Gemeinderat,
58. Sitzung vom 30.06.2005, Wörtliches Protokoll - Seite 16 von 104
den Herrn Bürgermeister gerichtet: Wie werden Sie
als 'Hüter der Verträge' sicherstellen, dass der Bankenstandort Wien der BA-CA
einschließlich aller Arbeitsplätze erhalten bleibt?
Bitte, Herr Bürgermeister.
Bgm Dr Michael Häupl: Sehr geehrter
Herr Klubobmann!
Ich lasse meine Unterlagen beiseite, denn ich möchte
einen Versuch unternehmen, diese Diskussion doch wieder auf eine rationale
Ebene zu führen. Ich werde versuchen, es auch ein bisschen zu begründen.
Zunächst die Beantwortung Ihrer Frage: Ich rufe in
Erinnerung, dass der Bank-der-Regionen-Kontrakt zwischen der Bank Austria und
der HVB abgeschlossen wurde. Der wesentliche Inhalt dieses Vertrages ist, dass
die Selbstständigkeit der Bank Austria insbesondere im Hinblick auf die
Ostgeschäfte für die Zukunft zu gewährleisten ist und dass die Bank Austria
auch mit ihrem Namen und Titel entsprechend selbstständig erhalten bleibt.
Selbstverständlich beinhaltet dieser Bank-der-Regionen-Vertrag keine Garantie
der Arbeitsplätze, weil kein Mensch diese abgeben kann, und erst recht kein
Politiker. Selbstverständlich kann kein Politiker die Garantie abgeben, dass in
einem Unternehmen alle Arbeitsplätze erhalten werden. Wer das tut, sagt schlicht
und ergreifend nicht die Wahrheit.
Daher kann ich Ihre Frage hier nur so beantworten,
dass ich sagen kann: Jawohl, ich werde mich dafür einsetzen, dass der
Bank-der-Regionen-Vertrag auch in Zukunft entsprechend erhalten wird, mit all
den Möglichkeiten, die zur Verfügung stehen, und ebenso selbstverständlich kann
ich keine Arbeitsplatzgarantie dafür abgeben. - Generell gesehen.
Aber darüber hinaus kann ich ja einmal mehr darauf
hinweisen, dass es das Ergebnis einer sehr langen Diskussion gewesen ist, dass
die AVZ in eine Stiftung umgewandelt wird, sodass, generell gesehen, die
Struktur in eine Bankenstruktur umgewandelt wird und nicht mehr die einer
Sparkasse ist, weil sie auch aufgrund ihrer internationalen Aktivitäten diese
andere Struktur brauchte.
Es ist der politische Wunsch gewesen, wie man immer
so schön gesagt hat - und ich zitiere hier Herrn VBgm außer Dienst Dr Görg in
seiner Abschiedsrede, die er gehalten hat -, die Nabelschnur zwischen der Wiener
Sozialdemokratie und der Bank Austria zu durchtrennen. Gut, das ist
sinnvollerweise auch gemacht worden - ich stehe bis heute absolut dazu -, mit
einem Ergebnis, das nach langer Diskussion erzielt wurde. Daher ist das aber
auch jetzt so! Für mich ist heute die Bank Austria genauso eine Bank wie jede
andere.
Man wird einmal zur Kenntnis nehmen müssen, auch in
diesem Österreich, dass es keine roten und keine schwarzen Banken gibt, sondern
nur gute und schlechte. Alles andere ist absurd, und wir werden in der ganzen
Welt eigentlich in hohem Ausmaß dafür belächelt. Es kann schon sein, dass
früher auch die Sozialdemokratie an diesen komischen Bildern mitgemacht hat;
nein, sie hat auch mitgemacht. Aber sie hat sich rechtzeitig von diesen
Bildern gelöst, weil sie einfach mit einer globalisierten Wirklichkeit im
Gelddienstleistungsbereich nicht kompatibel sind. Das muss man in aller
Offenheit auch sagen.
Daher sage ich hier als Zweites dazu: Wir reden heute
nicht über irgendeinen Besitzstand der Sozialdemokratie, sondern wir reden über
eine international vernetzte Bank. Ich bin zutiefst davon überzeugt - und dies
ist auch ein kleiner Vorteil von dem Ganzen -, dass die Rederei, die man hier
in Österreich gelegentlich darüber hört, sich vielleicht noch die Bayerische
Bank, die ja auch in einer bestimmten politischen Kultur groß geworden ist,
gefallen lässt, aber mit Sicherheit keine italienische Bank. Das tut die mit
Sicherheit nicht, und sie wird sich zu wehren wissen gegen das, was dazu an
geschäftsschädigenden Bemerkungen gemacht wird. Das ist mit Sicherheit auch ein
kleiner Vorteil.
Daher kann ich noch einmal darum bitten, Folgendes
zur Kenntnis zu nehmen: Wir reden hier über eine große europäische Bank, die
einen wesentlichen Standort in Wien hat. Wir reden hier über eine große
europäische Bank, die sehr wesentlich zur Arbeitsplatzsituation in Österreich
selbst beitragen wird und die natürlich auch eine ganz spezifische Rolle haben
wird - wie vieles in der österreichischen Wirtschaft - im Hinblick auf die
Entwicklung im Gelddienstleistungsbereich im Osten.
Das muss man einmal zur Kenntnis nehmen, und da bitte
ich wirklich alle, darüber auch ein bisschen nachzudenken. Es sind die Zeiten
vorbei, in denen sich die Koalitionspartner auf Regierungsebene mit
Wirtschaftsmanagern getroffen haben, um in einem gemeinsamen, von ihnen auch
unterschriebenen Papier festzulegen, wie die Zukunft einer Bank ausschaut. Das
ist vorbei, Gott sei Dank.
Vorsitzende GRin Inge Zankl: Danke, Herr Bürgermeister. - Die nächste Zusatzfrage
stellt Herr Dr GÜNTHER.
GR Dr Helmut GÜNTHER (Klub der
Wiener Freiheitlichen): Herr Bürgermeister!
Sie haben jetzt klar und deutlich gesagt: Ja,
selbstverständlich werde ich mich dafür einsetzen, dass die Arbeitsplätze
erhalten bleiben, kann aber keine Garantie dafür abgeben - na, auch
selbstverständlich!
Ich habe nur eine Frage. Innerhalb der Generaldebatte
hat der freiheitliche Klub folgenden Antrag gestellt: Der Bürgermeister möge
sich dafür einsetzen, dass Wien im Rahmen des Unicredit-Konzerns die Zentrale
für die Ostgeschäfte bleibt und dadurch die Arbeitsplätze am Standort Wien
gesichert werden. - Genau das, was Sie jetzt positiv beantwortet haben. Aber
genau das, was Sie jetzt positiv beantwortet haben, hat Ihr Klub bei der
Abstimmung über diesen Antrag negativ beantwortet, er hat ihn nämlich
abgelehnt.
Jetzt frage ich mich: Gibt
es Informationsunterschiede zwischen Ihrem Klub und dem Bürgermeister und auch
Vorsitzendem der SPÖ, dass es notwendig ist, dass Ihr Klub das ablehnt? Wir
wollten nicht mehr als die klare Antwort, die Sie jetzt gegeben haben. Warum
lehnt dann Ihr Klub diesen Antrag ab?
Vorsitzende GRin Inge Zankl:
Bitte, Herr
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