts anderes als eine zynische Endlagerung von Suchtgiftkranken. Das muss man klar und deutlich sagen, und wir werden uns, solange es keine neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse gibt, immer gegen einen intravenösen Konsum aussprechen. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Die Substitution ist zwar eine unbeliebte, aber einzige Alternative, wenn keine Abstinenz mehr erreicht werden kann. Es ist Zeit, in die Offensive zu gehen, meine sehr geehrten Damen und Herren, um die Geißel Suchtgift zu bekämpfen und ihr nicht noch Raum zu bieten. Das ist doch wirklich unvorstellbar, dass das eine Logik sein kann. Es ist Zeit, in die Öffentlichkeit zu gehen, um das Bewusstsein in der Öffentlichkeit zu bilden. Das kann ich doch nicht damit machen, dass ich eine bewusst falsche und gesetzeswidrige Handlung, die noch dazu zumeist zu furchtbaren Erscheinungsformen der Krankheit und der sozialen Ausgeschlossenheit führt, noch fördere. Es ist Zeit, meine sehr geehrten Damen, sich zu wehren und aktiv an der Beseitigung dieser Gefährdung unserer jungen Menschen und unserer gesamten Gesellschaft zu arbeiten.

 

Die ÖVP hat vor eineinhalb Jahren im Anschluss an ihr erstes Suchtgiftkonzept aus dem Jahre 1993 ein Update vorgenommen, und wir haben als Paradigmenwechsel gesagt, Zeit ist es, aktiv gegen die Drogen vorzugehen, nicht ständig nur hinterherzulaufen und zu reparieren. Zeit ist es, Maßnahmen zu setzen. Und wir rufen dazu auf, diese aktive Politik anzugehen.

 

Unsere neue Parole heißt: Vermeiden, statt helfen müssen. Ich glaube, das ist besser als helfen, statt strafen. Vermeiden, statt helfen zu müssen, das ist viel wichtiger. Das muss eine neue und zukunftsweisende Devise werden.

 

Die bisher dazu vorgestellten Maßnahmen sind nicht geeignet, das öffentliche Bewusstsein nachhaltig zu ändern. Die Strategie selbst – und das geht auch aus der Springerstudie zur Primärprävention ganz gut hervor –, Suchtbekämpfung und Suchtgiftbekämpfung gleichzusetzen, geht nicht wirklich auf. Es ist etwas anderes, ob

 

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