Gemeinderat,
58. Sitzung vom 30.06.2005, Wörtliches Protokoll - Seite 63 von 104
wissen wir auch; also ohne Einkommen, aber mit einem Spesenersatz -, und dieser Konsulent war der Bürgermeister außer Dienst Helmut Zilk. Das heißt, der Compress Verlag hat nicht schauen müssen, was es kostet, hat die Kriterien nicht einhalten müssen, hat sich freuen können, dass man die Kriterien während der Vergabe 1995 geändert hat, ist dafür vom Rechnungshof scharf kritisiert worden und hat schlussendlich gewonnen, weil Herr Helmut Zilk, unter anderem, gute Kontakte zu den Oststaaten hat.
Zu den Kosten hat abschließend der damalige
Chefredakteur des PID gesagt: „Was die Kosten betrifft, haben wir einfach einen
anderen Standpunkt als die Prüfer." Fertig, Punkt. Der Rechnungshof sagt,
das ist zu teuer, alle anderen glauben das auch – „wir haben einen anderen
Standpunkt, und außerdem war es sowieso kein Kriterium!“
Dieser Vertrag, der damals unter diesen, sagen wir
einmal, dubiosen Bedingungen zustande gekommen ist, wird jetzt nicht nur
verlängert, sondern wird mit einem vielfach erhöhten Volumen bis zum
31. Dezember 2015 verlängert. Das ist, von heute an gerechnet, eine
kleine Ewigkeit. Der Rechnungshof hat damals sehr viele Vorschläge unterbreitet
- das war die Diskussion, die wir auch im Zusammenhang mit dem Kontrollamt
gehabt haben -, die natürlich alle nicht eingehalten worden sind.
Jetzt ist es genau dasselbe wie damals, es wird
wieder die Ausschreibung kritisiert werden, es wird vermutlich wieder der
Rechnungshof den PID und auch dieses Vertragswerk prüfen. Es geht immerhin um
insgesamt 146 Millionen EUR. Wir werden wieder zu dem gleichen
Schluss kommen, nämlich dass die Ausschreibung die Bezeichnung
"Ausschreibung" nicht verdient, das hätte man auch freihändig
vergeben können. Das darf man natürlich rechtlich nicht, deswegen macht man
eine Pro-forma-Ausschreibung.
Am Ende wird dann im "Standard" vom
15. Juni 2005 kommentiert, warum die Compress gewonnen hat. Da steht
drin, dass sich diesmal ganz wenige Firmen beworben haben. Wir kennen das, beim
Nachtelefonieren kommt man schnell drauf: Es war relativ klar, wer gewinnen
wird, deswegen gab es wenige Bewerbungen. Aber trotzdem, wenn das jemand
anderer übernehmen würde, bräuchte das eine Anlaufzeit von mindestens zwei
Jahren. Das heißt auf gut Deutsch, wir haben zwar eine Ausschreibung gemacht,
weil uns das rechtlich vorgeschrieben wird, aber es war eh klar, wer gewinnen
wird, weil es niemand sonst hätte machen können, da jeder zwei Jahre gebraucht
hätte.
Na, wenn man das vorher weiß - sagt Herr Vavrousek im
Zitat im "Standard" -, könnte man auch die Ausschreibung so
gestalten, dass man den entsprechenden Firmen eine Vorlaufzeit gibt. Es nützt
nämlich nichts, eine Ausschreibung zu machen, dann zu sagen, ich brauche in
drei Monaten die Unterlagen, und dabei zu wissen, dass sie zwei Jahre brauchen,
um das Gewünschte bieten zu können. Zumindest behauptet das in diesem Fall Herr
Vavrousek.
146,38 Millionen EUR: Jetzt sage ich nicht,
dass jeder Euro davon hinausgeworfenes Geld ist. Aber ein guter Teil davon -
und da schließe ich mich einfach dem Rechnungshof an - ist mit hoher
Wahrscheinlichkeit nicht nur unnütz ausgegeben, sondern ist einfach ein
Geschenk an eine befreundete Firma.
Wir haben das Verbindungsbüro Bratislava - mit den
33 000 EUR - schon besprochen. Das klingt nach nichts, aber man muss
rechnen, das ist nicht ein Büro, sondern es gibt eines in Belgrad, in
Bratislava, in Bukarest, in Budapest, in Krakau, in Ljubljana, in Moskau, in
Prag, in Sarajevo, in Sofia, in Zagreb, und überall ist es das Gleiche. Überall
ist es nach meiner Meinung mindestens das Doppelte - und genau das wird bei
einer Prüfung herauskommen -, was ausgegeben wird. Überall handelt es sich um
einen Betrag von, sagen wir einmal, 15 000 EUR, in Summe sind es dann
878 000 EUR. Nehmen wir an, die Hälfte hätten wir sparen können, und
nehmen wir an - nein, das brauchen wir nicht anzunehmen, das ist so -, er läuft
10 Jahre, und rechnen wir das hoch, dann kommen wir auf eine ziemliche
Unsumme.
Besser noch ist allerdings, dass das Head Office für
die Verbindungsbüros - das ist im 8. Bezirk - natürlich sehr viel mehr
bekommt. Das kostet monatlich netto einen Betrag von 422 508 EUR. So
kommt schließlich diese riesige Summe zustande, bei der es einen fast ein
bisschen schleudert. Und wenn man sich - "compress.at", im Internet
leicht zu finden - die Homepage von Compress durchliest, stolpert man recht
zügig über Namen, die in diesem Haus bekannt sind. Es ist nicht notwendig, das
genauer auszuführen.
Dieser Vertrag ist, nicht anders als der vor
10 Jahren, ein Ergebnis von Freunderlwirtschaft, das kann man nicht anders
sagen. Hier verdient sich jemand eine goldene Nase. Das ist Herr Harant, dem
der Compress Verlag gehört, der verdient sich da eine goldene Nase. Damals hat
der Rechnungshof diesem Haus gesagt: Der Vertrag ist schlecht, er ist teuer,
die Ausschreibung hat nicht funktioniert. Alle hier herinnen wissen, dass das
jetzt keine faire Ausschreibung ist. Das wissen alle, sonst darf man sich nicht
am Schluss beim Zitieren erwischen lassen, dass man sagt: Na ja, es hat eh kein
anderer gewinnen können, es war eh klar, dass Compress gewinnt. Das sind
Zitate, die in der Zeitung stehen und nicht dementiert wurden; ich muss davon
ausgehen, dass sie stimmen.
Wir haben bereits gestern dem Kontrollamt ein
Prüfersuchen übergeben, dass geprüft wird: Der Compress Verlag, dieses neue
Geschäftsstück, aber durchaus auch die Geschäfte, die zwischen der Gemeinde
Wien und dem Compress Verlag sonst gelaufen sind. Das war nämlich laut
Rechnungshof 1996 leider nicht im vollen Umfang feststellbar, was alles an
Nebengeschäften gelaufen ist. Das steht im Rechnungshofbericht. Es ist auch
jetzt nicht so leicht nachvollziehbar, weil eben sehr viele Geschäfte mit
Compress abgewickelt werden, ohne dass der Gemeinderat damit befasst ist, weil
es auch freihändige Vergaben kleineren Ausmaßes gibt. Wir haben deswegen das
Kontrollamt beauftragt, das zu untersuchen.
Wir werden heute, weil wir daran
interessiert sind, ob
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