Gemeinderat,
5. Sitzung vom 24.01.2006, Wörtliches Protokoll - Seite 69 von 89
Frauen - also Frauen, die von Frauenhandel und Menschenhandel betroffen sind - ohne Unterstützung bleiben und Menschen ausgeliefert sind, die ihre Rechtslage ausnützen, sie zu Prostitution zwingen und sozusagen auf ihrem Rücken Geld verdienen? Wäre Ihnen das lieber? - Ich hoffe nicht!
Wenn wir das nicht wollen, dann brauchen wir eben
Vereine wie LEFÖ, die Sexarbeiterinnen ganz konkret - auch ohne zu schauen, ob
sie legal oder illegalisiert sind - unterstützen und ihnen eine Hilfe sind.
Selbst wenn Sie nicht aus menschenrechtlicher Perspektive dafür sind, sollten
Sie zumindest aus gesundheitspolitischer Perspektive dafür sein.
Konkret zu "Miteinander Lernen",
"Peregrina" und LEFÖ: Diese Vereine bekommen wieder einen
Dreijahresvertrag, was sehr unterstützenswert ist. Was allerdings bei allen diesen
Postnummern kritikwürdig ist, ist, dass die Vereine eine bloße Budgeterhöhung
von 2 Prozent bekommen. Alle diese Vereine haben vor den Verhandlungen
deponiert, dass sie mehr als eine zweiprozentige Budgeterhöhung bräuchten, weil
allein die Erhöhung der Mietkosten und der Personalkosten - Stichwort
Bienniensprünge - diese Erhöhung von 2 Prozent sozusagen auffrisst. Daher
sind die Vereine gezwungen, neue Einkommensquellen beziehungsweise neue
Förderquellen aufzutreiben, weil ihre konkreten und faktischen Kosten von der
Förderung nicht gedeckt werden können.
Zweiter Punkt: Psychologische Beratung und Therapie,
teilweise in der Muttersprache. Das war vor zirka eineinhalb Monaten im
Gemeinderat ein Thema, es wurde von uns zum Thema gemacht. Damals haben wir
auch angesprochen und deponiert, dass mehr Förderung von Initiativen nötig ist,
die Therapie für Migrantinnen und Migranten - vor allem für Migrantinnen mit
kleinem i - in der Muttersprache anbieten, und dass diese Unterstützung
gestärkt werden muss, weil der Bedarf viel größer als das Angebot ist.
Ein Beispiel: In ganz Wien haben wir kein einziges
muttersprachliches Therapieangebot und psychologisches Beratungsangebot für
arabischsprachige Frauen. Wenn Frauen, die der deutschen Sprache noch nicht
mächtig sind, psychische Probleme haben, gibt es ganz wenige Initiativen, bei
denen sie Unterstützung finden. Der Verein "Peregrina" hat mich
darüber Informiert, dass Krankenhäuser auch überfordert sind durch psychische
Probleme von Migrantinnen und Migranten, die sie auf Deutsch nicht betreuen
können. So werden beispielsweise türkische Patientinnen zu
"Peregrina" geschickt, obwohl "Peregrina" aufgrund der
Fördersituation nicht die Möglichkeit hat, psychologische Betreuung in Türkisch
anzubieten.
Mit anderen Sprachen schaut es eigentlich genauso
schlecht aus. Das heißt, wir haben konkret das Problem, dass wir ein größeres
mehrsprachiges Therapie- und psychologisches Beratungsangebot in Wien brauchen.
Das erfordert auch Geld, und mit einer bloß zweiprozentigen Budgeterhöhung
dieser MigrantInnen-Vereine werden wir das leider nicht schaffen.
Mein dritter und letzter Punkt behandelt die
EU-Richtlinie für lang ansässige Drittstaatsangehörige, deren Umsetzungsfrist
gestern abgelaufen ist. Seit gestern muss die Richtlinie also sowohl im
Bundesland Wien als auch im gesamten Bundesgebiet umgesetzt sein. Nach diversen
Anträgen von uns in den letzten Jahren hat die Wiener SPÖ jetzt beschlossen -
nicht zuletzt aufgrund der EU-Richtlinie, schätze ich einmal -, die Gemeindebauten
zu öffnen. Wir gehen davon aus, dass die Ankündigungen, die von den Stadträten
und Stadträtinnen gemacht wurden, dass Menschen, die ein unbefristetes Visum
haben, auch eine Gemeindewohnung werden beantragen können, eingehalten werden.
Das werden wir uns auch ganz genau anschauen.
Wo wir noch immer Umsetzungsdefizite sehen, ist die
Sozialhilfe. Unserer Meinung nach muss das Wiener Sozialhilfegesetz novelliert
werden, damit es auch die EU-Richtlinie wirklich umsetzt. Last but not least geht
es aber auch um die konkrete Praxis, um den Vollzug.
Deshalb möchte ich hiermit folgenden Beschlussantrag
einbringen: Anpassung der Sozialhilfebestimmungen und des Vollzugs in Wien
betreffend lang ansässige Drittstaatsangehörige gemäß der genannten EU-Richtlinie.
Da die Richtlinie seit gestern umgesetzt sein muss, stellen wir den Antrag,
dass der Wiener Gemeinderat beschließt, dass die zuständigen Stellen der
Gemeinde Wien sicherstellen, dass lang ansässige Drittstaatsangehörige gemäß
EU-Richtlinie 2003/109/EG spätestens mit heute, 24.1.2006, bei der sozialen
Sicherheit und beim Bezug der Sozialhilfe wie österreichische Staatsangehörige
behandelt werden. Das ist nämlich das, was die Richtlinie vorschreibt und
vorsieht.
Die Anpassung der Praxis an die EU-Richtlinie
bedeutet aber auch, dass Informationen in Broschüren oder auch auf diversen
Homepages der Stadt Wien oder der Magistratsabteilungen der neuen Rechtslage
und dem veränderten Vollzug anzupassen sind.
In formeller Hinsicht beantragen wir die sofortige
Abstimmung dieses Antrags.
Der letzte Antrag bei diesem Tagesordnungspunkt
betrifft auch die Umsetzung der EU-Richtlinie. Wir sind der Meinung, dass es zu
wenig ist, in bestimmten Punkten die Richtlinie umzusetzen und dann darüber zu
schweigen. So kann man sicher nicht dafür sorgen, dass die Betroffenen auch
über ihre Rechte informiert werden. Wir wollen sichergehen, dass die Stadt Wien
sich aktiv engagiert in dem Punkt, dass Betroffene von diesen neuen Rechten
erfahren und dass sie nicht angewiesen sind auf irgendwelche Winkelschreiber,
die sie bezahlen müssen, damit sie zu Informationen kommen. Es muss das
Anliegen der Gemeinde Wien sein - nicht zuletzt angesichts der propagierten
Diversitätspolitik -, dass Betroffene ausreichend und auch richtig über ihre
Rechte informiert werden.
Deshalb stelle ich einen Antrag
betreffend aktive Informationspolitik der Stadt Wien zu den Rechten von
Drittstaatsangehörigen gemäß EU-Richtlinie. Darin fordern wir eine
Informationskampagne inklusive Informationsveranstaltungen in den Bezirken zu
den konkreten
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