Gemeinderat,
57. Sitzung vom 28.06.2005, Wörtliches Protokoll - Seite 32 von 116
Zu den Bildungsmaßnahmen, die gar nicht früh genug beginnen können, gehört natürlich auch unsere Forderung nach einem Gratis-Kindergartenjahr. In diesem Fall bin ich davon überzeugt, dass das Angebot von mehr nicht deutschsprachigen Familien angenommen werden würde, als das im Augenblick der Fall ist. Aber auch für die inländische Bevölkerung ist der Kindergartenplatz in Wien nicht gerade günstig: 230 Prozent der Kosten in Dornbirn, in Niederösterreich ist der Halbtagskindergarten überhaupt gratis. Wir verlangen Sprachkurse für Mütter, während die Kinder in den Kindergärten sind. Wir haben auch eine Fülle von Unterschriften gesammelt: Allein von Migranten aus der Türkei, Kroatien und Polen haben wir in nur zwei Wochen 5 000 Unterschriften erhalten.
Ich muss daher leider Gottes zusammenfassen, dass die
Integrationspolitik weder für die hier länger ansässige Bevölkerung gemacht
wird noch für die Migranten, die zu uns kommen, und dass das Thema Integration
in der Geschäftsgruppe ein trauriges Kapitel ist.
Das nächste traurige Kapitel ist das Kapitel Personal.
Da haben wir es in Wien mit einer Mischung aus Feudalsystem und
Privilegienstadel zu tun. Beim Feudalsystem vergibt der Lehensherr Güter und
Ämter an seine Vasallen, und die sind zu Wohlverhalten und Treue verpflichtet.
Jetzt haben wir in Wien natürlich keinen Lehensherrn, aber wir haben eine
politische Klasse SPÖ. Güter und Ämter haben wir noch immer zu vergeben.
Natürlich gibt es heute keine Vasallen mehr, aber es gibt Personen, die gerne
einen Arbeitsplatz möchten oder eine Wohnung möchten oder, wenn sie das schon
haben, beides behalten wollen. Bei Wohlverhalten gibt es eine Belohnung, und
bei individualistischem Verhalten gibt es eine Bestrafung.
Keine Sorge, die herrschende politische Klasse wird
immer belohnt! Ein Beispiel dafür - jetzt sitzt er gerade nicht hier - ist Herr
Landesparteisekretär Kopietz, Herr Prof Kopietz. Er wird bei der Feuerwehr
Landesfeuerwehrrat. Warum genau, weshalb, weiß man nicht.
Oder der Herr Vorsitzende des Gemeinderates: Wir
hatten schon vor einem Jahr die Gelegenheit, uns ausführlich darüber zu
unterhalten. Er wird in das Schema A überstellt. Warum genau, weshalb, hat
man uns nicht gesagt.
Oder die Direktoren im KAV: Keine Sorge, auch sie
werden gut behandelt, auch sie werden belohnt, ein Generaldirektor Marhold, ein
Direktor Paukner. Da rede ich jetzt gar nicht vom monatlichen Bezug, der
immerhin einmal in der Größenordnung von 15 700 EUR liegt, und einmal
in der Größenordnung von 21 400 EUR.
Da gibt es skurrilste Bestimmungen in den
Sonderverträgen. Da gibt es einen Fünfjahresvertrag, der sich automatisch
verlängert, wenn er nicht 18 Monate vor Ablauf gekündigt wird. Man muss
sich das einmal vorstellen, eine Kündigungsfrist von 18 Monaten! Da ist
eine Abfertigung vorgesehen, bereits nach fünf Jahren, in der Höhe von 12
Monatsbezügen. Wenn Sie das mit dem Angestellten vergleichen, der muss
25 Jahre auf eine solch hohe Abfertigung warten, während ein Direktor im
KAV das bereits nach fünf Jahren bekommt. Der Coup dabei ist, dass es nicht nur
längeren Urlaub gibt, als das gesetzlich vorgesehen ist, sondern dass neben all
dem auch noch Nebenbeschäftigungen ausdrücklich gestattet sind.
Nicht alle Bediensteten in Wien werden so gut
behandelt. Ich erinnere mich da an ein UVS-Mitglied mit Namen Windsteig, da
wurde einfach das Gehalt einmal einbehalten, weil sich dieser angeblich nicht
an seine Dienstpflichten gehalten hatte. Das musste dann natürlich
zurückgenommen werden, es war eine klare Fehlentscheidung.
Nicht gut behandelt wurde auch jener
Vertragsbedienstete - im Bericht der Volksanwaltschaft ist davon die Rede -,
der im November 2002 noch mit "Ausgezeichnet" beurteilt wurde,
letztendlich aber im September 2003 gekündigt wurde, und das ohne Angabe
eines Grundes.
Nicht wohl verhalten haben dürfte sich auch jene Beamtin,
die am 1.5.1998 in den Ruhestand getreten ist und erst am 30.8.2004 die
endgültige Entscheidung über ihre Pensionshöhe erhalten hat. Das muss man sich
einmal vorstellen: Diese Frau hat sechs Jahre und vier Monate auf diese
Entscheidung warten müssen. Jetzt sage ich gleich, das liegt auch an der langen
Dauer beim Verwaltungsgerichtshof. (GR Godwin Schuster: So ist es!) Aber
selbst wenn ich die Dauer beim Verwaltungsgerichtshof abziehe, bleiben immer
noch zweieinhalb Jahre bei Wiener Landesbehörden - ein Verfahren, das viel zu
lange dauert.
Aber es werden nicht nur einzelne Bedienstete
schlecht behandelt. Eigentlich werden all jene schlecht behandelt, die den
wesentlichen Teil oder einen wesentlichen Teil ihres Einkommens aufgrund von
Zulagen erhalten. Denn auf diese Zulagen hat einer keinen Rechtsanspruch, auf
die hat er nur die Hoffnung, sie im nächsten Jahr wiederzubekommen. Da muss er
hoffen, dass seine Chefs und die Personalvertreter, die Gewerkschaft, die
richtige Entscheidung über ihn treffen - eine an sich unerträgliche Situation!
649 unterschiedliche Zulagen und Sondergebühren
gibt es in diesem Nebengebührenkatalog: Eineinhalb Kilo schwer, 333 Seiten
dick, ein Fest für Gewerkschaft und Hochbürokratie! Allein die Schulwarte haben
24 Zulagen, die Müllabfuhr hat 22 Zulagen. Aber da könnte man noch
sagen: Na ja, das sind große Gruppen, da gibt es eine Vertretung, da werden
alle gleich behandelt, und das ist ja gar nicht so ein System von Wohlverhalten
und dann als Konsequenz Belohnung oder Bestrafung. Nein, dieses Zulagensystem
ist heruntergebrochen auf einzelne Bedienstete! Es gibt Zulagen, die nur für
einzelne Bedienstete bestehen, und das nicht einmal monatlich, sondern
überhaupt nur ein Mal pro Jahr.
Da
gibt es zum Beispiel den Portier im Lainzer Tiergarten - da kann man nur
hoffen, dass der gut angeschrieben ist -, ebenso wie Landarbeiter bei der
Rübenernte, weil die ein Zehrgeld ein Mal jährlich erhalten, und laut Auskunft
von der Frau Stadträtin betrifft es zwei Bedienstete, die ein Mal im Jahr diese
Zulage bekommen. Der Skandal liegt darin, dass es keinen
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