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Gemeinderat, 57. Sitzung vom 28.06.2005, Wörtliches Protokoll  -  Seite 31 von 116

 

Bundesgesetzen, glaube ich, gut geregelt. Wir können hier der Fremdenpolitik und der Asylpolitik der Bundesregierung durchaus ein gutes Zeugnis ausstellen.

 

Wie sieht aber nun die Integrationspolitik im Bereich der Stadt Wien aus? Hier müssen wir leider konstatieren, dass Wiener Probleme mit Ausländern haben und dass auch Ausländer Probleme in diesem Wien haben. Es ist der Integrationspolitik in Wien nicht gelungen, für beide Gruppen befriedigende Lösungen zu schaffen, geschweige denn beide Gruppen zusammenzuführen. Man kann sagen, die Wiener Integrationspolitik ist nicht erfolgreich; oder weniger freundlich: Die Wiener Integrationspolitik hat versagt.

 

Dafür kann ich einen ganz unverdächtigen Zeugen aufrufen, einen Zeugen, der sicher auch nicht damit rechnet, von mir genannt zu werden, nämlich einen Kollegen von der SPÖ, Herrn GR Mag Thomas Reindl. Er hat da eine sehr interessante Studie verfasst und sie erst vor kurzem präsentiert, nämlich am 8. Juni, und zwar im Rahmen der Sozialwissenschaftlichen Studiengesellschaft. Diese Sozialwissenschaftliche Studiengesellschaft hat Wienerinnen und Wiener befragt im Zusammenhang mit Problemen mit Zuwanderern, und da stellen die Wiener der Wiener Integrationspolitik kein sehr gutes Zeugnis aus.

 

Am Anfang dieser Umfrage steht eine Hypothese, nämlich die Hypothese, dass es in Wien angeblich weniger Probleme mit Zuwanderern als in anderen Großstädten gibt. Im Zusammenhang mit dieser Hypothese werden vier Erklärungen abgefragt.

 

Frage Nummer 1: Es gibt weniger Probleme, weil viele Zuwanderer in der Wirtschaft und in Pflegeberufen Arbeit finden. 61 Prozent der Bevölkerung stimmen dieser Erklärung zu.

 

Zweite Frage: Es gibt genauso viele Probleme mit Zuwanderern in Wien wie in den anderen Großstädten Europas. Da stimmen 50 Prozent zu. Es ist daher schon sehr die Frage in der subjektiven Wahrnehmung, ob die Probleme in Wien tatsächlich geringer sind als anderswo.

 

Drittens gibt es die Erklärung: Es gibt weniger Probleme, weil die Wiener eine alte Tradition haben, Zuwanderer aufzunehmen. Dem stimmen immerhin 49 Prozent der Wiener zu.

 

Viertens kommt jetzt der Coup: Der Herr Kollege fragt und gibt zugleich als Antwortmöglichkeit den Satz an: Es gibt weniger Probleme, weil Wien eine geschicktere Integrationspolitik hat. Da sagen nur noch 36 Prozent: „Ja, das stimmt", aber 50 Prozent sagen: „Nein, es stimmt nicht"!

 

Sehr verehrte Damen und Herren! Dem ist wenig hinzuzufügen. Die SPÖ hat in der Integrationspolitik versagt. Das sagt nicht nur die ÖVP, das sagt sogar ein SPÖ-Gemeinderat. Das sagt aber vor allem die Bevölkerung, und sie hat damit leider Recht! (Beifall bei der ÖVP.)

 

Worin liegt nun dieses Versagen? Es gibt einfach zu wenig Hilfe für Personen, die der Integration bedürfen, und zwar auf den Gebieten des Wohnens, des Deutsch-Lernens und in der Ausbildung, und es gibt kontraproduktive Ideen wie das Ausländerwahlrecht.

 

Thema Wohnen: Hier sagen uns Türkeiexperten, dass viele Ausländer in Ghettos leben und dass sich bereits Slums gebildet haben. Das sollte uns wirklich aufrütteln! Eine Studie des Integrationsfonds bestätigt das auch eindrucksvoll mit Zahlen; ich glaube nicht, dass der Integrationsfonds deshalb zu Grabe getragen worden ist, aber es mag dies schon seinen Anteil dazu beigetragen haben. Während nur 7 Prozent der Österreicher in Substandardwohnungen leben, sind es 55 Prozent der Personen aus Ex-Jugoslawien und 60 Prozent der Türken. Während 84 Prozent der inländischen Bevölkerung in Kategorie-A-Wohnungen leben, sind es bei Personen aus Ex-Jugoslawien oder der Türkei nur 33 Prozent.

 

Das hängt natürlich damit zusammen, dass Sie, sehr geehrte Damen und Herren von der Sozialdemokratie, nicht bereit sind, Gemeindebauten für Migranten zu öffnen. Das wird auch aus dem Stadtschulrat kritisiert. Wir haben Volksschulen mit zum Teil über 50 Prozent Anteil nicht deutschsprechender Schüler, mit so genannten außerordentlichen Schülern, die gar nicht benotet werden können, weil sie der deutschen Sprache nicht mächtig sind. Durch eine Öffnung der Gemeindebauten würden wir eine stärkere Verteilung der nicht deutschsprachigen Bevölkerung erreichen, und wir hätten auch weniger Probleme in den Schulen.

 

Das sind die wahrhaften Probleme, die wir in dieser Stadt haben, wofür es keinen Lösungsansatz gibt oder für die skurrile Ideen wie das Ausländerwahlrecht propagiert werden. Eine Idee, die Bezirksräte erster und zweiter Klasse schafft, polarisiert, verfassungswidrig ist und natürlich von der Bevölkerung abgelehnt wird. Bei dieser Gelegenheit wieder der Einschub: Danke an Herrn Kollegen Reindl von der SPÖ! Er hat auch das abgefragt: 60 Prozent der Wiener Bevölkerung sind gegen das Aus-länderwahlrecht, nur 40 Prozent dafür.

 

Aber lassen Sie mich noch etwas zum Deutsch-Lernen und zur Sprachintegration sagen. Die Deutschkurse werden zu wenig angenommen, und sie sind nicht kompatibel mit der Integrationsvereinbarung. Wir haben Volksschulen mit 50 Prozent außerordentlichem Schüleranteil, im Schnitt waren es aber 25 Prozent. Man muss sich das einmal vorstellen: Wienweit über die ganze Stadt gelegt konnten 25 Prozent der Volksschüler im Schuljahr 2004/2005 nicht dem Unterricht folgen! Sie waren außerordentliche Schüler, sie konnten nicht benotet werden.

 

Jetzt mag ich dahingestellt lassen, wie sich das auf die Kinder auswirkt - sicherlich entsetzlich, man tut ihnen da etwas Fürchterliches an, indem man sie hier in die Schulen setzt und sie dem Unterricht nicht folgen können. Wir haben unsere Ideen präsentiert. Wir haben vorgeschlagen, die Schuleinschreibung vorzuziehen, damit man Gelegenheit geben kann, ausreichend Deutschkenntnisse zu vermitteln. Ich habe gestern von Frau VBgmin Laska gehört, dass diese Idee aufgegriffen werden könnte und dass man die Schuleinschreibung wenigstens um einige Monate vorziehen könnte.

 

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