Gemeinderat,
57. Sitzung vom 28.06.2005, Wörtliches Protokoll - Seite 27 von 116
Arbeit haben, die also nicht arbeitslos gemeldet sind, keine Arbeitsmarktunterstützung beziehen, aber trotzdem unter der Armutsgrenze leben beziehungsweise stark armutsgefährdet sind. Sie wissen, der durchschnittliche Sozialhilfebezug für Frauen beträgt in Wien 630,17 EUR. Das liegt unter der wissenschaftlich definierten Armutsgrenze von 785 EUR, die Menschen ein so genanntes menschenwürdiges und existenzsicherndes Leben ermöglicht.
Auch die Arbeitslosigkeit steigt, das wurde gestern
schon im Rahmen der allgemeinen Debatte angesprochen. Die Arbeitslosigkeit der
Frauen steigt zwar statistisch im Vergleich zum Vormonat nicht, aber dennoch
gibt es noch lange keinen Grund zur Entwarnung am Arbeitsmarkt. Die
Frauenarbeitslosenquote stagniert, sie sinkt kaum merklich. Minus
0,1 Prozent im Vergleich zum Vormonat ist noch lange kein Grund zu
behaupten, mit der Frauenarbeitslosigkeit gehe es aufwärts – oder besser
gesagt, mit der Frauenerwerbstätigkeit gehe es aufwärts;
"Frauenarbeitslosigkeit" wäre in diesem Zusammenhang eine sehr
missverständliche Bezeichnung.
Wir haben auch zusätzlich zu den
32 000 Frauen, die arbeitslos gemeldet sind, 9 000 Frauen
in Schulungen. Das heißt, auch hier muss man das deutlich machen, was gestern
schon diskutiert wurde, nämlich dass die offizielle Arbeitslosenstatistik
eigentlich eine Schönfärberei ist und nach oben korrigiert gehört, gerade im
Frauenbereich, wo die Dunkelziffer der arbeitslosen Frauen oder der Arbeit
suchenden Frauen sehr hoch ist, weil sich viele Frauen gar nicht beim AMS
erwerbstätig melden.
Höchste Zeit also für einen Frauenarmutsbericht in
Wien, wie ihn zum Beispiel die Stadt Salzburg seit Jahren veröffentlicht, wobei
auch armutspräventive Maßnahmen auf Grund eines solchen Frauenberichts von der
Stadt Salzburg gesetzt wurden. Höchste Zeit, die Lage der Frauen in Daten
systematisch zu erfassen, denn ich denke, eines der besten Mittel zur
Armutsbekämpfung ist die Armutsprävention, und dazu gehört unserer Ansicht nach
eine korrekte Datenerfassung.
Wir GRÜNEN verstehen also nicht, wieso sich die
Sozialdemokratie nun seit Jahren hartnäckig weigert, auf unseren Vorschlag,
einen Frauenarmutsbericht zu erstellen, einzugehen. Wir bringen daher noch einmal
den Beschlussantrag ein:
„Die amtsführende Stadträtin der Geschäftsgruppe für
Integration, Frauenfrauen, Konsumentenschutz und Personal möge die regelmäßige
Erstellung eines Wiener Frauenarmutsberichts veranlassen.
In formeller Hinsicht beantrage ich die sofortige
Abstimmung dieses Antrags."
Denn ich denke, wenn einmal die Situation der Frauen
auch in Daten und in ihrer Entwicklung deutlich wird, so wäre das doch auch für
die sozialdemokratische Wiener Stadtregierung ein Anlass, die Entwicklung auf
Bundesebene und die Auswirkungen der dort beschlossenen Gesetze -
Pensionsreform, Steuerreform et cetera - auf die Frauen, auch auf die Frauen in
Wien, deutlich zu machen. Und deshalb verstehe ich das nicht, und ich kann es
nur mit dem Drang zur Schönfärberei und zum Wegstecken oder Verstecken von
allem, was in Wien negativ oder weniger wünschenswert sein könnte, erklären.
Wir GRÜNEN stehen jedenfalls dafür, nicht
wegzuschauen, was Armut in Wien betrifft. Armut ist weiblich, und wir wollen
das endlich in Daten erfasst haben.
Ich habe zu Beginn meiner Rede die Bilanz
angesprochen, die ich heute ziehen möchte, und auch das Programm, mit dem die
SPÖ 2001 angetreten ist. Da gibt es das sehr ambitionierte 100-Projekte-Zukunftsprogramm
für Wien, und man lese - oder Frau lese - und staune: Es gibt doch einige
Bereiche, die dort angesprochen werden, also einige Ankündigungen, die gemacht
wurden, die bis heute nicht umgesetzt wurden. Ich nütze also jetzt die letzte
Möglichkeit vor den Wahlen, hier Ihr eigenes Programm, das Sie uns 2001
präsentiert haben, im Frauenbereich einzufordern – einige Bereiche daraus; es
sind noch mehr nicht umgesetzt als die, zu denen wir heute Anträge stellen,
aber ich möchte die wichtigsten herausgreifen.
Der erste Antrag betrifft die sprachliche
Gleichbehandlung. Im Arbeitsprogramm der SPÖ "100 Projekte für die
Zukunft Wiens" vom Mai 2001 wird angekündigt, die Wiener
Stadtverwaltung zum frauenpolitischen Vorbild zu machen. Die sprachliche
Gleichbehandlung von Frauen und Männern in Formularen, Gesetzes- und
Verordnungstexten wird ausdrücklich zur Erreichung dieses Ziels erwähnt.
Sie wissen, viele Gesetze, Verordnungen und auch
Formulare sind nach wie vor nicht geschlechtergerecht formuliert. Es wird die
so genannte Generalklausel, also das generische Maskulinum verwendet, das
aussagen soll, wenn das Maskulinum verwendet wird, seien angeblich beide
Geschlechter mit gemeint. Sie wissen - nicht nur von der Wissenschaft, auch von
der Frauenbewegung und auch aus Ihrer eigenen Programmatik -, dass man sich
damit natürlich nicht zufrieden geben kann, dass das eine Form des
Unsichtbarmachens und des Versteckens von Frauen in der Realität ist.
Das heißt, ich bringe den Antrag ein, den Sie ja zu
Beginn der Legislaturperiode angekündigt haben:
„Der Gemeinderat beschließt, umgehend die sprachliche
Gleichbehandlung von Frauen und Männern in Formularen, Publikationen, Gesetzes-
und Verordnungstexten durch geschlechtergerechte Formulierungen umzusetzen.
In formeller Hinsicht beantrage ich die sofortige
Abstimmung des Antrags."
Ein weiterer Punkt, der im
100-Projekte-Zukunftsprogramm der SPÖ Wien angekündigt wurde und den wir auch
für gut halten, ist die Förderung von Unternehmerinnen in Wien. Die Zahl der
Unternehmerinnen in Wien stagniert bei ungefähr 30 Prozent. Es werden
derzeit - wir haben uns die jüngsten Zahlen angeschaut - mehr Unternehmen von
Frauen in Wien geschlossen, als eröffnet werden.
In dem 100-Projekte-Programm für
Wien der SPÖ wurde auch angekündigt, sich dafür stark zu machen, im
Wirtschaftsförderungsfonds mehr frauenfördernde Maßnahmen umzusetzen. Ich
denke, dass der
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