Gemeinderat,
58. Sitzung vom 30.06.2005, Wörtliches Protokoll - Seite 67 von 104
Man muss sich das nur einmal anschauen, man muss sich
ein bisschen mit den Lohnsystemen der einzelnen Länder auseinander setzen, man
muss sich mit den Mieten auseinander setzen, dann muss man sich einfach
hinsetzen und zusammenrechnen und würde in Wirklichkeit draufkommen. Und das
ist ja die nächste Geschichte, wenn man sich das anschaut. Angesichts dessen,
was für das Hauptquartier an finanziellen Mitteln monatlich ausgegeben wird,
fragt man sich eigentlich: Entschuldigt, warum gibt es nicht eine
Magistratsabteilung der Stadt Wien dafür? (Ruf bei der ÖVP: Gibt es ja!)
Jede Magistratsabteilung der Stadt Wien, die mit
denselben Aufgaben wie das Hauptquartier von Compress befasst wäre, würde in
Summe um zumindest 50 Prozent billiger und günstiger arbeiten, und das nicht
bei Niedriggehältern, sondern wirklich bei Durchschnittsgehältern, die auch bei
uns im Magistrat bezahlt werden. 422 000 EUR monatlich für, glaube
ich, 17 Angestellte: Es gibt kaum eine Magistratsabteilung, in der die
Pyramide, von oben gerechnet - selbst wenn man die Miete, die für die
Albertgasse 31 zu bezahlen ist, noch abzieht -, für die besten 17 in der
Hierarchie 422 000 EUR im Monat vorsieht, außer für manche Direktoren
der unterschiedlichen Unternehmen der Stadt Wien.
Es gibt ein paar Sachen, die am heutigen Tag - gerade
wenn wir jetzt über den PID reden, über Auslandsbeziehungen und Werbung - schon
zur Sprache gekommen sind. So muss man sagen, Kollege Oxonitsch hat mir, als er
heute das "Bezirksjournal" hergezeigt hat, wirklich imponiert. Ich
habe mir gedacht: Ein Wunder! Das sollten wir uns heute eigentlich alle
aufschreiben, weil es wirklich ein Wunder ist, dass es ein
"Bezirksjournal" gibt, in dem weder die Sozialdemokratie noch die
Stadt Wien inseriert. (GR Dr Matthias Tschirf: Das ist das Belegexemplar!)
Man hat auch das Kopfschütteln in den eigenen Reihen
bemerkt: Was, das gibt es, eine Zeitung, die an jeden Haushalt geht, in der
weder die Stadt Wien noch die SP drinnen ist? (GR Dr Andreas Salcher: Wie
kann so was passieren?) In Wirklichkeit bin ich überzeugt davon, dass im
Verbindungsbüro zwischen PID und Löwelstraße sowieso schon der Schuldige
gesucht wird: Wie hat das passieren können, dass ein "Bezirksjournal"
herauskommt, in dem kein SP- oder kein Stadt-Wien-Inserat drinnen ist?
Kollege Kopietz hat dann in seiner Rede unbedingt
auch noch glauben müssen, er muss auf die GRÜNEN hinhauen. (GR Harry
Kopietz: Ganz zärtlich! - Heiterkeit.) Ganz zärtlich - vielleicht wird es
jetzt ein bisschen weniger zärtlich. Denn bisher haben ja die Wiener
Sozialdemokraten immer gesagt: Uns geht Kärnten nichts an. Und wir waren so
nett und haben gesagt: Okay, euch geht Kärnten nichts an, wir verstehen das,
uns geht Oberösterreich nichts an, passt schon.
Aber spätestens seit gestern ist es ein bisschen
anders. Denn spätestens seit gestern ist es in Wirklichkeit so, das auch die
Bundes-Sozialdemokratie den Kärntner Kurs in Asylfragen mitfährt. Es ist so,
dass man den Eindruck gewinnt, wenn man die Asyldebatte sieht, wenn man die
Zivildienstdebatte sieht, dass in Wirklichkeit die Bundesregierung um einen
neuen Regierungspartner erweitert wurde. Ohne Not, ohne irgendetwas stimmt die
SPÖ der Verschärfung des Asylgesetzes zu! Der Zwangsernährung stimmt die SPÖ
zu!
Hat eine Person aus der Wiener SPÖ hier im Saal
dagegen Stellung bezogen? Hat jemand gesagt, diese Verschärfung des
Asylgesetzes ist nicht Kurs der Wiener SPÖ? (GRin Martina LUDWIG: Abregen!)
Nein, Sie unterstützen die Verschärfung des Asylgesetzes. Sie sind beim
Zivildienstgesetz umgefallen. In dem Sinn sage ich ganz ehrlich, dass diese
Wahl, die jetzt kommen sollte, nicht nur ein Denkzettel ist für eine Politik à
la Compress, à la Werbung, à la Auslandsbüros, à la Bohmann Verlag, sondern
auch ein Denkzettel für die Bundesregierung, die neuerdings auch aus
Mitgliedern der SPÖ besteht.
Daher komme ich jetzt zum Schluss und bringe den
Gegenantrag ein. Mir scheint noch ein letzter Satz wichtig zu sein, bevor ich
das mache, weil das die ÖVP gesagt hat. Wiener Mut ist unter anderem, zu seiner
Meinung zu stehen. Das ist zum Beispiel beim Kontrollamtsdirektor der Fall. Wir
glauben - auch aufgrund der jahrelangen Zusammenarbeit -, dass es der
Kontrollamtsdirektor nicht verdient hat, von Ihnen so angeschüttet zu werden. (GR
Dkfm Dr Fritz Aichinger: Es ging um die Vorgangsweise, Herr Kollege!)
Wir hatten bislang mit ihm durchaus positive
Erfahrungen, und wir hatten nicht den Eindruck, dass der Kontrollamtsdirektor
ein Anhängsel der Sozialdemokratie ist. (GR Christian Oxonitsch: Für’s Protokoll: Er war da!) Wenn man
zu diesem Eindruck steht - ich gebe zu, es sei Ihnen unbenommen, einen anderen
Eindruck zu haben, aber daraus abzuleiten, wenn nach den vielen
Kontrollamtsberichten, aus denen alle Oppositionsparteien über Jahre hinweg
genug Unterfutter für die Presse gehabt haben, dies auch gerne zitiert haben
und so weiter, sich plötzlich welche herstellen und sagen, alles ist schlecht,
und alles funktioniert nicht!, und wir dann sagen, wir spielen da nicht mit,
wir sehen es einfach anders – daraus abzuleiten, wir würden an einer Koalition
arbeiten, ist ein wenig vermessen.
Da muss man eher sagen, dass es bedauerlich ist, dass
auf Seiten der ÖVP nur mehr die Fundis das Sagen haben, was
Fundamentalopposition gegen alle und jeden betrifft, und dass man sich nicht
mehr in der Lage sieht, Realpolitik zu machen, so wie es die GRÜNEN die längste
Zeit schon tun. (Beifall bei den GRÜNEN. - Zwischenrufe bei der ÖVP.)
Ich komme daher zum Gegenantrag,
dass die MA 53 seitens des Gemeinderates nicht ermächtigt wird, mit dem
Compress Verlag den vorgelegten Vertrag betreffend Leistungen der
Auslandskommunikation auf 10 Jahre abzuschließen. Die zuständigen Stellen der
Stadt Wien mögen eine sofortige Neuausschreibung bezüglich der Vergabe von
Leistungen im Rahmen der Auslandskommunikation der Stadt Wien veranlassen. Die
Ausschreibungskriterien sollen objektiv den Anforderungen entsprechend
formuliert werden. Die Bevorzugung eines
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