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Gemeinderat, 57. Sitzung vom 28.06.2005, Wörtliches Protokoll  -  Seite 5 von 116

 

waren. Und wenn man zu große Schuhe anhat, dann be-ginnt man relativ schnell zu stolpern. Ich möchte Ihnen jetzt sehr konkret ein paar Themenbereiche aufzählen, die eigentlich symptomatisch für diese viereinhalb Jahre waren.

 

Ich fange einmal mit der Besetzungspolitik an. Das sind lauter Dinge, die hier im Hause offensichtlich schon vergessen wurden und Sie selbst auch vergessen haben. Sie haben gesagt, eines Ihrer großen Ziele wird die Besetzungspolitik sein, alle Positionen werden öffentlich ausgeschrieben werden und Sie seien Jurist und der Meinung, das sei sowieso gesetzlich notwendig.

 

Ihre erste große Besetzung war die Josefstadt. Wie das ausgegangen ist, daran können wir uns alle noch er-innern. Ihr Kandidat, Herman Beil, der ein reputierter Kandidat war, war jener, der sich überhaupt nie beworben hat, geschweige denn auf eine öffentliche Ausschreibung gefolgt ist. Die Entscheidung für den leider verstorbenen Herrn Gratzer haben Sie ihm persönlich in einem Telefonat mitgeteilt, zu einem Zeitpunkt, wo die Jury überhaupt noch nicht getagt hat. So ist das Ganze einmal losgegangen. Die Spitzenpositionen, die in Ihrer Zeit in den Vereinigten Bühnen vergeben oder verlängert wurden, wurden nie ausgeschrieben.

 

Der Höhepunkt Ihrer transparenten Ausschreibungspolitik waren die Wiener Festwochen, wo Sie mit dem Herrn Kusej ohne Ausschreibung verhandelt hatten, der dann über Ihre Kulturpolitik als "beschämende Kulturpolitik von nervösem Gestammel" gesprochen hat. (GRin Mag Marie Ringler: Das "profil" hat nicht mehr darüber geschrieben!) Es stimmt, das "profil" hat nicht mehr darüber geschrieben. Der Luc Bondy, der dann auch über das "profil" irgendwann einmal die transparente Ausschreibungspolitik mitbekommen hat, hat von "enorm beschädigend für die Wiener Festwochen" gesprochen.

 

Höhepunkt sicher der gesamten Ära der Besetzungen war die Bestellung von Karl Welunschek zum Direktor des Rabenhofs, der dort in dieser legendären kabarettreifen Pressekonferenz auf die Frage, was denn nun jetzt eigentlich das objektive Programm sei, nur gesagt hat: "Das Programm bin ich."

 

Damit sind wir auch schon beim nächsten Thema. Das ist das Thema des Rabenhofs. Entgegen aller Ratschläge aller Fachleute haben Sie Herrn Welunschek dort an die Macht gebracht. Das Ergebnis seiner Ära ist bekannt: Nicht vorhandene Buchhaltung, Löcher in der Kassa und die Exzesse haben eigentlich zunehmend hinter der Bühne und vor der Bühne, aber sicher nicht auf der Bühne stattgefunden. Aber eines muss man dem Herrn Stadtrat insbesondere in der Frage Rabenhof lassen, er ist ein echter Steher, das muss man sagen. Zu einem Zeitpunkt, wo die künstlerischen Differenzen zwischen dem Direktor Welunschek und dem so genannten Chefdramaturgen in Kaffeehäusern mit Watschen ausgetragen wurden, die eher einseitig verteilt wurden, wie Zeugen gesagt haben, zu einem Zeitpunkt, wo die Kassa leer war, zu einem Zeitpunkt, wo der Spielbetrieb im Rabenhof eingestellt war, wo man auf die Frage, wo der Intendant sei, nicht sicher war, ob er flüchtig ist, ob er untergetaucht ist oder was auch immer, hat der Herr Kulturstadtrat in diesem Hause zum Rabenhof noch immer gesagt, das sei trashiges junges Theater und der Rabenhof sei ein Musterbeispiel geglückter SPÖ-Kulturpolitik. Das, was Sie hier im Gemeinderat damals zum Thema Rabenhof geliefert haben, hat mich an diesen ehemaligen irakischen Informationsminister Mohammed Saeed al-Sahaf erinnert, wo schon im Hintergrund die amerikanischen Panzer durch die Bilder gefahren sind und er noch immer gesagt hat, kein einziger Feind hat irakischen Boden betreten. Das war Ihre Argumentation hier, die wir Ihnen sicher abgenommen haben. Es hat kein Programm mehr gegeben, es hat keinen Intendanten mehr gegeben und Sie haben noch immer gesagt: „Ich stehe zum Rabenhof." Das ist das Beispiel sozialdemokratischer Kulturpolitik. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Jetzt hat es eine objektive Ausschreibung gegeben, der wir auch zugestimmt haben, weil es dort interessanterweise einen neuen Intendanten gibt. (GR Ernst Woller: Der zuerst ein Dramaturg war!) - Ich habe von einem anderen Chefdramaturgen geredet, der die Watschen bekommen hat. Das war nicht der jetzige Intendant. Darin sind wir uns einig. Das trashige Jugendtheater hat unter einem anderen Chefdramaturgen stattgefunden.

 

Aber ich komme zurück. Dieser Informationsminister im Irak hat kurzzeitige Berühmtheit bekommen, den hat man dann "Comical Ali" genannt. Mit dem Herrn Stadtrat ist man ein bisschen höflicher umgegangen. Das "profil" hat ihm einen anderen Titel in einer großen Geschichte verliehen: "Genosse Quichotte", wie sie gesagt haben. Ich meine, Don Quichotte ist eine große literarische Gestalt, das muss man anerkennen. Das Problem am Rabenhof ist, es hat den Steuerzahler 2,5 Millionen EUR gekostet.

 

So billig ging das leider nicht weiter in der Ära Mailath-Pokorny, denn der Herr Stadtrat wollte nicht mehr so eine kleine Windmühle wie im Rabenhof bauen, er wollte eine wirklich große Windmühle. Damit hat das Ronacher begonnen. Der Umbau des Ronacher: 47 Millionen EUR, ein Drittel davon ausschließlich für Zinszahlungen. Das ist schon eine große Leistung. Wenn das Ganze wenigstens ein politisches Mausoleum des Herrn Stadtrats geworden wäre, dann hätten wir keine Folgekosten, könnten wir vielleicht sogar Eintritt verlangen, wenn jemand hineingeht. Nein, es ist gesichert, dass die Finanzierungen und Subventionierungen für das Musical damit nachhaltig und dauerhaft erhöht werden.

 

In welche Branche investieren wir? Wir investieren in jene Branche, die weltweit in einer Krise ist. Der muss man sozusagen noch eine zusätzliche, noch eine größere Spielstätte schaffen, damit sozusagen noch größere Musicals bestehen bleiben können. Ich verstehe das ja auch. Weil wenn man solche künstlerischen Highlights, ich sage hier nur "Mozart", ich sage hier nur "Barbarella" hat, dann kann das Haus gar nicht groß und teuer genug sein, damit es sozusagen würdig bespielt werden kann. (GRin Mag Marie Ringler: "Falco" nicht zu vergessen!) - "Falco" nicht zu vergessen. "Falco“ ist insofern ein gutes Beispiel, weil "Falco" bewiesen hat, dass man sehr wohl

 

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