Gemeinderat,
59. Sitzung vom 03.10.2005, Wörtliches Protokoll - Seite 28 von 37
wir auch so festhalten.
Natürlich sind in diesem Zusammenhang auch die
gewaltorientierten Filme und Computerspiele zu erwähnen, die es in unserer
Gesellschaft gibt, wobei man heute oftmals auch Kinder, damit man sich eben
nicht so sehr mit ihnen beschäftigen muss, vor dem Fernsehapparat oder vor dem
Computer sozusagen absetzt und sagt: Geh komm, beschäftige dich selbst!, und
sie sich dann auch zu Hause oftmals unkontrolliert mit solchen
Gewaltcomputerspielen beschäftigen und diverse gewaltvolle Fernsehsendungen und
Videos ansehen. Es gibt Studien darüber, wie viele Tausend Gewalttaten Kinder
da schon im elften, zwölften Lebensjahr pro Jahr erleben und dann das als
Normalität empfinden und eben auch den Eindruck bekommen, dass man so Probleme
regeln oder lösen kann. Das müssen wir sehr ernst nehmen!
Es gibt auch eine Studie der Fakultät für Psychologie
an der Universität Wien, in der mehr als 2 000 Schüler im Alter von
10 bis 16 Jahren in der vierten bis elften Schulstufe in den vergangenen fünf
Jahren befragt wurden. Laut dieser Studie befindet sich jeder zehnte Schüler regelmäßig
in einer Situation, in der er von Mitschülern schikaniert beziehungsweise
körperlich attackiert wird. Jeder zehnte Schüler wird, so das Ergebnis dieser
Studie, mindestens einmal pro Woche körperlich attackiert.
Das Problem der zunehmenden Gewalt, das durch diese
Studie belegt wird, ist ja kein Problem, das erst jetzt von heute auf morgen
bei uns entstanden ist, sondern das ist ein Problem, das wir leider Gottes
schon seit vielen Jahren feststellen können und bemerken mussten. Wir haben es
vielleicht alle ein bisschen zu wenig ernst genommen - da soll man jetzt
niemanden ausnehmen, und man soll auch nicht hergehen und versuchen, auf Grund
eines so tragischen Falles einen politischen Verantwortlichen
festzumachen. Diesen einen Verantwortlichen gibt es nicht. Das sind schon wir
in der Gesamtgesellschaft.
Wir sind natürlich dazu aufgerufen, auch
festzumachen, dass – das, was ich vorher angesprochen habe - eben nicht alles
auf die Lehrer umgelegt werden kann und man nicht auch noch hergehen und – was
ja passiert ist - den Lehrer zum Erzieher und zum Streitschlichter machen kann,
weil man ihn damit letztlich auch überfordert. Das ist ja nicht seine Aufgabe!
Da müssen wir uns andere Modelle überlegen, wie wirklich psychologisch
geschultes Personal diese Aufgaben in der Schule wahrnehmen und ihre
Wahrnehmung sicherstellen kann. Die Untätigkeit der Schulbehörde und jene des
Gesetzgebers haben ja dazu geführt, dass man das ausgelagert hat. Das müssen
wir uns schon auch eingestehen. Es wäre ein Wahnsinn, das auf die Lehrer abzuladen.
Die Verletzung der Aufsichtspflicht führt ja heute
dazu, dass dann Lehrer damit bedroht sind, in der Folge vielleicht vor eine
Disziplinarbehörde kommen zu müssen. Das ist etwas, was wir wirklich ernst
nehmen müssen. Es bringt auch nichts, wenn da der Bund und das Land über die
Finanzierungsfragen streiten und letztlich die Landeslehrer auf der Strecke
bleiben. Man muss in diesem Bereich eben zur Kenntnis nehmen, dass es von
beiden Seiten Verantwortlichkeiten gibt, und da muss man sich zusammenraufen
und kann nicht immer nur die alleinige Verantwortung auf eine Seite schieben.
Da haben schon beide Seiten die Verantwortlichkeit.
Ich möchte ganz kurz auch zu einem Bereich kommen,
der heute schon angesprochen worden ist, nämlich zur Schulmediation, die
wichtig ist und auch ein hoffnungsvoller Ansatz ist, nämlich den Kindern eben
beizubringen, wie man Konflikte auch positiv löst, ihnen eine positive
Streitkultur zu vermitteln, wie dies auch Frau Kollegin Jerusalem angesprochen
hat. Das ist wichtig, und es wird bei uns in Wien bis heute nur in Form von
Schulversuchen wahrgenommen. In Niederösterreich ist das anders: Da ist es an
der Tagesordnung, dass die Mediation an den Schulen auch wirklich
flächendeckend sichergestellt ist, dass es dort auch eine Kinder- und Jugendanwaltschaft
gibt - die bis dato von Ihnen leider abgelehnt worden ist, obwohl wir das in
diesem Hohen Haus beantragt haben. Es gibt in Niederösterreich auch ein
Familienreferat – während hier der Bereich Familie sozusagen ein bisschen auf
die Seite geschoben wird. Das sollte halt auch mehr Augenmerk finden.
Das Konzept der mediativen Pädagogik und
Gewaltprävention ist ja etwas, was gerade in Niederösterreich auch mit den
Schnupperprogrammen dazu führt, dass den Kindern auch neue Strategien auf dem
Weg zur Stressbewältigung mitgegeben werden. Wir wissen ja, dass Kinder heute
in unserer Gesellschaft oftmals durch Überforderung mit Stress sehr schwer
zurechtkommen, weil ja auch immer mehr von ihnen verlangt wird. Und das ist
eben etwas, wodurch sie auch lernen können, wie man in eine Gewinnersituation
kommt, wie man zu einer Gewinnerlösung kommt.
So ein Programm braucht intensiv sechs Einheiten zu
je 50 Minuten, wie das in Niederösterreich in der Klasse praktiziert wird,
wo man innerhalb von zehn Tagen so etwas auch erfolgreich umsetzt. Das stelle
ich mir auch für Wien vor, das wäre ein erster wichtiger Schritt.
Aber auch andere Bereiche, die heute angesprochen
worden sind, sind sicherlich wichtig, natürlich auch die gesetzliche Regelung,
die GR Strobl angesprochen hat, dass man als Lehrer bei einem dringenden
Verdacht auch wirklich gesetzlich geschützt und legitimiert die Möglichkeit
hat, in die Schultasche zu schauen, ob es darin wirklich ein Messer gibt, weil
das erzählt worden ist, ob es da wirklich eine Waffe gibt, die mitgebracht
worden ist, weil man das von anderen Mitschülern gehört hat. Der Lehrer ist
heute in diesem Bereich schon im Stich gelassen. (GR Dr Matthias Tschirf: Das ist richtig!)
Es stimmt schon, dass es manche Lehrer gibt, die die
Courage haben zu sagen: Geh komm, leer' die Schultasche aus! - Wenn aber der
Schüler sagt: Entschuldigen Sie, Sie können mich moscherln!, dann hat der
Lehrer keine Handhabe, um das auch durchzusetzen, und deshalb ist es so
wichtig, das auch gesetzlich festzumachen. Es ist auch notwendig, das
sicherzustellen, damit man überprüfen kann, ob es so ist, dass jemand ein
Messer mitgenommen hat.
Es ist auch wichtig, nicht einfach
so zur
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